Lyrik-Tipp der STUBE
dtv 2025.
96 S.
Sabine Kranz, Friederike Ablang und Merle Goll (Hgg.): Das Friedenstier
Das Friedenstier: ein Tier, das dieser Tage an manchen Orten dieser Erde nicht gesehen wird. Ein Tier, das aber unendlich wichtig ist. So oder so ähnlich war der Gedanke der drei Künstler*innen Friederike Ablang, Merle Goll und Sabine Kranz, als sie sich – so schreiben sie im Vorwort – auf der Frankfurter Buchmesse getroffen und über ihre Sorgen und Ängste gesprochen haben. Aus diesem Gespräch entstand eine Idee und schließlich dieses Buch.
Aber was ist das Friedenstier eigentlich? Wie sieht es aus und wie klingt es? In Fachlexika wird man vergeblich danach suchen, eine facettenreiche Antwort bietet aber das Buch, zu dessen Entstehung unterschiedliche Künstler*innen und Autor*innen aus dem deutschsprachigen Raum beigetragen haben.
Dirk Pope etwa schreibt über den Lebensraum dieses Tieres:
Wo lebt es denn, das Friedenstier?
Bestimmt weit fort von hier. Fernab
an einem streng geheimen Ort.
Der österreichische Autor Hannes Wirlinger hingegen vermerkt:
Das Friedenstier ist zahm und tolerant.
am liebsten mag es die Welt bunt, vielfältig und entspannt.
Ein echter Freund zum Pferdestehlen,
denn auch in schwierigen Situationen kann jeder auf das Friedenstier zählen.
Und Silke Lembeck schreibt:
Wie wär’s, wenn alle Frieden stiften
und bei den Kriegen stören?
Wenn alle sich zusammentun,
dann sind sie gut zu hören.
Das sind nur drei von ganz vielen Stimmen, die hier zusammenfinden, um ein Plädoyer für den Frieden und die Gemeinschaft zu liefern. Mal sind es dezidierte Gedichte, mal kurze Geschichten; textliche Kurzformen werden hier aber auf jeden Fall gefeiert. Darin zeigt sich auch die Vielfalt von lyrischen Formen, die manchmal aus zwei Versen bestehen, manchmal aus vielen Strophen. Die gereimt sein können oder nicht. Dazu gesellen sich Illustrationen, die mindestens so vielfältig sind wie die Texte. Die Aufgabenstellung war dabei stets dieselbe: Zeichne ein Friedenstier. Und diese Fülle kann sich auf jeden Fall sehen lassen. Ob als Taube mit einem Olivenzweig im Schnabel, wie bei Dagmar Henze, oder ein Pinguin mit Ast bei Jens Rassmus oder auch eine Kröte mit Flügel ausgestattet wie bei Anke Kuhl.
Mit dieser Vielgestaltigkeit in Text und Bild wird hervorragend auf die Intention dieses Buches verwiesen: Frieden kann so vieles sein, kann in unterschiedlichen Sprachen, Farben und Formen daherkommen. Und weder der eine, noch der andere Weg ist weniger wichtig oder weniger wert.
Wäre die Idee und die Gestaltung nicht schon genial genug, hat sich dieses Projekt darüber hinaus einem guten Zweck verschrieben: mit jedem gekauftem Buch wird Ärzte ohne Grenzen e.V. unterstützt und damit über die Buchdeckel hinaus etwas für den Frieden getan. Und nachdem man die vielen Texte – exemplarisch oder in einem durch – gelesen und die grafische Ausgestaltung betrachtet hat, bleibt noch eine Frage: Und wie sieht dein Friedenstier aus?
Alexandra Hofer
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