STUBE-Freitag am 14. Juni 2024: Licht & Schatten
Battle of the Books. Neuvorstellungen mit dem STUBE-Team
Pünktlich, ja eigentlich punktgenau zum Beginn der Fußball-EM, flogen auch in der STUBE die Fetzen, aber nicht die „Fetzenlaberln“, wie man das runde Leder, den Fußball auf Wienerisch nennt, sondern eher eckige, papierene Dinge, also Bücher, die auch nicht tatsächlich durch den Seminarraum gefetzt wurden, sondern sich eher auf inhaltlicher Ebene hinsichtlich ihrer Präsentation dem sportlichen Wettkampf stellten.
Nach dem Erfolg aus dem letzten Jahr mussten die STUBE-Battles 2024 unbedingt in die nächste Runde gehen. Die Teams Licht und Schatten traten gegeneinander an und gaben in vier Einzelbattles aktuelle Neuvorstellungen zum Besten. Abwechselnd wurden Themen und Gegenthemen gewählt. Elisa Klemmer, als unerbittliche, mit Glocke ausgerüstete Schiedsrichterin, überwachte den knappen Zeitrahmen von nur zehn Minuten, in dem jeweils zwei Bücher vorgestellt wurden. Team Schatten im gewohnten STUBE-Schwarz bildeten Alexandra Hofer und Carmen Schiestek, die sportlich genug waren, ihre technische Überlegenheit beim Bedienen hinterhältiger Powerpoints nicht auszuspielen. Team Licht bestand aus Heidi Lexe mit dezentem Orange auf (unvermeidlich) schwarzem Hintergrund und Kathrin Wexberg im orangen T-Shirt, das ob der ungewohnten Farbe das Potential für Lebenskrisen und Verzweiflung in sich trug.
Die erste Runde eröffnete Team Schatten mit dem Thema Schatten, die länger werden, und Getier. Dabei wurde das Publikum mit dem „Dingsdibum Ding“ (Kathleen Dohoerty, Kristyna Litten) konfrontiert, in dem ein kleiner Bär bei Nacht alles nur nicht schlafen möchte. Die Ansammlung diverser Komposita aus „Dingsbums“ und anderen kindlichen Wortschöpfungen in ihrer Wirkung auf das Publikum polarisierend zu nennen, grenzt an eine Untertreibung. Der „Schlummerang“ (Nils Mohl) stellte ebenfalls die Gretchenfrage nach dem Schlafengehen und kam wie das erste Dings, eh Buch, zum selben Schluss, nämlich dass die Protagonist*innen doch noch einschlafen.
Team Licht konterte mit Pferdebüchern und zunächst einer Finte in Form des vom Sensenmann heimgesuchten und deshalb zum Geisterpferd gewordenen Klappergauls in „Murr“, das ansonsten gar nicht wirklich vorgestellt wurde, sondern bloß den Weg für „Pony“ (R. J. Palacio) bereiten sollte. In dem Hybrid aus Western und Geistergeschichte ging es nach Erklärungen zu Silas und seinem Vater, der auf ungewisse Zeit wegmusste, ebenfalls um Untote ohne Körper und ein Geisterpferd, mit dem sich Silas auf die Suche nach dem Vater macht. Ganz historisch wurde es danach mit „Gras unter meinen Füßen“ (Kimberly Brubaker Bradley), das neben der Bedeutung des Pferdes Butter für die Protagonistin vom England zur Zeit des zweiten Weltkriegs und den Evakuierungen der Kinder aufs Land erzählt.
In der zweiten Runde machte Team Licht starke Frauen im historischen Kontext zum Thema und präsentierte „Codename Verity“ (Elisabeth Wein), das wieder nach Großbritannien und in den zweiten Weltkrieg führt und aus zwei unterschiedlichen Perspektiven von Kampf, Widerstand, Opferbereitschaft und tiefer Freundschaft zweier Frauen erzählt. „Der Rosengarten“ (Kathrin Steinberger), so druckfrisch, dass es an diesem STUBE-Freitag zum ersten Mal öffentlich besprochen wurde (!), führte schließlich in die Zeit des ersten Weltkriegs und zu Fragestellungen, die nicht nur den Krieg, sondern auch Klasse und Armut oder Geschlechterrollen behandeln.
Team Schatten wusste der Historie unendliche Tiefen und die Frage nach dem Ursprung entgegenzustellen und auf unterschwellige Weise das Publikum zu seinen Gunsten zu beeinflussen, denn der Preis für jede Antwort, egal ob richtig oder falsch, waren Gummibärchen, Gummidrachen, Gummischlangen…. die das Quiz zu „Unterirdische Wunderwelten“ (Claudia Lieb, Volker Mehnert) und „Geniale Ohren“ (Lena Anlauf, Vitali Konstantinov) zur Nebensache machten und das Voting wieder zugunsten von Team Schatten lenkten.
Runde drei brachte ein neues Wettbewerbsformat, mit dem Team Licht gewaltig punkten konnte: PowerPoint-Karaoke! Jedes Team musste zu einer vom anderen Team vorbereiteten und geheim gehaltenen PowerPoint-Präsentation spontan einen Vortrag halten, was zur kaum überraschenden, aber um nichts weniger erfreulichen Erkenntnis führte, dass das STUBE-Team höchst kompetent und unbeschreiblich lustig zu wirklich jedem Buch etwas zu sagen hat.
Runde vier brachte zum Thema innere Schatten und Hilfe von oben eine weitere Neuerung: Team Licht setzte den ersten Joker in der Battle-Geschichte ein und bat Ryan Hennawi,
islamischer Religionspädagoge und Fernkursteilnehmer, um seine Expertise zu Djinns, die in „This Woven Kingdom“ (Tahereh Mafi) im Spannungsfeld zwischen gefallenem Engel, Iblis und Teufel eine bedeutende Rolle spielen. Team Schatten konnte es auch mit der Hilfe seines „ziemlich seltsamen Freundes Walter“ (Sibylle Berg, Julius Thesing) nicht verhindern, dass dieser Punkt wieder an Team Licht ging und es somit zwei zu zwei stand.
Die fünfte und letzte Runde hätte – siehe ungerade Zahl; vergleiche Sätze im Tennis etc. – eigentlich den Zweck erfüllen sollen, bei Gleichstand eine Entscheidung herbeizuführen, aber auch hier gab es eine Neuerung. Mit dem Thema Gegenbild zum Albtraum Deutsche Bahn und der Präsentation von „Ida, Chris und Emil im Zug“ (Sarah Michaela Orlovsky, Michael Roher) und „Alle reisen“ (Kristen Roskifte) konnte Team Licht die Hälfte der Stimmen ergattern. Für das Thema tödliche Liebe und die Präsentation von „Belladonna“ (Adaly Grace) zückte auch Team Schatten einen Joker in Gestalt von Frieda Weixlbaumer, die im Video einer live-Zeichnung zu synchroner Lesung Einblicke in die Entstehung von Fan-Art gab und die andere Hälfte der Stimmen sicherstellte.
Sapperlot! Unentschieden! Den Pokal bekamen alle zusammen, und die UEFA platzt jetzt schon vor Neid.
Beim anschließenden Buffet gab es zwar neben anderen Köstlichkeiten auch Falafeln, aber niemand wollte sie für ein doch noch entscheidendes Elf-Meter-Schießen missbrauchen.
Dieses war der letzte STUBE-Freitag im Sommersemester 2024.
Allen sommerlich Urlaubenden eine schöne erholsame Zeit!
Ein Bericht von Alexandra Holmes
Literaturliste
Team Schatten
Claudia Lieb/ Volker Mehnert: Unterirdische Wunderwelten. Grotten, Tunnel, Tropfsteinhöhlen. Gerstenberg 2024.
Lena Anlauf und Vitali Konstantinov: Geniale Ohren. Eine kuriose Tiersammlung. NordSüd 2024.
Kathleen Dohoerty und Kristyna Litten. Das Dingsdibum Ding. Sus d. Engl. v. Uwe-Michael Gutzschhahn. Thienemann 2024.
Nils Mohl und Sabine Kranz: Der Schlummerrang. Tyrolia 2024
Karen Köhler: Himmelwärts. Mit Bildern v. Bea Davies. Hanser 2024.
Sibylle Berg und Julius Thesing: Mein ziemlich seltsamer Freund Walter. SAUERLÄNDER 2024.
Adalyn Grace: Belladonna. Aus d. Engl. v. Petra Knese. arsEdition 2024.
Leslie Niemöller und Liliane Oser: Die Gurkentruppe. Moritz 20204.
Team Licht
R. J. Palacio: Pony. Aus d. Engl. v. André Mumot. Hanser 2024.
Kimberly Brubaker Bradley: Gras unter meinen Füßen. Das Jahr, als ich leben lernte. Aus dem Engl. v. Beate Schäfer. dtv 2024.
Laura Sebastian: Thrones and Curses. Aus dem Engl. v. Petra Koob-Pawis. cbj 2024.
Tahere Mafi: This Woven Kingdom. Aus d. Engl. v. Barbara Ingrund. cbj 2024.
Elizabeth Wein: Codename Verity. Aus dem Engl. v. Petra Koob-Pawis. dtv 2024.
Kathrin Steinberger: Der Rosengarten. Rosa, der Krieg und das Niemandsland. Tyrolia 2024.
Angeline Boulley: Warrior Girl Unearthed. Aus d. Amerikan. v. Claudia Max / Petra Bös. cbj 2024.
Kristen Roskifte: Alle reisen. Gerstenberg 2024.
Sarah Michaela Orlovský und Michael Roher: Ida, Chris und Emil im Zug. Tyrolia 2024.
Elin Hägg: Sex. Mit nackten Tatsachen durch die Kulturgeschichte. Aus d. Schwed. v. Katharina Erben. Klett Kinderbuch 2024