Thema: Ferien- und Sommercamp

Sven Nordqvist: Pettersson zeltet
Auf dem Dachboden liegt eine grüne Wurst – ein Zelt, das Findus sofort ausprobieren will, doch weiter als in den Garten kommen der Kater und sein alter Freund Pettersson kaum. Die Hühner wollen mitmachen, beim Angeln reißt Pettersson die Schnur und im See treibt ein monstergroßer Hecht sein Unwesen. Das Fjell scheint ein bisschen zu weit weg, also begnügen sich die beiden Freunde mit dem Hinterhof und schlagen dort ihr Lager auf. Und eigentlich ist das doch perfekt, findet Kater Findus: Die Camping-Erfahrung ganz ohne anstrengende Wanderung! Aber dann nachts im Zelt malen die Schatten irgendwie doch gruselige Bilder an die Wand und überhaupt, wie hört es sich eigentlich an, wenn ein Hecht in der Nähe ist? In den für ihn typischen pluriszenischen Bildern gibt uns Sven Nordqvist Seite um Seite unendliche Möglichkeiten, immer neue Details zu entdecken. Die Mucklas experimentieren mit Werkzeug, eine kleine Schnecke campt gleich nebenan und die Hühner richten sich mitsamt roter Schlafhaube und gepacktem Koffer in dem großen Zelt ein. Der schwedische Autor schafft es auch dieses Abenteuer vom alten Pettersson und seinem Kater Findus mit viel Charme und Witz zu erzählen und in solch komplexen Bildwelten zu verpacken, dass man ums wiederholte Lesen unmöglich herumkommt. Mit einer krönenden Abschluss-Jause im Garten ist auch das Camping-Erlebnis komplett und es wird deutlich: Es zählt nicht, wo man ist, sondern mit wem – dann reicht sogar ein großer brauner Hut als Schlafsack.
Aus d. Schwed. v. Angelika Kutsch.
Oetinger 1993.
32 S.
Philip Waechter: Endlich wieder zelten!
Wenn Tim, sein kleiner Bruder und ihre Eltern sich alljährlich auf den Weg zum Campingurlaub nach Italien machen, ist das gesamtfamiliäre Durcheinander vorprogrammiert. Wie immer wird jeder Zentimeter des Kofferraums (und Autodaches) ausgenutzt, wie immer wurde vor der Abfahrt etwas Wichtiges vergessen und wie immer ist alles ein wenig schlechter geplant als bei den anderen Familien. Und trotzdem könnte es keinen schöneren Urlaub geben: In seinen gewohnt humorvollen Zeichnungen bildet Philip Waechter mit Sinn für Details und Situationskomik den unaufgeregten, aber dafür umso schöneren Alltag am Zeltplatz ab. Dabei werden Räume für kindliche Autonomie genauso aufgemacht wie für ein zielloses Treibenlassen im Alltag, das offensichtlich Familienmitglieder jedes Alters gleichermaßen genießen. In einer abwechslungsreichen und charmanten Zusammenführung von Mindmap-artig angeordneten Doodles, kurzen Comicpassagen und ganzseitigen Illustrationen zum Verweilen und In-die-Ferne-Träumen können sich Leser*innen auf den Zeltplatz am Strand begeben - und dabei hautnah die vielen Abenteuer miterleben, die sich im und abseits des liebevoll-chaotischen Familienlebens abspielen. Zum Beispiel: Zirkusnummer einstudieren! Lecker Klebe-Spaghetti essen! Gruselgeschichten erzählen … und [die] vielen, vielen Sternschnuppen!
Beltz&Gelberg 2015.
29 S.
Lena Hach: Mission Hollercamp
Ihre Krimireihe für jüngere Leser*innen verortet Lena Hach auf einem Campingplatz an einem deutschen Badesee, an dem die Familien der drei Protagonist*innen in jährlichen Abständen urlauben. Diese sind, seit sie denken können, beste Freud*innen: Leon (der mit seiner gesamten Familie samt nerviger großen Schwester anreist und die Geschichte aus der Ich-Perspektive erzählt), Jakub (dem sein Hörgerät mittlerweile nicht mehr peinlich ist und mit seinem polnischen Vater das Zelt aufgeschlagen hat) und Emily (die nicht mit ihren indischen Eltern da ist, sondern bei ihrer britischen Oma, einer Dauercamperin im Hollercamp, unterkommt). In jedem Band geht die eingeschworene Dreier-Crew von sonderbaren Vorkommnissen auf die Spur: ein geheimnisvoller Fremder, ein verlassenes Boot oder mit Juckpulver befülltes Gelsenmittel – es sind keine großen Verbrechen, denen die jungen Detektiv*innen nachgehen; an Unterhaltung und Spannung fehlt es der launigen Erzählung dennoch nicht. Nicht zuletzt deshalb, weil Lena Hach den erzählenden Fließtext durch handschriftliche Notizen von Emily, die Leons Bericht (oft augenzwinkernd) kommentiert und manchmal sogar korrigierend eingreift. Der dadurch entstehende asymmetrische Dialog fesselt ebenso wie das liebenswerte, teils kuriose Figurenarsenal, das Leser*innen Lust auf mehr macht.
Illustriert v. Lisa Hänsch.
Mixtvision seit 2021.
Jeweils 200 S.
Lena Raubaum: Qualle im Feriencamp
Der Sommer steht vor der Tür. Und für Max Kallinger aka. Qualle und Öner geht es gemeinsam ins Waldcamp. Eine Woche voller aufregender Dinge und neuen Freund*innen. Bereits im Bus treffen sie auf die Zwillinge Aron und Nora (deren Namen von hinten nach vorne gelesen de je anderen ergeben), mit denen sie neue Abenteuer erleben. Am Waldcampingplatz angekommen, heißt es in der Natur ankommen, das Zelt zu beziehen, die Waldklos in Schuss zu halten und mit der einen oder anderen Gelse fertig zu werden. Angereichert mit vielen typisch wienerischen Worten wie baba, Schiefer oder Bockerl (deren Erklärung im Anhang für nicht österreichische Leser*innen mitgeliefert wird) schickt Lena Raubaum in gewohnt kurzweiligem Ton ihren Protagonisten in die Natur, wo Qualle Spannendes erlebt, aber auch zum ersten Mal mit dem Gefühl von Eifersucht konfrontiert wird, denn vielleicht mag Öner Aron ja lieber als ihn. Eine Sorge, die sich schnell erledigt, denn: „Jetzt pass mal gut auf, Max Killinge! Ich hab fix vor, dass wir für immer-und-ewig-immer Freunde bleiben!” Für Qualle heißt das, dass der abschließende Bunte Abend gemeinsam bestritten wird und für alle Leser*innen, dass wir uns wohl noch auf mehr Qualle Bücher freuen dürfen.
Obelisk 2023.
96 S.
Holly Goldberg Sloan und Meg Wolitzer: An Nachteule von Sternhai
CIGI. Eine klingende Abkürzung für ein Ferienlager, das in voller Länge einen vielversprechenden Titel trägt: Charakter Intelligenz Geschicklichkeit Instinkt – das Wissenschafts-Camp für aufgeweckte junge Leute.” Dort, in der Pampa von Michigan, treffen Nachteule Avery und Sternhai Bett aufeinander, die unterschiedlicher nicht sein könnten, nicht nur, weil eine in New York und die andere in Los Angeles lebt. Doch ihre Daddys haben sich ineinander verliebt und sehen in der gemeinsamen Camp-Erfahrung der Töchter den Beginn einer harmonischen Patchwork-Familie. Aber trotz iPad-Sondererlaubnis läuft dort alles anders als geplant, und weder Camper-ABC noch Drück dich aus (Schreib hier, schreib jetzt!) halten, was sie versprechen: Wie auch die pointenreich dahinfegende Handlung dieses ungemein witzigen Romans sämtliche Erwartungshaltungen bricht. Ausschließlich in E-Mails und Briefen erzählt, anfangs nur zwischen Bett und Avery, später zwischen weiteren Figuren (darunter auch die Camp-Leitung), werden die sich überschlagenden Ereignisse aus verschiedenen Perspektiven kommentiert. Bis dann schließlich, einige Monate nach dem Camp-Besuch, doch alles irgendwie gut wird.
Aus d. Engl. v. Sophie Zeitz.
Hanser 2018.
288 S.


Erich Kästner: Das doppelte Lottchen
Als das wohl berühmteste Doppelgänger*innenpaar der (Kinder-)Literaturgeschichte Luise und Lotte im Feriencamp in Seebühl am Bühlsee aufeinandertreffen, und die Stränge ihrer beiden Leben wie Puzzleteile aneinanderpassen, könnte die Überraschung nicht größer sein. Die bescheidene, brave Lotte ist das genaue Gegenstück zur mutigen und stürmischen Luise und doch sehen sie sich zum Verwechseln ähnlich. Es scheint, als wäre mit dem Zerbrechen der Beziehung ihrer Eltern mehr auseinandergerissen geworden als zuvor angenommen. So beschließen die Zwillinge kurzerhand, die Rollen zu tauschen: Lotte taucht als Luise bei ihrem Vater in Wien auf, Luise übernimmt Lottes ordentliches Leben in München. Erst wirkt es, als würde alles glatt laufen, doch dann droht der Vater eine neue Frau zu heiraten und Lotte wird krank.Seinerzeit bahnbrechend und außergewöhnlich in seiner Zeichnung von Rollenbildern sorgte das Buch schon damals für viel Aufmerksamkeit. Heute vielleicht nicht mehr ganz so aktuell, ist die charmante Zwillingsgeschichte dennoch ein fester Bestandteil in der Kinderliteratur, liebevoll durchzogen mit Illustrationen von Walter Trier. Starke, tatenfreudige Mädchen die ihr Leben selbst in die Hand nehmen und ein finales Zusammenführen der zerrissenen Familie machen Erich Kästners 1949 publizierten Roman zu dem Klassiker, als den wir ihn heute kennen.
Mit Ill. v. Walter Trier.
Ueberreuter 1949.
176 S.
Ein Zwilling kommt selten allein
Annie und Hallie sitzen in der Arresthütte ihres Ferienlagers fest – irritiert von ihrer Ähnlichkeit haben sie sich zu viele Streiche gespielt, und jetzt müssen sie lernen miteinander auszukommen. Wo zuvor Feindseligkeit war, offenbart in der Hütte ein in der Mitte zerrissenes Hochzeitsfoto, die Wahrheit über ihre Ähnlichkeit: Sie sind Zwillinge. Nach der Geburt getrennt, wurde ihnen die gegenseitige Existenz elf Jahre lang verheimlicht. Nun schmieden sie einen Plan: Annie wird als Hallie zu ihrem Vater nach Kalifornien und Hallie als Annie nach London fliegen. Ob das gut gehen kann?
Der Medienwechsel vom Roman hin zum Familienfilm funktioniert hier auf bezaubernde Weise. Zuckerwatten-artig und märchenhaft wird Kästners Klassiker in ein amerikanisches bzw. britisches Setting übertragen, mitsamt Disney-typischen Charakteren. Die neue, viel jüngere Freundin des Vaters hat es nur auf dessen Geld abgesehen, den Eltern muss ihre gegenseitige Liebe nur durch ein paar gewiefte Anstöße der Mädchen bewusstwerden und Kindermädchen sowie Butler liefern eine liebevoll-komische Abwechslung zu der dramatischen Handlung. Lindsay Lohan übernimmt in einer Doppelrolle beide Zwillinge und spielt so charmant und authentisch, dass der Film auch heute noch zu den Standards im Disney-Familien-Repertoire gehört.
Disney-Film v. Nancy Meyers.
USA 1998.
122 min.
Moonrise Kingdom
Es ist Sommer 1964 und die junge Suzy lernt den Waisenjungen Sam bei einer Kirchenaufführung kennen. Sie ist die Krähe in der Mitte des Spektakels, er ist verliebt. Ein Jahr und unzählige Briefe später steht eine Entscheidung fest: Wegrennen. Sam flieht aus einem strengen Pfadfinderlager und wird daraufhin von seinen Pflegeeltern verstoßen. Die zwei düsteren Alternativen: Waisenhaus und Elektroschocktherapie . Suzy, auf der anderen Seite, lässt ihre turbulente Familie hinter sich. Die Affäre ihrer Mutter mit dem Sheriff, ihre drei aufgedrehten jüngeren Brüder und der passive Vater lassen ihr kaum mehr Luft zum Atmen. In ihrem Gepäck: unzählige gestohlene Bibliotheksbücher, ein batteriebetriebener Plattenspieler, Dosen über Dosen von Katzenfutter mitsamt kleiner Katze sowie ihr unentbehrliches Fernglas. Doch vor den Problemen der beiden lässt es sich nicht so schnell weglaufen, wie Anfangs gedacht, und bald steht das junge Paar vor einer dramatischen Entscheidung … In den für Wes Anderson so typischen bunten, symmetrischen Szenen werden sensibel und mit viel Witz Themen wie Depression, Verlust und die erste Liebe behandelt. Untermalt von klassischer Musik des Komponisten Benjamin Britten entfaltet sich eine zauberhafte Welt, die berührt und zum Nachdenken anregt, und dabei gleich den Glauben an die Menschheit ein kleines bisschen wiederherstellt.
Film von Wes Anderson.
USA 2012.
95 min

Kirsten Fuchs: Mädchenmeute
Lagerfeuer, Wanderungen und Gruppenspiele sind gängige Aktivitäten in einem Ferienlager. In den davon erzählenden fiktionalen Texten wird der Sommerspaß gewöhnlich von abenteuerlustigen Charakteren ausgeführt und ein unvorhersehbares Ereignis – zwei bis drei Kinder gehen im Wald verloren – sorgt für den Höhepunkt der Geschichte. Kirsten Fuchs wirft die konventionelle Campdramaturgie über Bord, lässt gleich zu Beginn die erwachsene Leiterin spurlos verschwinden und bietet den sieben teilnehmenden Mädchen damit die einmalige Möglichkeit auf: Einfach alles. So frei sind wir nie wieder. Nie wieder in unserem Leben. Das folgende Zusammen- und Überleben einer Gruppe 15-jähriger Mädchen, geschildert aus der Ich-Perspektive der introvertierten Charlotte Nowak, missachtet selbstverständlich auch die singulären Entwicklungen der Protagonistinnen nicht völlig. Die sieben Figuren waren allerdings schon individuelle Persönlichkeiten, als sie den Bus verließen. So müssen die Mädchen nicht erst zu sich selbst finden, sondern ihren Platz in einer Gruppe, die sich jenseits von Zivilisation und gesellschaftlichen Regeln, dafür mit einer Meute (scheinbar) geretteter Hunde auf sich und ihre Fähigkeiten gestellt wiederfindet.
rororo 2015.
464 S.
Kasie West: Sun kissed
Die Sommerferien könnten so schön sein. Wäre da nicht der Verrat der besten Freundin und ein Campingplatzgelände (deluxe), wo es keinen Empfang, dafür aber unzählige Familienaktivitäten gibt. Wo sich Avery nur in ihren Spotify-Playlists verlieren möchte, wird sie stattdessen mit mittelmäßiger Livemusik im Speisesaal konfrontiert. Und damit auch mit Brooks, Leadgitarrist ebenjener Band, und deutlich musikalischer als zuvor angenommen. Obwohl die Campregeln besagen, dass Beziehungen zwischen Gästen und Personal tabu sind, finden die beiden mitsamt allerhand (familiärer) Irrungen und Wirrungen zueinander und zeigen sich neue Wege auf, die außerhalb der eigenen Komfortzone liegen. Angereichert mit genialen Nebenfiguren wie Averys social-media-affinen wiehyperaktiven Schwester oder Brooks Bandkollegen, die für die Plotentwicklung besondere Rollen einnehmen, treffen robustes Campleben auf musikalische Selbstverwirklichung. Das obligatorische Lagerfeuer samt akustischer Gitarre nimmt dabei seinen gebührenden Platz ein:Als Ort, an dem das Campgeschehene und die Geschichten der Figuren gebündelt werden und der zudem die Camp-Atmosphäre maßgeblich bestimmt.
Aus d. Engl. v. Ann Lecker.
Carlsen 2023.
320 S.
Jenn Bennett: Unter dem Zelt der Sterne
Wie passen Astronomiebegeisterung, Glamping (glamouröses Camping) und Reptilienvorlieben zusammen? Auf den ersten Blick gar nicht. Auf den zweiten entwirft Jenn Bennett eine ungewöhnliche Liebesgeschichte – die innerhalb des Texts allgemein nur als das große Experiment bezeichnet wird – inmitten der Wildnis des King’s-Forest-Nationalparks, in dem Campen und ein Camping Platz eine ganz besondere Rolle einnehmen werden; vollgepackt mit dem nötigen Feriencampflair und Know-how über die Sternenbilder unserer Galaxie und Survival-Skills entwirft Bennett eine Sommerlieber: Die beiden Hauptfiguren Zorie und Lennon kennen einander seit Ewigkeiten, versuchen aus der sogenannten Friendzone auszubrechen, scheitern und finden erst viel später wieder zueinander. Inmitten von diversen familiären Problematiken und ganz alltäglichen Dingen des Erwachsenwerdens entsteht ein Text über Freund*innen, die keine sind, und die Herausforderung, sich selbst und einander inmitten von Unwettern, Schlangenbissen, schweißtreibenden Wanderungen oder dem innerlichen Gefühlschaos (wieder)zufinden. Dabei nehmen die Gestirne eine ganz besondere Rolle für die Atmosphäre dieses Textes ein, denn wo könnte man sich besser näherkommen als unter dem Sternenhimmel?
Aus d. Engl. V. Claudia Max.
Carlsen 2019.
400 S.
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