Kröte des Monats Juni
2009
Bibliothek der Provinz
2009
32 S., € 12,00
Vera Ferra-Mikura / Renate Habinger / Linda Wolfsgruber: 1, 2, 3 dann reite ich durch den ganzen Himmel. Erzählungen und Gedichte
Die Verbundenheit mit der literarischen Tradition Österreichs wird von Seiten der Wissenschaft häufig als eine der zentralen Charakteristika von Vera Ferra-Mikura genannt. Dass nun in der Bibliothek der Provinz fünf erzählende Gedichte mit Bildern von zwei der renommiertesten österreichischen Illustratorinnen der Gegenwart erschienen, fügt sich nahtlos in dieses Bild ein. Renate Habinger und Linda Wolfsgruber erweitern durch ihre in Grau- und hellen Rottönen gehaltenen Zeichnungen, Fotografien, Drucke und Collagen den Interpretationsrahmen der Texte der 1997 verstorbenen Künstlerin.
"Phantasie mobilisieren, die Welt verbessern, Illusionen erzeugen, Träume realisieren, der menschlichen Gesellschaft einen Spiegel vorhalten." Dies nannte Ferra-Mikura in einem Interview als mögliche Gründe dafür, schriftstellerisch tätig werden zu wollen. Und so bilden das Changieren zwischen Wirklichkeit und Traum sowie das konfliktbehaftete Aufeinandertreffen der ursprünglichen Natur und der im ständigen Wandel begriffenen Kultur des Menschen die inhaltlichen Eckpfeiler, zwischen denen sich Text und Bild bewegen. Der Wunsch, durch das eigene Schaffen Veränderung in der Welt in Gang zu setzen, findet sich in der Themenwahl und Erzählperspektive widergespiegelt: Es geht darin unter anderem um existenzielle Fragen nach dem Beginn des Lebens und der Verbundenheit aller Menschen durch ihre Unvollkommenheit und die daraus resultierenden Ängste, Wünsche und Träume. Das Motiv der ständigen Abhängigkeit, Beeinflussung und Gemeinschaft zieht sich dabei als roter Faden durch die Gedichte und ihre Illustrationen. Ferra-Mikura verwebt zum Beispiel im abschließenden "Elfen, das hab ich gelesen," die Ebenen von Phantasie-, Tier- und Menschenwelt und baut mit besonderer Rücksicht auf die akustische Qualität ihrer Sprache bei den Leser*innen zuerst ein Gefühl der Eintracht und Harmonie auf (zwischen Elfe und Elefant), nur um es umso effektvoller auf inhaltlicher und klanglicher Ebene in der letzten Strophe in sein Gegenteil zu verkehren:
„Wie kann der Mensch es erwerben? [das Elfenbein]
Er lässt die Dickhäuter sterben.
Im Laufe der Zeit hat er unverdrossen
Tausende Bullen abgeschossen.“
Die weichen und harmonischen Laute und speziell Reime der ersten beiden Strophen werden hier durch einen dunklen und scharfen Sprachklang kontrastiert, der Text wird an seinen dramatischen Höhepunkt geführt.
Für die thematische Vermischung von Natur und Kultur wirkt die Wahl der beiden Illustratorinnen mit ihren typischen Stilmerkmalen optimal: Während Renate Habinger Großteile ihrer Bilder aus Pflanzenteilen gestaltet und eine Vielzahl gezeichneter Tiere ihren Bildraum bevölkern lässt – der für sie fast schon zum Markenzeichen gewordene Ziegenbock (unter anderem auf dem Cover der Erzählsammlung „Björn, Laura, Thomas und Kathrin“ oder zuletzt im gemeinsamen Liederbuch mit Gerda Anger-Schmidt und Susanna Heilmayr zu sehen) hat einen weiteren Auftritt –, bringt Linda Wolfsgruber in ihren collagierten Illustrationen immer wieder bearbeitete Papier- und Fotoausschnitte zum Einsatz.
Dieser Lyrikband vereint drei herausragende österreichische Künstlerinnen, deren individuelles Schaffen in einer faszinierenden Symbiose vereint wird. "Alles hat einmal begonnen", lautet der Titel des ersten Gedichts, und die Vielfalt der gebotenen Lektüreanreize scheint beinahe endlos.
Lukas Bärwald
"Rotstift trifft Zauberstift" – seit langem haben die Kontrollstelle der Erzdiözese Wien und die STUBE, so unterschiedlich ihre Aufgabengebiete auf den ersten Blick sein mögen, eine besondere Verbindung. Im Sinne dieser Kooperation haben wir nun eine >>> Buchliste zum Thema Zahlen zusammengestellt.
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