Das Spiel ist aus.
Filmgespräch zu aktuellen Dystopien
STUBE-Freitag (am Mittwoch)
Heidi Lexe, Manuela Kalbermatten und Sonja Loidl.

Willkommen in Dystopia! Die STUBE nahm den Besuch von lic. phil. Manuela Kalbermatten, Lehrbeauftrage am Institut für Populäre Kulturen in Zürich zum Anlass, sich dem derzeit so populären Genre der Dystopie einmal umfassender zu widmen. Die Expertin für Genderfragen in der Phantastischen Literatur und Science Fiction referierte am 13. Jänner 2015 im Rahmen der Ringvorlesung "Jugendliteratur im Kontext von Jugendkultur" an der Universität Wien über eben jenes Thema und war dankenswerterweise auch bereit eine Diskussionsrunde in der STUBE am 14. Jänner 2015 zu post-apokalyptischen und dystopischen Szenarien im Film für Interessierte zu begleiten.
Als Einstieg boten Heidi Lexe, Christina Ulm und Peter Rinnerthaler einen Streifzug durch die Filmgeschichte mit Schwerpunkt auf Dekonstruktion, Figuration und Zivilisation in Future Fiction: Anhand zahlreicher Filmplakate und -ausschnitte zeigte sich, dass die Welt schon lange und immer wieder (bildgewaltig) im Untergehen begriffen ist: Spätestens seit „Fahrenheit 451“, dem ältesten präsentierten Beispiel für einen dystopischen Film, (gefolgt von „Planet der Affen“ 1968) faszinieren zerrüttete Welten – ob durch Affen, Aliens oder Menschen. In der Analyse von Filmen wie „The Day after Tomorrow“ oder „A.I. Artificial Intelligence“ stellten sich brennende Fragen: Wenn die Freiheitsstatue (Hollywoods Paradesymbol für Zivilisation) fällt, wenn Bücher zum Brennmaterial verkommen, wenn jedes Gesetz seine Gültigkeit verliert, was wird dann aus der Gesellschaft, aus Kultur, aus Menschheit? In vielen Filmen entsteht sie neu, aus der Asche (oder dem Eis) dessen, was noch übrig ist, und wird zum „schlimmsten möglichen Ort“ – der Dystopie.
Manuela Kalbermatten gab daraufhin eine grundlegende Einführung in die unterschiedlichen Subgattungen des Genres und zeigte den Variantenreichtum zwischen Apokalypse, Cyborg-Roman und Dystopie.
Darauf aufbauend wurden die Filme (und Bücher) zur Diskussion gestellt. „Die Tribute von Panem“, „Divergent“ oder „The Maze Runner“ nehmen filmisch den Trend auf, der seit einigen Jahren auch die Jugendliteratur bestimmt und vor allem auch in Hinblick auf die Frauenfiguren und ihre Inszenierung spannend scheint: Die Heldinnen dieser Romanverfilmungen kämpfen nicht um die Rettung der Welt, sondern um den Fall des Systems, das sich nach der Zerstörung dieser Welt erhoben hat. Die Fragen des Wie und Wer der einstigen Apokalypse rücken zunehmend in den Hintergrund. Interessanter – das zeigte sich in der lebhaften Diskussion – ist, ob und wie die Dystopie beendet werden kann, welche Rollen konventionelle Werte wie Familie darin spielen und welchen politischen Anspruch Dystopien eigentlich verfolgen.
Peter Rinnerthaler, Sonja Loidl und Johannes Sinabell, Leiter des Referats für Weltanschauungsfragen der Erzdiözese Wien.
Die Veranstaltung fand im Anschluss an die Lehrveranstaltungseinheit zu Genderaspekten in Dystopien im Rahmen des Proseminars „Phantastische Welten in der Jugendliteratur“ (Leitung Dr. Sonja Loidl) in der STUBE statt.
Medienauswahl:
Planet der Affen. Film v. Franklin J. Schaffner. Drehbuch v. Michael Wilson und Rod Serling. 107 min. USA 1968.
Gabrielle Zevin: Bitterzart. Aus dem Amerikan. v. Andrea Fischer. Frankfurt am Main: Fischer 2013.
Flowchart: Is it Dystopia? Online unter: http://www.embowman.com/2011/is-it-dystopia/
Fahrenheit 451. Film v. François Truffaut. Großbritannien 1966. 109min.
A.I. – Künstliche Intelligenz (OT A.I. – Artificial Intelligence) Film v. Steven Spielberg. USA 2001. 146min.
The Day After Tomorrow. Film v. Roland Emmerich. Mit Dennis Quaid, Jake Gyllenhaal u. Emmy Rossum. USA 2004. 118min.
Holly-Jane Rahlens: Everlasting – Der Mann, der aus der Zeit fiel. Aus d. Engl. übers. v. Ulrike Wasels u. Klaus Timmermann. Wunderlich 2012.
Bernard Beckett: Das neue Buch Genesis. Aus dem Engl. v. Christine Gallus. script5 2009.
Bernard Beckett: Genesis. Houghton Mifflin Harcourt 2006.
Suzanne Collins: The Hunger Games / Catching Fire / Mockingjay. Scholastic 2008 / 2009 / 2010.
Suzanne Collins: Die Tribute von Panem: Tödliche Spiele / Gefährliche Liebe / Flammender Zorn. Aus d. Engl. übers. v. Sylke Hachmeister u. Peter Klöss. Oetinger 2009 / 2010 / 2010.
Die Tribute von Panem – The Hunger Games (OT The Hunger Games). Film v. Gary Ross. USA 2012. 142min.
Die Tribute von Panem – Catching Fire (OT The Hunger Games: Catching Fire) Film v. Francis Lawrence. USA 2013. 146min.
Die Tribute von Panem – Mockingjay Teil 1 (OT The Hunger Games - Mockingjay : Part 1) Film v. Francis Lawrence. USA 2014. 123min.
Veronica Roth: Divergent / Insurgent / Allegiant. Katherine Tegen Books 2011 / 2012 /2013.
Veronica Roth: Die Bestimmung / Die Bestimmung – Tödliche Wahrheit / Die Bestimmung – Letzte Entscheidung. Aus d. Engl. übers. v. Petra Koob-Pawis. Goldmann 2013/ cbt 2014 / Goldman 2014.
Die Bestimmung – Divergent (OT Divergent) Film v. Neil Burger. USA 2014. 139min.
James Dashner: The Maze Runner / The Scorch Trials / The Death Cure. Delacorte Press (Random House) 2009 / 2010 / 2011.
James Dashner: Die Auserwählten: Im Labyrinth / In der Brandwüste / In der Todeszone. Aus d. Engl. übers. v. Anke Caroline Burger. Carlsen 2011 /2011 / 2012.
Maze Runner – Die Auserwählten im Labyrinth (OT The Maze Runner) Film v. Wes Ball. USA 2014. 113min.