Lektorix
des Monats
Ein Buchtipp von STUBE, Institut für Jugendliteratur
und DIE FURCHE

Minitta Kandlbauer, Yani Hamdy und Melanie Kandlbauer: Gute Nachrichten aus aller Welt. Von Sudan bis Afghanistan.
Leykam 2024.
Gute Nachrichten vor den Vorhang
Weltschmerz. Einst von Jean Paul als Gefühl der Trauer ob der Welt und ihrer Unzulänglichkeit geprägt, wird er heute womöglich ausgelöst, wenn man auf all die Themen blickt, die die Nachrichten- und Medienlandschaft dieser Tage dominieren. Damit einher gehen medial aufgeladenen Bilder, die mitunter unsere Vorstellung von einzelnen Ländern prägen und Nährboden für die Entstehung von Vorurteilen bieten. Und genau hier setzt dieses Sachbuch: Negativpresse und schlechte Nachrichten werden außen vor gelassen und stattdessen auf die guten Dinge in den verschiedensten Ländern fokussiert. Damit geht ein Bruch der Wahrnehmung einher, gute Nachrichten werden nicht überlagert oder gar überdeckt, sondern bekommen Raum in Form von counternarratives. Pointierte Überschriften wie „Kein Land heißt Afrika“ oder „Asien ist nicht nur China“ laden ein, einen ausschnitthaften und doch genaueren Blick auf die Kontinente zu werfen. Die eurozentrische Sichtweise wird dabei insofern aufgebrochen, als dass own-Voice Reisebegleiter*innen über die Kontinente und durch einzelne Länder führen. In einem Zusammenspiel aus Fakten über Länder und der Skizzierung von Einzelbiografien ergibt sich eine Fülle an Held*innengeschichten, Fun-Facts und Hard-Facts aus vielen Ecken dieser Welt ohne dabei Anspruch auf Vollständigkeit zu haben. Unter dem Slogan „Was nicht in Schulbüchern steht“ versammeln die vielgereisten Schwestern, die sich für die Inhalte verantwortlich zeichnen und auch federführend beim ebenfalls im Leykam-Verlag erschienen Sachbuch „War das jetzt rassistisch?“ waren, Nachrichten, die es wert sind, gehört zu werden: So erfahren Leser*innen, dass in Kabul das Drachensteigen ein Symbol für Freiheit ist, dass Neuseeland Vorreiter in puncto Frauenwahlrecht ist, in Serbien der einzige Kirchturm steht, der die Mondzeit anzeigt oder es „den Orient“ so nicht gibt. In farbenfrohen, flächigen Illustrationen wird das Geschriebene ästhetisch ansprechend in Szenen gesetzt und dieserart architektonische Besonderheiten, Farben oder Landesspezifische Muster aufs Papier gebannt.
Im Anschluss an die Geschichten aus aller Welt stehen interaktive Seiten, die dazu einladen, selbst aktiv zu sein und auch der Frage „Wo kommst du her?“. Erfreulicherweise ohne pädagogischen Zeigefinger, sondern mit Impulsfragen, klug eingesetzter Ironie, die Stereotype unterwandert, Vorurteile dekonstruiert und stattdessen neugierig auf andere Länder und Kulturen macht. Und somit dem Weltschmerz gekonnt Paroli bietet.
Alexandra Hofer
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