Phantastik-Tipps 2022
Phantastik-Tipp im Dezember 2022
dtv 2022.
Aus d. australischen Engl. v. Gerald Jung und Katharina Orgaß.
624 S.
Jay Kristoff und Amy Kaufman: Obsidio. Die Illuminae Akten_03
„Specialist Lindstrom, ich wünsche Ihnen nachträglich einen frohen Terra-Tag und möchte mich im Voraus dafür entschuldigen, dass ich Sie auf einen möglicherweise unerfreulichen Einsatz schicken muss.”
Mit diesen Worten wird IT-Speziaist Rhys per E-Mail von seinem Vorgesetzten bei BeiTech auf einen Einsatz auf den Planeten Karenza IV geschickt, der von seiner Firma mit extrem hoher ziviler Opferzahl angegriffen wurde. Der dortige Rohstoffabbau wird nun von BeiTech kontrolliert. Der Titel gibt hier einen unklaren Hinweis: Das lateinische ‚obsidio’ bedeutet ‚Belagerung’, während ‚Besatzung’ vielleicht treffender wäre: Die militärische Abteilung von BeiTech zwingt die überlebenden Arbeitskräfte durch Geiselnahme ihrer Familien dazu, weiterhin das wertvolle Hermium abzubauen. Da kaum jemand von ihnen davon ausgeht, zu überleben, sobald die gewünschte Menge gefördert ist, entwickelt sich eine aggressiv vorgehende Untergrundbewegung. Diese führt gefährliche technische Hacks aus, an deren Unterbindung Rhys mitarbeiten soll. Er kommt also als Feind auf den ohnehin schon unwirtlichen Planeten, bleibt aber nicht lange im ‚gegnerischen Lager’.
Wie der Untertitel des Buches andeutet, handelt es sich um zusammengestellte Akten. Diese werden in einem Gerichtsverfahren als Beweise gegen die Firma BeiTech bezüglich des Angriffes auf Kerenza und des damit einhergehenden Genozids eingesetzt. Das Verfahren selbst wird immer wieder durch (Gerichts)Protokolle in die Handlung integriert.
„Obsidio” ist der dritte und letzte Teil der Serie „Die Illuminae Akten”. Band 1, „Illuminae”, erzählt die Flucht Überlebender von Kerenza IV per Raumschiff(en) und Band 2, „Gemina”, ist auf einer Sprungstation im All verortet, die das Ziel ebenjener Flucht ist. Auch dort wurden in „Gemina” von BeiTech Verbrechen begangen, um die früheren Verbrechen zu vertuschen. In „Obsidio” kehrt man nun an den Ausgangspunkt Kerenza IV zurück.
Das Thema Gerichtsakte als faktuale, der Wahrheitsfindung dienende Textsorte ist künstlerisch sehr interessant umgesetzt und weist nicht im Mindesten die Sachlichkeit und Neutralität auf, die man gewohnt ist, dieser Art von Zusammenstellung zuzuschreiben. So fordert „Obsidio”, wie auch schon „Illuminae” und „Gemina”, Weltwissen heraus und stellt durchaus hohe Ansprüche an das literarische Wissen des Publikums: Wie die beiden Vorgängerbände zeichnet sich das Buch durch ein beeindruckendes Feuerwerk an Textsorten, Erzählformen und graphischen Ausdrucksmitteln aus.
Einen Kern der Narration übernehmen, E-Mail-Verkehr, Chats, Transkripte von Audio und Videomaterial, Fotocollage uvm.
Ein teilweise an Manga erinnernde Zeichenstil der Protagonistin Hanna in ihrem Tagebuch wird in „Gemina” eingeführt und übernimmt auch in “Obsidio” eine wichtige Rolle – etwa als die Kameras ausfallen und das Gesehene als Comic dargestellt wird, um es zu „dokumentieren”.
Austausch und Stellungnahmen der besetzten Kerenzianer*innen werde vielfach in handschrift-imitierenden Schriftarten und als Graffiti dargestellt, während die Besatzer zu elektronischer Kommunikation und Druckschriften greifen, was die Machtverhältnisse über Medienkanäle abbildet.
Die Akte weist Spuren ihrer Herkunft (wie Einschusslöcher oder stark an Blut erinnernde Flecken) und ihrer Nutzung im Prozess (wie Ränder von Kaffeetassen) auf.
AIDAN, die fehlerhafte künstliche Intelligenz eines der Fluchtraumschiffe, ist als eine der Erzählstimmen eine sehr spannenden Instanz, die – im Gegensatz zum offensichtlichen Antagonisten BeiTech – eher im Verborgenen als Gegenspieler agiert.
Fantasy und Science Fiction sind Genres, die mitunter durchaus ‚locker’ mit dem Leben umgehen: Ein feuerspeiender Drache oder ein explodierendes Raumschiff richten mit einem Schlag große Zerstörung an. Der Darstellung von Tod und Trauer sowie dem Umgang mit Trauma wird bei Kaufman und Kristoff viel Raum gegeben und die erzählerischen Mittel, ob mit Worten in Chats, Zeichnungen in Tagebüchern oder durch Seitenweise Namen oder Abbildungen Verstorbener, hinterlassen Eindruck.
Extremem Verlust auf individueller und kollektiver Ebene narrativ vielgestaltig zu begegnen und das in einem Gleichgewicht mit spannungeladener Handlung zu halten, die an mehreren Schauplätzen parallel das Agieren mehrerer Figuren nachzeichnet, ist eine klare Stärke dieser Serie.
Einen Gegenpol zu den bedrückenden Szenarios stellt der schwarze, trockene Humor dar, der Kommentare zur Akte (eine weitere Erzählebene) kennzeichnet. Durch diesen Tenor werden auch Hinweise gegeben, welche der Figuren sich potenziell hinter der Akte verbirgt/verbergen. Auch die Dialoge in Hannas Comics und so mancher Austausch in Chat-Protokollen sind von Komik geprägt.
Der Prozess wird im Verlauf der Serie zunehmend präsent – fehlt diese Ebene in „Illuminae” noch gänzlich, wird sie in „Gemina” eingeführt und in “Obsidio” weiter ausgebaut. Hier findet eine Spiegelung des Mittels von Countdowns statt, die gegen Ende hin das Tempo steigern und in allen drei Bänden die Spannung schüren.
Die Serie ist aufbauend erzählt und daher empfiehlt sich chronologische Lektüre.
Wie der Prozess ausgeht, wird an dieser Stelle nicht verraten, nur soviel: Das Buch gibt die Antwort – am Ende.
Der Weg dorthin führt durch eine fesselnde Erzählung, in der die Herausforderung von Lesegewohnheiten durch das breite Aufgebot an Textsorten und Zeichenmodalitäten einen zentralen Reiz ausmacht: Wann liest man sonst gleichzeitig einen Tagebuchroman, einen Comic, Gedankenstrom, einen E-Mailroman, ...
Sonja Loidl
Phantastik-Tipp im November 2022
cbj 2022.
416 S.
Nina Blazon: Banschee Blues
Das Licht explodiert so schnell, dass ich nicht einmal zusammenzucken kann. Völlig geblendet nehme ich lediglich wahr, wie der Geisterwind mitten durch den Raum fegt. Und als ich wieder etwas sehen kann, bin ich gefangen wie eine Fliege im Bernstein, versteinert in geronnener Zeit.
Der Kristall steht still, während irgendwo draußen ein Wolf heult. Dann explodiert das Fenster, die Zeit stürzt auf uns zurück und wirft mich zu Boden. Hitze und Rauch füllen das Zimmer.
Nicht nur im Zimmer des schottischen Anwalts (und nebenbei: Vermittler zwischen den Welten) geht so einiges in Flammen auf. Auch Deidre brennt. Zumindest innerlich, aber nach außen hin ist sie die beherrschte junge Frau, die ihre weißen Wimpern tuscht, für ihre Band hinter dem Mischpult sitzt und peinlich darauf achtet, ihre Stimme nicht zu erheben. Das könnte tödlich enden, zumindest für diejenigen, die das Pech haben, in Hörweite zu sein. Denn Deidre, kurz Dee, hat in ihren Adern Banshee-Blut. Ihr Gesang verschlägt anderen den Atem, nicht nur sprichwörtlich.
Dass Musik dennoch einen großen Part in Dees Leben spielt und sie mit ihrer Band erfolgreich durchzustarten beginnt, scheint auch vorerst gut zu gehen. Bis – ja, bis sich ein Rachegeist an ihre Fersen heftet und die junggekeimte Liebe zu Leadsänger Arvo gefährdet. Dee, die daran gewöhnt ist, von den Geistern derjenigen, die sie unabsichtlich mit ihrer Stimme dahingerafft hatte, umgeben zu sein, muss nun neue Geschütze gegen die Bedrohung auffahren und flieht mit ihrer Mutter und Halbschwester nach Dublin, um dort in der tarnzaubergeschützten Anwaltskanzlei des Mr. May den überirdischen Störenfried wieder los zu werden. Dass die Geistersession schlussendlich zum feurigen Auftakt einer Verfolgungsjagd durch Europa wird, ist aber nicht die einzige Überraschung im mehr als 400 Seiten starken Schmöker.
Wer Nina Blazon kennt, ahnt, worauf man sich freuen kann: Das solide Handwerk einer Autorin, die sich seit Jahren als hochproduktive und gleichzeitig überzeugende Bespielerin gleich mehrerer Genres einen Namen gemacht hat und die weiß, wie sie ihre Leser*innen bei der Stange hält. Nina Blazon, mehrfach preis- und auszeichnungsgehuldigte Schriftstellerin, die ihr erzählerisches Potential über historische Romane, kriminalistisch gepfefferte (fantastische) Werke bis hin zu eindeutig an ein erwachsenes Lesepublikum adressierte Lektüren spannt, begibt sich in „Banshee Blues“ wieder in die Welt der Urban Fantasy, die sie schon zuvor erfolgreich zwischen Buchdeckeln wachsen ließ.
In den eisverkrusteten Alltag eines gegenwärtigen Helsinkis werden fantastische Elemente schon durch die Protagonistin und Ich-Erzählerin Dee getragen, deren Anderssein, obwohl lange gut gehütet, schließlich doch zum narrativen Motor wird. Dennoch sind es die Bruchstellen zwischen Diesseits und Jenseits, die den Stein ins Rollen bringen: Die Geister, die sie rief – oder besser, durch die vererbte Todesfeen-Stimme aus dem Leben schubste –, spielen darin ebenso eine Rolle wie der Rat der Ahninnen, der drauf und dran ist, sie für ihre mörderischen Ausrutscher vor Gericht zu bringen. Hinter der Strafverfolgung durch die Ahninnen, allesamt waschechte Banshees, steckt aber noch ein ganz anderes Problem, das ebenso in den Dilemmacocktail hineinspielt, den Dee unfreiwillig gemixt hat: Als Bansheeny, also Geschöpf, das halb Banshee, halb Mensch ist, lebt sie mit ihrem Familienclan in einem Zustand zwischen den Zugehörigkeiten. Jene Bansheenys haben kein allzu gutes Standing, denn:
Für unsere Ahninnen sind wir diejenigen, die nicht dazugehören, die in ihren Augen minderwertig sind, halbseiden, zwielichtig, auf jeden Fall verdächtig. Uns ist nicht zu trauen, denn wir sind etwas, was es nach den Gesetzen der Magie nicht geben dürfte: Nachkommen einer Todesfee und eines Menschen. Anders als unsere Ahninnen sind wir nicht Teil des Schicksalsrades, das über Tod, Leben und Vergeltung entscheidet. Man könnte sagen, wir sind die magische Mutation, die niemand haben will.
Trotz diverser Verwicklungen erspart Nina Blazon sich und den Leser*innen in „Banshee Blues“ eine langatmige Exposition; das Anderssein und die Elemente des Fantastischen tupft sie gekonnt dann in den Text, sobald eine Erklärung notwendig ist, um weiterhin der Story ohne Kopfweh folgen zu können. Diese Details liefert die Protagonistin en passant und ohne die Leser*innen mit fantastischem Namedropping oder undurchschaubaren Annalen zu überfordern.
Überhaupt bleibt Dee jener Typ Ich-Erzählerin, der rasches Identifikationspotential zulässt, durch Unsicherheiten ebenso wie Mut und Loyalität Leser*innennähe erzeugt und Einblicke in das emotionale Durcheinander einer liebesgestreiften Jugendlichen mit potentiell todbringenden Stimmbändern ermöglicht. Würde man also Ginny Weasley, Harry Potter und Fleur Delacour in den narrativen Häcksler stopfen und mit ein paar Tröpfchen Todestrank würzen, so käme wohl Deindre Faye dabei heraus. Weshalb sich „Banshee Blues“ aber auch so nah und aktuell anfühlt, liegt womöglich am konsequent durchgezogenen Einsatz populär-kultureller Referenzpunkte in Form von Songtiteln, Serientrends und digitalen Gadgets (so hat Dees Familienclan eine eigene Chat-Plattform, das Fayenet, scherzhaft Fayebook genannt). Ihres Phones aus Gründen des Trackings entledigt, jagt Dee in einem Geländewagen der fulminanten Klimax entgegen eine schwedische Landstraße entlang, während einer ihrer Geister am Beifahrersitz mit von der Partie ist und Savage Daughter von Wyndreth Berginsdottir auf vollem Anschlag aus der Anlage wummert. An anderer Stelle singt sie in Erinnerung an diejenigen, die wir auf unserem Weg verlieren zu „Memories“ von Maroon 5 – wohlgemerkt in der luftigen Gitarren-Coverversion von Nicole Cross. Die nachgereichte Playlist versammelt noch einmal die musikalische Menükarte und lädt dazu ein, die Lektüre um den maßgeschneiderten Soundtrack auch auditiv zu erweitern.
Können wir „Banshee Blues“ vorwerfen, sich an eine bewährte Melange aus jugendlicher Freigeistigkeit, emotionaler Entscheidungsfindung und moralischen Herausforderungen zu bedienen? Die im keltischen Kulturgut verankerten fantastischen Elementen mit crimefiction, der Unterdrückung einer marginalisierten Gruppe und einer jugendlichen Liebesgeschichte zu überwürzen? Dieses bunte Allerlei auch noch zu einer Cliffhanger-getriebene Story zu spinnen? Vielleicht.
Das Ergebnis aber überzeugt dennoch oder gerade deswegen. Dass uns das Ende vielleicht von Herz und Schmerz zu klebrig wird, müssen wir wohl in Kauf nehmen. Wir können es aber auch als Zuckerl in einer Zeit willkommen heißen, in der es ohnehin wenige Gründe gibt, zufrieden zu seufzen.
Iris Gassenbauer
Phantastik-Tipp im Oktober 2022
Ill. von Tine Schulz.
Beltz & Gelberg 2022.
232 S.
Kirsten Reinhardt: Elvis Gursinski und der Grabstein ohne Namen
Heit schaut des Gaunze aunders aus
Weil heite grob ma Tote aus.
(Voodoo Jürgens)
Manche Erzählungen (denken wir etwa an die großen Held*innen der Antike, religiöse Grundlagentexte, Märchen) sind fixer Bestandteil unseres kulturellen Gedächtnisses und prägen in abgewandelter, verkürzter, genauso wie ikonografisch verfestigter Form den menschlichen Alltag mit. Andere Geschichten reagieren bewusst auf den Zeitgeist und sind nach ihrer Veröffentlichung verhältnismäßig bald wieder verschwunden. Und wieder andere, die werden niemals erzählt – weil dafür die Rahmenbedingungen fehlen; weil ein aktives Interesse daran besteht, sie zu unterdrücken; weil die Menschen, um die es geht, nicht als wichtig wahrgenommen werden. Stummgeschaltet, aus dem Bild gedrängt, irgendwo in der Zeit vergraben. Aber was passiert, wenn von diesen Ereignissen, die nie zur Erzählung geworden sind, trotzdem so etwas wie ein Rest in der Welt bleibt? Ein Rückstand, der sich verselbstständigt und in den Alltag der Lebenden wie eine Störung hineinwirkt, die alles ein wenig verrückt?
Elvis Gelatin Erkin Gursinski empfängt so viele Störsignale, dass er eigentlich gar nicht mehr so richtig weiß, wie die darunterliegende Übertragung klingen sollte. Denn seit er mit seinen Eltern Peggy und Sedat wegen der günstigen Miete in das kleine Friedhofswärter*innen-Häuschen in ihrem Berliner Kiez gezogen ist, scheint alles immer mehr aus den Fugen zu geraten. Seiner Mutter (ihrerseits Illustratorin von Beruf) entgleitet die Kontrolle über die eigene Arbeit: Es schlichen sich kleine Merkwürdigkeiten in ihre Bilder. Hier ein glotzendes Auge, da ein haariger Zeh oder eine hubbelige Warze. Und als diese Merkwürdigkeiten immer beunruhigender werden, wundert es nicht, dass die Aufträge ausbleiben. Sedat hingegen zieht sich immer mehr in sich selbst zurück, wird melancholisch und lethargisch. Die beiden trennen sich und leben im Wechselmodell mit Elvis im Häuschen am Friedhof. Dass dieses Häuschen tatsächlich am Friedhof steht, Elvis darin wohnt und sich die Toten nur drumherum gruppieren, das stellt die redselige Erzählinstanz gleich am Anfang klar:
Das heißt, er wohnt über der Erde, in einem Haus und nicht in einem Sarg. Er ist ja nicht tot. Und keine Sorge, diese Geschichte wird auch nicht damit enden, dass Elvis herausfindet, dass er es ist. Versprochen!
Trotzdem verschwimmen im Alltag des Protagonisten permanent die Grenzen. Während er sich vom Austausch mit seinen (lebenden) Mitmenschen gerne zurückzieht und auch in der Schule versucht, nur nicht aufzufallen, findet er am Friedhof nämlich eine ganze Menge kommunikationsfreudiger Gesprächspartner*innen. Denn dort streifen gemütlich die Geister der Begrabenen über die Kieswege und Gräber – und Elvis kann sie sehen. Skurril-liebenswürdige Gestalten wie die fürsorgliche Elfriede Schumschill oder der meisterhafte Konditor Albert Odelfing zu Mottenstar werden also, anstatt nur vor sich hin zu verwesen, zu Elvis’ Vertrauten, bis dessen Schulkameradin Dalia beginnt, regelmäßig am Friedhof aufzutauchen. Ein einziges Ärgernis, denn Dalia ist vor allem scharfzüngig, laut und damit eine potenzielle Gefahr für die geliebte Friedhofsruhe. Aber ist sie (als Enkelin der schrulligen, immer ausgebuchten Stadt-Schamanin Madame al Nour) wirklich nur durch Zufall hierhergekommen? Die Ereignisse überschlagen und die geisterhaften Fäden verdichten sich, in einer Entwicklung, die auch eine Antwort auf das seltsame Verhalten von Elvis’ Eltern und die schaurigen Vorkommnisse im Friedhofshäuschen geben könnte.
Mit "Elvis Gursinski und der Grabstein ohne Namen" ist Autorin Kirsten Reinhardt ein launig erzählter Roman für (nicht nur) junge Leser*innen gelungen, der mit unterschiedlichen Genres spielt und sich trotz seines Humors und des verschrobenen Figurenrepertoires stetig auch unter die Oberfläche gräbt: Eine vorsätzlich zu Grabe getragene Vergangenheit wird wieder aufgewühlt und wo Erwachsene Verantwortung nicht tragen wollen oder können, werden überraschende, neue Allianzen geschlossen. Wo gelacht wird, wird auch gegruselt und wo sich die Toten bemerkbar machen, werden Geschichten neu geschrieben. Die perfekte Lektürewahl für nebelverhangene Herbsttage und schaurig-schöne Lesenächte – aber eigentlich auch für sonst immer.
Sarah Auer