Aus dem. Engl. v. Andreas Steinhöfel.
Mit Illustrationen v. Axel Scheffler
KJB 2020. € 12,40.

Paul Shipton: Die Wanze. Ein Insektenkrimi

Ich heiße Muldoon, Wanze Muldoon. Ich bin Schnüffler – Privatdetektiv, wenn ihr es genau wissen wollt.  – mit diesen Worten wird der Leser oder die Leserin in Paul Shiptons erstmals 1997 und nun mit neuem Cover neu herausgegebenen „Insektenkrimi“mit dem tierischen Protagonisten bekanntgemacht. Aus konsequenter Ich-Perspektive ergründet Wanze, was im geschlossenen Handlungsraum Garten in der Insektenwelt vor sich geht.
Eddie, ein Ohrwurm ist verschwunden – es zeigt sich aber recht bald, dass das nicht der große Fall ist, der die Stimmung im Garten verändert. Der Fall um Ohrwurm Eddie ist bald gelöst, ein deutlich größeres Rätsel birgt aber das emsige Treiben rund um die im Garten ansässigen Ameisen. Gemäß eines Kinderkrimis werden von Detektiv Wanze Indizien gesammelt, verschiedene Parteien verhört und versucht, dem Fall auf den Grund zu gehen. Nicht nur, dass sich eine Ameisengruppe von Individualist*innen zusammenfindet, die der numerischen Anonymität im Bau entkommen möchten und lieber ihre kreative Ader in Form von Poesie, Stepptanz oder Akrobatik ausleben würden. Darüber hinaus hat sich zwischen einem anderen Teil der Ameisen und den Wespen eine Allianz gebildet, die das Gleichgewicht im Garten erheblich stört.
Unterstützt wird Wanze während des Falls von der neu zugezogenen Grashüpferin Wilma, von Beruf rasende Reporterin. Mit viel Witz, Humor und einigen kuriosen Nebencharakteren, wie etwa Zucker-Jake – eine Stubenfliege, einst ins Zuckerfass gefallen und seither davon abhängig –, wird das Mysterium allmählich gelüftet bis es zum großen Showdown im Ameisenbau kommt.
Neben der Detektivgeschichte nimmt die Beschreibung des Ökosystems Garten einen breiten Raum ein. Wie auch der übrige Text geschieht auch dies mit einer ordentlichen Portion Humor, wenn Wanze aus seiner Sicht die Vorgänge, Lebensräume oder Nahrungsvorlieben von diversen Krabbeltieren schildert: Ohrwürmer bevorzugen beispielsweise die luxuriöseren Gegenden im Garten, wie etwa die Mülltonnen am Haus. Während dieser Umstand glasklar ist, ist das Wunder der Metamorphose selbst für eine*e Bewohner*in des Insektenreichs schier unvorstellbar: Man muss sich das mal vorstellen: Du gehst als Raupe schlafen und erwachst als Schmetterling! Wie kann ein Geschöpf innerhalb eines und derselben Lebensspanne zwei verschiedene Wesen sein? Ich kapier es nicht. Wie es um Spinnen oder Wespen bestellt ist, so wird klar, dass diese Gattungen selbst im Tierreich nicht gern gesehen sind, da beide vorrangig am Töten respektive Verletzten Interesse zeigen.
Während die beiden Fälle rund um Eddie und die Ameisen zu Ende gebracht werden, bleibt für die Lesenden bis zum Ende aber eine Frage offen. Wer oder was ist Muldoon Wanze?  Denn eine Wanze ist er nicht: An dieser Stelle einige Worte über den Goliathkäfer: Sein Körper kann eine Gesamtlänge von sechzehn Zentimetern erreichen, und er ist genauso stark wie er groß ist. Ein Käfer dieser Größe kann es spielend mit einer Spinne aufnehmen. Unglücklicherweise bin ich kein Goliathkäfer. Diese Frage bleibt für die Lesenden also bis zum Schluss offen, während praktisch aus der Käferperspektive ein Blick auf den Garten mit all dem Krabbel- und Fluggetier geworfen wird.


LESEN – SPRECHEN – TUN

LESEN – Für ein MINT-Buch vielleicht etwas ungewöhnlich hat man es mit diesem Text nicht etwa mit einem Sachbuch zu tun, sondern um einen rein erzählenden Text, in dem Insekten alle Haupt- und Nebenrollen einnehmen. In einer spannenden Detektivgeschichte werden allerhand Insekten mitsamt Lebensraum und Nahrungsgewohnheiten vorgestellt.

SPRECHEN – Der Text bietet einen wunderbaren Anlass, um über die unterschiedlichen Lebensformen im Garten oder im Park zu sprechen; sowohl Tier- als auch Pflanzenwelt. Im Dialog kann mit Kindern erarbeitet werden, was sie über Insekten und deren Lebensraum schon wissen und im Text angesprochene Merkmale mit Sachtexten wie beispielsweise „Die wunderbare Welt der Insekten“ von Bart Rossel und Medy Oberendorff (Gerstenberg 2019) verglichen werden.

TUN – Nach allerhand Informationen aus dem Text kann man sich nun (eventuell mit Lupe ausgestattet) selbst auf die Suche nach Insekten im Garten oder Park machen. Die unterschiedlichen Insekten im Buch könnten Anregung dafür sein, eine Liste zu erstellen und zu versuchen, diese Insekten selbst zu beobachten und zu bestimmen.


Alexandra Hofer

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