Jungbrunnen 2024.
32 S.

Heinz Janisch und Helga Bansch: Auf dem Weg

Bei dir angekommen, vieles mitgenommen …

Eine Maus wird auf die Reise geschickt, aber wie so oft ist auch in diesem Bilderbuch von Heinz Janisch und Helga Bansch nicht zwingend nur das Ziel der wichtige Teil einer Reise, sondern durchaus auch der Weg dorthin, auf dem man so manchen Gestalten begegnet, mit sich selbst ins Gespräch kommt und über sich hinauswächst.

Verdichtet auf ein Wort pro Seite zeigt der Hans-Christian-Andersen-Preisträger, wie wenig es braucht, um eine Reise nachzuzeichnen. Ein Wort, von dem ausgehend eine Welt eröffnet wird, die dazu einlädt, innezuhalten, zu träumen, aber auch dem Transzendenten nachzuspüren. Dabei korrespondieren je zwei Doppelseiten miteinander durch aufeinander bezogene Reimwörter: Ob Ritterglanz und Elfentanz oder Urwaldwiese und Nebelriese. Dadurch wird das Moment des Umblätterns zentral und lädt Leser*innen ein, das nächste Reimwort gemeinsam zu ersinnen und weiterzudenken.

Auf diese wenigen Wörter heruntergebrochen zeigt sich das lyrische Können, das sich über das gesamte Bilderbuch hinweg entspinnt und das von Helga Bansch einmal mehr in gewohnter, nicht minder beeindruckender Manier in Szene gesetzt wird. Wo der Autor einen Raum öffnet, füllt ihn die Illustratorin mit Szenerien in unterschiedlichen Farben und Formen, in denen die rotnasige Maus mit rotem Rucksack ausgestattet unterschiedlichen Tieren begegnet: Mal in gedeckten Farben mit eindeutigen Konturen, dann wieder nur nebulöse Umrisse eines Schattens. So lotet Bansch die unterschiedlichen Emotionen auf einer Reise ebenso aus wie die Vielgestaltigkeit der Natur und Lebewesen, die diese bevölkern. Ebenso divers sind auch die Fortbewegungsmittel der Maus: im Boot, zu Fuß, auf dem Fahrrad, hoch zu Schwein weiß sich das Mäuschen von links nach rechts durch den Bildraum und damit der Leserichtung entsprechend fortzubewegen. Dabei begegnen ihr immer wieder Figuren, die in die entgegengesetzte Richtung unterwegs sind und dieserart mit der Blickrichtung brechen. Und damit wird auf einen zentralen Moment des Bilderbuchkunstwerks verwiesen: das Innehalten. In der Bewegung, im Lesen, im Tun. Sich Zeit zu nehmen und – mit einer spirituellen Intention gelesen – den Blick für die Umgebung zu öffnen, die Schöpfung wahrzunehmen und ihrer Vielfalt nachzuspüren.

Am Ende der Reise wartet die Freundin Henne auf die mutige Reisemaus und lauscht dem Erlebten. Bei dir angekommen, vieles mitgenommen … heißt es und am unteren Bildrand breitet sich eine Fülle an Reisesouvenirs aus, die im Bilderbuch mit genauem Blick auf den Doppelseiten gefunden werden können. Damit verweist das Bild auf die Qualität der Reise, auf den inneren Prozess, der von statten geht und auch auf das Über-sich-hinauswachsen, wenn man sich auf den Weg durchs Unbekannte macht. Immer in dem Wissen, dass am Ende jemand auf einen wartet – figurativ sowie spirituell gedacht.

Alexandra Hofer

 


 

 

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