Eine Geschichte zur Erstkommunion.
Bearbeitet und aktualisiert von Kathrin Wexberg.

Tyrolia 2019. € 14,95.

Lene Mayer-Skumanz und Birgitta Heiskel: Ein Löffel Honig
Die Erstkommunionsvorbereitung und die Erstkommunion selbst wären doch eine schöne Sache. Wären da nicht die Zweifel, die in der 8-jährigen Julia immer wieder aufkommen. „Wer ist Gott?“ ist nur eine der zentralen Fragen, über die aus konsequent kindlicher Perspektive reflektiert wird. Julias Lieblingsplatz, ein Fels in der Nähe ihres Zuhauses, scheint dafür der perfekte Ort zu sein, wo sie ungestört von ihren Eltern, der großen Schwester und dem kleinen Bruder ihren Gedanken nachhängen kann und ihr mitunter Gedanken in den Sinn kommen, die an Bibelverse erinnern: „Mein Fels“, sagt Julia. „Hörst du? Mein Fels bist du!“ Es zeigt sich kurze Zeit später, dass diese Aussage vielmehr besitzergreifend als religiös gedacht war, als Stefan – ein eher unbeliebtes Kind aus dem Dorf, der bei seinen Großeltern wohnt – kurzerhand und ungefragt bei ihrem geheimen Platz auftaucht und ihre Ruhe stört.  Im Verlauf der Geschichte erkennt die Protagonistin aber, dass das besitzergreifende „Mein Fels“ vielleicht etwas voreilig gewählt war und der Fels doch als ein Geschenk Gottes an alle gedacht sein könnte. Recht bald stellt sich heraus, dass Stefan und sein Opa, ein Imker, äußerst angenehme Zeitgenossen sind und es in deren Garten, der vom Summen der Bienen erfüllt ist, so einiges zu entdecken gibt. Ganz nebenbei entsteht eine neue, überraschende Freundschaft zwischen Julia und Stefan.
Das Erwachen der Natur nach dem Winter, vor allem aber der Bienen, verorten die Geschichte klar in den Monaten des Frühlings. Der titelgebende Löffel Honig, den Julia und Stefan vom Großvater direkt aus den Waben heraus bekommen, wird für die kindlichen Figuren zum Sinnbild einer aufregenden Zeit, aber auch des spirituellen Prozesses, den sie in der Erstkommunionvorbereitung erleben.

Durchbrochen wird der Erzähltext immer wieder von Passagen, in denen sich Gott aus der Ich-Perspektive selbst zu Wort meldet. Optisch wird dieser Wechsel durch die Wahl einer anderen Schriftart markiert. In dem 1994 erstmals erschienenen Text, der 2019 von Kathrin Wexberg neu überarbeitet wurde, finden einige Namen für Gott Einzug. In Anlehnung an „Die Bibel in gerechter Sprache“ wird auf die Vielzahl der Metaphern, die im Alten und Neuen Testament zu finden sind, zwar aufmerksam gemacht, der konkrete Gottesnamen wird aber zum einfachen, für Kinder greifbaren „Ich bin Da“ mit weiteren Zusätzen, wie „der Eine“ „der Lebendige“ oder „der Ewige“.
Durch die verschiedenen Kinder in der Erstkommunions-Vorbereitungsgruppe wird das religiös-plurale Bild der Gesellschaft nachgezeichnet, wenn die Elternhäuser der unterschiedlichen Kinder aufgegriffen werden. Von liberal bis hin zu äußert konservativ finden sich die unterschiedlichen Lebenshaltungen. Eine Oma meint beispielsweise: „Ich finde, diese Junge, diese Ulli, die übertreibt die Lockerheit. Und dieses grausliche Tattoo, das sie da am Arm hat, dass sich die Kinder so etwas anschauen müssen jede Stunde … Ist Ihnen das nicht aufgefallen?

Die Vorbereitungszeit auf die Erstkommunion wird für Julia und die anderen Kinder eine ganz wesentliche Zeit der Erfahrungen: nahe an der Lebenswelt der Kinder kommen auch ethisch relevante Themen wie Streit, Versöhnung, Neid, Schuld oder Großzügigkeit zur Sprache und werden mit religiösen Aspekten verbunden. Dabei wird aber auch religions- und kirchenkritischen Stimmen Raum eingeräumt, was wiederum die Diversität der Gesellschaft wiederspiegelt. Es stellt sich natürlich auch die Frage nach dem Zweck der Erstkommunion: wegen der Geschenke? Wegen des schönen Kleids oder dem schicken Anzug? Weil man es eben macht? Oder steckt doch ein tieferer Grund dahinter?  Im abschließenden Kapitel – der Tag der Erstkommunion – werden die unterschiedlichen Zugänge der Kinder und deren Familien gebündelt. Julia resümiert zufrieden: „Aber wenn mich jemand fragen würd, wonach sie geschmeckt hat, diese Zeit, wärs ein Löffel Honig.“

Für die überarbeitete Neuauflage gestaltete Birgitta Heiskel Illustrationen, die in ihrer Farbgestaltung ganz auf ein warmes Gelb setzen und damit dem Leitmotiv des Honigs wunderbar entsprechen. In ähnlicher Ausstattung, ebenfalls von ihr illustriert, brachte der Tyrolia Verlag kürzlich „Mein Album zur Erstkommunion“ und „Was ich dir zur Erstkommunion wünsche“ von Georg und Birgit Bydlinski heraus. Denn auch wenn die Erstkommunion Corona-bedingt vorerst verschoben ist– irgendwann wird sie stattfinden. Und das wird ein Fest!

Alexandra Hofer

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