edition a 2024.
144 S.

Maximilian Hauptmann und Teelke Limbeck: Die Konferenz der Vögel

Ihr habt Flügel, um zu fliegen.
Wollt ihr sie denn nicht nutzen?

Ein besonderer Wald und ein besonderer Tag, um auf einen besonderen Vogel zu warten. Es ist der Tag der jährlichen Konferenz der Vögel und dieses Jahr soll der Wiedehopf endlich von seiner Suche nach dem König der Vögel zurückkehren und den anderen Vögeln davon berichten.

Basierend auf einem Sufi-Märchen aus dem 12. Jahrhundert erzählt der Philosoph Maximilian Hauptmann die Parabel neu, in der von einem paradiesischen Ort, an dem der sagenumwobene König der Vögel leben soll, erzählt wird:

Er lebt auf ein dem Gipfel des höchsten Berges. Nirgendwo ist die Luft so klar. Dort trägt der Wind die Vögel, sie brauchen nur ihre Flügel auszustrecken. Es gibt eine Wasserquelle, die niemals austrocknet, und Bäume, die immer Früchte tragen. […] Doch vor allem ist er gerecht und weise.

Und dieser Ort will natürlich gefunden sein: Aber nicht das Ziel steht hier im Zentrum, sondern vielmehr die Reise von zehn Vögeln dorthin, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Von der kleinen Bienenelfe über den eitlen Schwan, dem bunten Papagei bis zum stolzen Adler reicht die Reisegesellschaft, die sich – immer dem Wiedehopf folgend – auf den Weg und damit die Suche nach dem König der Vögel macht. Und sich damit auch auf die Suche nach dem eigenen Selbst begibt.

In getragenem Sprachrhythmus wird von den gefiederten Protagonist*innen erzählt, die einander, aber vor allem sich selbst kennenlernen. Metaphorisch werden dabei individuell gezeichnete große Ängste und Sorgen auf Tapet gebracht und gemeinsam Lösungsansätze erarbeitet. Der Wiedehopf fungiert dabei einerseits als Flugleiter, andererseits aber auch als philosophischer Begleiter, wenn er die Vögel bei der Überwindung der eigenen Ängste unterstützt. All das geschieht eingebettet in philosophische Fragen, die als Zweifachadressierung gelesen werden können: Einerseits sollen sie innertextlich an den König der Vögel gestellt werden, wenn er denn endlich gefunden werden kann und andererseits laden sie außertextlich dazu ein, selbst ins Philosophieren und Theologisieren zu kommen. So stellt sich etwa die Nachtigall die Frage, für wen sie ihre Lieder singt, während der Schwan darüber sinniert, ob es seine äußerliche Schönheit braucht, um bemerkt zu werden, oder waren es vielleicht seine Gedanken, Gefühle und Träume, die ihn so hell erstrahlen ließen?

Das quadratisch bibliophil aufgemachte Buch mit Liebe zum Detail besticht aber nicht nur durch den philosophischen Text, der die transzendente Ebene eines höheren Wesens mitdenken lässt, sondern vor allem auch in der aufwändig gestalteten Illustrationsform der deutschen Grafikdesignerin und Illustratorin Teelke Limbeck. Sie nutzt für die Inszenierung der Vögel, deren Flugbahnen und die besondere Atmosphäre dieses Buches Buntstiftanspitzreste. Mithilfe dieser entstehen in einem Zusammenspiel mit Buntstiftillustrationen auf unterschiedlich farbigem Papier dynamische Bilder, die den Eindruck von Schwebezuständen erwecken und zugleich in die Tiefe gehen. Schwebezustände und Tiefen, die auch auf der textlichen Ebene stets mitschwingen, wenn das eigene Selbst ergründet und die innere Kraft und Schönheit entdeckt wird. Zudem transportieren die Farbpigmente […] sowohl die Leichtigkeit und Dynamik als auch die bunte Vielfalt der Vögel, wie sie auf ihrer >>> Website schreibt.

So gelingt ästhetisch innovativ und sprachlich metaphorisch ansprechend eine philosophische Annäherung und Begegnung mit der (eigenen) inneren Spiritualität, die darauf abzielt, dass es häufig nicht viel braucht, als den Glauben daran, dass etwas Gelingen kann. Gemeinsam. Aber auch allein.

Alexandra Hofer


 

 

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