STUBE-Freitag am 22. März 2024: Sonne, Mond und Sterne
Zu Gast: Melanie Laibl und Stella Dreus
„Hell und Dunkel“ werden an den STUBE-Freitagen dieses Sommersemesters unter die Lupe genommen. Da die eingeschworene STUBE-Community weiß, dass hier alles andere als im Trüben gefischt wird, ist bereits zum Auftakt der Seminarraum wieder bis auf den letzten Platz gefüllt: Autorin Melanie Laibl und Illustratorin Stella Dreis haben nicht weniger als „Sonne, Mond und Sterne“ im Gepäck, um im Werkstattgespräch mit Heidi Lexe über ihr gemeinsames und individuelles Schaffen zu sprechen.
Beide Künstlerinnen sind thematisch und formal auf sehr verschiedenen Pfaden unterwegs, ihre Wege kreuzten sich 2023 beim Österreichischen Kinder- und Jugendbuchpreis, wo sie für unterschiedliche Bücher ausgezeichnet wurden, und nun ist im Herbst 2023 das erste gemeinsame Buch erschienen: „Wie ich die Welt mir träume".
Das Stimmungsbarometer für den Einstieg stammt von Stella Dreis, auf deren >>> Website sich „Selfies“ aus mehreren Jahren finden: sie zeigen einen sitzenden, schlanken Körper in fließendem Gewand, der jedes Mal einen anderen Kopf (oder was man dafür halten möchte) „aufhat“. Sinnbildlich stehen sie für viele bewegungslose Stunden am Schreibtisch, in denen im Kopf dennoch viel passiert. Auch Melanie Laibl verrät ein liebgewonnenes Ritual, das ihr hilft, sich zu sortieren: Tagebuch schreiben erdet und gibt Struktur. Außerdem ist sie in jedem ihrer Projekte eine leidenschaftliche Sammlerin von Dingen, die sich erst nach und nach ihren Platz im Buch erwirken.
Am Beispiel von „Was macht die Nacht?“ (Text von Dirk Gieselmann) erzählt Stella Dreis, dass sie in jede Geschichte „ohne Visionen“ hineingeht, „als ob ich Schatten fange“. Sie lässt die Poesie aus den kleinen, alltäglichen Dingen kommen, die sich zwischen Realität und Imagination zunächst zu verstecken scheinen, bis sie sich in Pastell, Buntstift, Bleistift oder digital offenbaren. Dafür hilft kein Plan für das Buch, sondern „man muss sich auf die Lauer legen“. Andererseits hat sie bei „Piepmatz macht Wald aus euch!“ (Text von Michael Stavarič) mithilfe von Panels und Rahmen die Bildebene derart eingefasst, dass sie dem durchgeknallten Text als Gegengewicht begegnet.
Im Gegensatz dazu weiß Melanie Laibl sehr genau, wie man den knappen Raum von zwölf Doppelseiten im Bilderbuch streng strukturiert befüllen muss, damit man sich nicht verzettelt. „keep it small and simple“ gilt da genauso wie „kill your darlings” und ein Storyboard ist ebenso gnadenlos wie hilfreich.
Mit „WErde wieder wunderbar. 9 Wünsche für das Anthropozän“ und „Unsere wunderbare Werkstatt der Zukünfte. 99 Ideen fürs Anthropozän“ hat sie einerseits ein Mutmachbuch und andererseits ein Mitmachbuch vorgelegt, die im Doppelpack am besten ihre Wirkung entfalten, denn den neun Wünschen entsprechen jeweils elf Ideen, die von der Angstmache weg hin ins Tun führen. Melanie Laibl gesteht einen gewissen Hang zur „Konzeptverliebtheit“ ein, erklärt aber auch, dass die Hybridform erzählendes Sachbuch im Faktualen wenig Freiraum für Assoziatives bietet, dafür aber in der Illustration ein bisschen ausscheren darf.
„Wie ich die Welt mir träume“, das Gemeinschaftsprojekt von Melanie Laibl und Stella Dreis, steht dazu in fantasievollem Kontrast, wie die anschließende Lesung demonstriert. Und hier gilt umgekehrt: Je mehr Fantasie in der Geschichte steckt, umso genauer müssen beispielsweise die abgebildeten Tiere recherchiert sein. Erst dann kann man sich über die Realität hinwegsetzen. So bleibt der Blick auf eine Welt ohne Menschen offen ebenso wie die Fragen nach Utopie oder Dystopie? Perspektivenwechsel oder gespiegelte Traumwelt?
Sonne, Mond und Sterne haben diesen STUBE-Freitag, der in Kooperation mit dem G&G-Verlag stattfand, bis zum Ausklang am Buffet begleitet.
Das Video on demand ist hier für >>> STUBE-Card-Abonnent*innen ab dem 26. März 2024 zugänglich.
Bericht von Alexandra Holmes