Lyrik-Tipps im Februar 2023
Peter Hammer 2023.
24 S.
Will Gmehling und Antje Damm: Pizzakatze
Der Fasching ist vorbei, die Krapfen sind abgefrühstückt, die politischen Redner*innen des Aschermittwoch haben sie an ihren eigenen Geschmacklosigkeiten ergötzt.
Wir brauchen also dringend Ausgleich: sowohl kulinarischen als auch ernsthaft erheiternden. Da kommt die neue Ausgabe der Wiener Stadtzeitung Falter gerade recht, in der ein herrlich zu lesender Rückblick auf den Opernball mit sprachspielerischer Höchstleistung aufwartet:
Doch jeder Beschlich von Glamour erstickt im Verdauungstrakt dieses Hauses, den unendlichen, herumführenden Korridoren mit Funktionsarchitektur, Kabelsträngen, Noppengummis und Brandschutztüren. Weil alles gleich ausschaut, empfiehlt sich ein Kompass für den teuersten Esacape-Room der Stadt.
(Lukas Matzinger: Unter den Oberen. In: Falter 2023 (8) vom 22. Februar 2023. S. 40-42)
Nun, da hilft kein Staatsopa und kein überteuertes Frankfurter mit Senf in der Opernkantine. Da hilft nur ein zünftiger Ausflug zum Würstelstand (Fastenzeit hin oder her.) Oder für Vegetarier*innen: eine echte Margherita. Und wenn man diese Köstlichkeit im XXL-Format bei der Pizzakatze bestellt, bekommt man gleich auch noch ordentlich Sprachwitz mitgeliefert: Will Gmehling lässt sich bei der literarischen Fertigung des aus Neapel stammenden, immateriellen Kulturerbes auf die sprachakrobatische Herausforderung ein, Reimwörter auf die Pizza gleichermaßen wie ihre Lieferantin zu finden: Fritz und Fritza / alle wollen / lecker Pizza. / Anastasia … / und Atze / kaufen nur noch bei der Katze.
Natürlich darf ein MAMMA MIA nicht fehlen, wenn Pizzerkatze Pia sich mit ihrer ganz römisch anmutenden, gelben Vespa auf den Weg und bei Ankunft ordentlich Wirbel macht: Fährt die Pizzakatze vor / hupt sie einfach volles Rohr.
Schließlich handelt es sich hier um eine wunderbare Symbiose aus Theodor Tatze, / er backt die Pizza für die Katze und äußerst charmantem Zustellservice, das selbstverständlich auch bei jenen vorfährt, die gestern vielleicht noch beim Opernball waren: Allerfeinste prima Pizza … / für Herrn Glitz und für Frau Glitza wird auch ins bürgerliche Heim geliefert, in dem sich Tapeten und Bilderrahmen deutlich von der Baumwohnung des Hippie-Eichhörnchens unterscheiden: Für die wilde Lola Lazza / eine wilde Pizza Pazza.
Antje Damm greift die Verse illustratorisch auf und spinnt sie assoziativ weiter. Sie nutzt dafür Tierfiguren, deren Kuriosität schon alleine aus den Verortungen im hybriden Umfeld resultiert: Frieda mit der Fratze und Glenn mit seiner Glatze zum Beispiel trifft die Pizzakatze in der Arena an, in der nicht nur ordentlich geboxt, sondern auch auf dem Hochseil balanciert wird: Mimmie, Miez und Matze dürfen hier gemeinsam mit Affe, Löwe und Elefant ihrem unbeschwerten Mäusedasein frönen. Und wie alle anderen auch nach der Pizzakatze rufen.
Denn Pia ist die personifizierte gute Laune, die Seemannsbär und Häfenbruder gleichermaßen Pizzaglück ins Gesicht zaubert. Dem entsprechend wählt Antje Damm auch helle Farben, deutet Räume mit wenigen Requisiten an und gibt ihrer illustren Tiergemeinschaft mit der Vorliebe für pikantes Essen ordentlich Raum, um sich auszutoben. Oder im aus Stoffen collagierten Outfit einfach nur glücklich auf der Gartenbank zu sitzen: Für Suleikas süße Oma / extrascharfe Pizza Roma.
Reime und Illustrationen fügen sich dieserart zu einer ereignisreichen Bilderbuchgeschichte, die der Sehnsucht nach dem prototypischen kindlichen Leibgericht folgt: Ob ich ritze oder ratze / kritzel, schwitze oder schwatze / immer den ich: Pizzakatze!
Pizza selber backen? Nun, dann müsste man auf die Ankunft der Pizzakatze verzichten. Sollte Pia aber gerade Urlaub machen oder man dem Nachwuchs zwischendurch auch mal alternative, vitaminreichere Ernährungsvorschläge machen wollen, empfiehlt die STUBE eine Buchliste mit >>> Kinderkochbüchern
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