ES-AS.21.5.28. Literarischer Erzählraum
Zu Gast: Autorin Elisabeth Steinkellner
An die Wand projiziert: Anna Stemmann
28. Mai 2021

Gebannt wurde Elisabeth Steinkellner gelauscht ...
Wie der Abend war ...
Der schützende Schirm der 3 großen Gs hat es möglich gemacht, oder – was lange währt, wird endlich gut: Nach vielen Verschiebungen konnte der STUBE-Freitag im Mai endlich wieder als Präsenzformat stattfinden. Zwar begegnete man sich weiter auf Abstand und in Begleitung zahlreicher Sicherheitsvorkehrungen, es überwog aber deutlich die Freude, Literatur wieder gemeinsam erleben zu können.
Und es hätte wohl kaum einen gebührenderen Auftakt geben können, war der Abend doch der vielfach bepreisten und gepriesenen österreichischen Autorin Elisabeth Steinkellner gewidmet. Im Fokus standen die hybriden Erzählformen ihrer jüngsten Jugendromane „Papierklavier“ (2020) und „Esther und Salomon“ (2021), beide charakterisiert durch ihre kunstvolle Verzahnung von Text und Bild.
Zunächst erzählte Elisabeth Steinkellner im Werkstattgespräch mit Heidi Lexe von „Esther und Salomon“, einem Roman aus versifizierten Textpassagen, die im ersten Teil jeweils mit Polaroids der Autorin und im zweiten mit Zeichnungen des ebenfalls anwesenden Illustrators Michael Roher kombiniert wurden. Die Autorin sprach besonders ihre Tendenz an, Geschichten um ihre Einzelteile herum zu bauen, hier seien es die Namen der Figuren gewesen: Sie beeinflussten und leiteten die Entstehung des Texts, bis aus einem Haufen klingender Vokale und Konsonanten eigenständige Individuen wurden. Gute Geschichten, so Elisabeth Steinkellner, entstehen eben oft dadurch, dass man sie sich einfach entwickeln lässt. Angesprochen wurde, dass die hybride Form einerseits die gebrochenen oder gerade zerbrechenden Lebensrealitäten der Protagonist*innen erfahrbar machen kann, das Springen von Moment zu Moment lädt aber andererseits auch zum Verweilen und Nachdenken ein. Das STUBE-Team stellte Fragen zu ausgewählten Textstellen, zwischendurch wurde ausgiebig aus dem Text gelesen.
Ein Impulsvortrag der (coronabedingt nicht angereisten, aber zum Glück sich audiovisuell aufgezeichnet habenden) Literaturwissenschaftlerin Anna Stemmann leitete über zu „Papierklavier“ und widmete sich den Raumkonzepten des Romans. Die Vortragende ging unter anderem darauf ein, wie Elisabeth Steinkellner und Illustratorin Anna Gusella mithilfe einer Tagebuchfiktion Erzählraum und erzählten Raum ineinanderfließen lassen, wie die Hybridisierung von Schrift und Bild Atmosphäre und Gefühlsbewegungen transportiert, und wie dadurch Mehrdeutigkeit zugelassen wird – Stichwort Saftladen. Das Tage- oder Skizzenbuch, so Anna Stemmann, mache eben gerade das subjektive Empfinden von Protagonistin Maia erfahrbar und ermögliche ihr das autonome Fortschreiben der eigenen Geschichte auf der andauernden Suche nach der festen Form.
Die Aufmerksamkeit der Zuhörer*innen ging sodann wieder an Elisabeth Steinkellner, die zunächst von der Entstehung des Romans berichtete; diese sei zwar durch einen äußerst knappen Zeitrahmen geprägt gewesen, im Austausch mit der Illustratorin konnten aber dennoch neue Ideen entstehen und der Text sich entsprechend entwickeln. Sie sprach weiter von der höchst persönlichen Kunstsprache des Schimpfens, die jeder Figur zustehe, von der ganz eigenen Dynamik einer Schwesternbeziehung und von der Resilienz, mit der im Gepäck sich jeder Mensch der Welt zu stellen hat.
Abschließend lauschten die Anwesenden noch der Autorin, die selbst gewählte Textpassagen vorlas; das vom Stephansplatz in den Club 4 fallende Abendlicht wich dem fahleren der Straßenlaternen und Scheinwerfer, die fortgeschrittene Uhrzeit forderte langsam zum Aufbruch auf. Das Zischen vieler kleiner Sektflaschen (man muss sich nur zu helfen wissen) beschloss einen Abend, der mit vielen stillen Hochmomenten die Vorfreude auf eine hoffentlich lange Reihe kommender Präsenzveranstaltungen steigen ließ.
Und ENDLICH konnten wieder signierte Bücher mit nach Hause genommen werden.
Ein Bericht von Sarah Auer
Die Videos vom Gespräch mit Elisabeth Steinkellner sind im internen STUBE-Card-Bereich abrufbar, ebenso wie eine assoziative Homestory des STUBE-Teams Elisabeth Steinkellners Jugendliteratur.
Wie der Abend hätte gewesen sein können ...
Ok, ich bin gar nicht da, besser gesagt, ich werde nicht da (gewesen) sein. Ich bin weg. Zum ersten Mal seit meinem persönlichen STUBE-Gedenken versäume ich einen STUBE-Freitag. Das ist Ihnen verständlicherweise Wurscht, mir aber ganz und gar nicht. (Wenigstens ist mein Wegsein in Strobl am Wolfgangsee verortet, wo man ganz fabelhaft an die STUBE denken kann, aber das ist eine andere Geschichte.)
Zum Glück geht’s diesmal um hybride Formen, und somit erlaube ich mir einen Vorstoß, quasi die Hybris, und schreibe Tagebuch über etwas, das erst kommen wird, nämlich ein aus mehreren Gründen spannender Abend, an dem es um ein Tagebuch gehen wird, das sich darüber hinaus, nämlich dass es ein Tagebuch ist, formal schwer einordnen lässt und deshalb die sehr schicke Bezeichnung Hybridwerk verpasst bekommt.
Elisabeth Steinkellner wird zu Gast sein und mit Heidi Lexe nicht nur über ihr umfangreiches Werk von Jugendroman über Bilderbuch bis hin zum Lyrikband, sondern vor allem über ihr neues Buch „Papierklavier“ sprechen, das letzten Oktober als >>>Kröte des Monats von Peter Rinnerthaler vorgestellt wurde, der wiederum den wissenschaftlichen Begriff des „fragmentarisch-fiktionalisierten Tagebuchromans mit bildästhetischer Anreicherung“ ins Rennen führte.
Für die „bildästhetische Anreicherung“ zeichnet übrigens Anna Gusella verantwortlich, die Protagonistin Maias Tagebucheinträge zum Ableben von Oma Sieglinde, zum einigermaßen zerrütteten Familienleben, zur Arbeit im Saftladen, um der kleinen Schwester Klavierstunden zu finanzieren, zu den besten Freundinnen Alex und Carla, die eigentlich Engelbert heißt, und zum erwachenden Interesse an Schulfreund Dano in blaue Pastelltöne taucht. Dabei könnte man in Betrachtungen zur Text-Bild-Interdependenz schwelgen, oder sich einfach fragen, warum es in dem schlanken Band keine Seitenzahlen gibt. Vermutlich ist das noch nicht hybrid, aber es tanzt schon etwas aus der Reihe, wenn man bedenkt, dass der realistische Jugendroman seltsamerweise mindestens zweihundert Seiten auf die Waage bringen muss, damit die Leserschaft auch genug Buch für den gebundenen Ladenpreis bekommt.
Und ob das alles wirklich so gewesen sein wird, erfahren Sie im STUBE-Card Bereich, wo der Abend wie gewohnt als >>> video-on-demand abrufbar ist. Ich bin schon gespannt!
Ein Bericht von Alexandra Holmes
Alle STUBE-Freitage und alle Video-Angebote sind im Angebot der STUBE-Card enthalten, die >>>hier bestellt werden kann.