Religiöses Buch im Sommer 2016
Christine Fehér: Anders frei als du. München: cbt 2016.
Transkulturalität begegnet einem in täglichen Leben, sei es durch fremde Sprachen im öffentlichen Leben und Personen, die man auf der Straße trifft und offensichtlich einer anderen Religion angehören. In diesem gesellschaftlichen Spannungsfeld spielt der neue Jugendroman von Christine Fehér, in dem sich die 16-jährige Protagonistin Malina zwischen verschieden Kulturen und Religionen, der Selbstfindung und dem Problem des Erwachsenwerdens wiederfindet.
Malina glaubt nicht an Gott, nicht an Allah und auch ansonsten an keine göttliche Macht und definiert sich selbst als Atheistin. Durch den türkischen Jungen Tarik – mit dem sie eine Beziehung eingeht – kommt sie erstmals, abgesehen von anderen muslimischen Mitschüler*innen, in Berührung mit dem Islam, der mehr zu sein scheint, als Moschee, Kopftuch und ewiges Beten in Richtung Mekka. Sie ist begeistert und gleichzeitig fasziniert von dem familiären Zusammenhalt, den Ritualen und fühlt sich dort von Beginn an wohl. Nach dieser ersten Begegnung beginnt die Auseinandersetzung mit verschiedenen Religionen mit dem Resultat, dass Religion doch jeden etwas angehen kann, wenn man es nur zulässt. Der Diskurs zeigt nicht nur die Unterschiede, sondern vor allem auch die Gemeinsamkeiten der Weltreligionen auf und es werden auch weniger bekannte Seiten der monotheistischen Religion Islam behandelt.
Die Umorientierung des Inneren der Protagonistin beginnt, die ihr Leben zwar liebt, sich aber doch immer etwas verloren gefühlt hat – die Auseinandersetzung mit dem Glauben scheint diese Leere füllen zu können. Durch die Reflexion des eigenen Lebens in Verbindung mit der Entdeckung einer neuen Welt und in weiterer Folge eines neuen
Ichs entwickelt sich eine „neue“ Malina. Begleitet von den fünf Säulen des Glaubens (Beten, Pilgerreise, Almosen, Glaubensbekenntnis und Fasten) werden die persönlichen Grenzen ausgelotet, wobei der Argwohn des Umfelds nicht ausgeblendet bleibt. Familie und die engsten Freundinnen und Freunde reagieren mit Ablehnung respektive Unverständnis und werden ebenso herausgefordert wie Malinas Durchhaltevermögen im Fastenmonat Ramadan. Der Prolog, der eine Diskussion der Klasse in Malinas Abwesenheit behandelt, zeigt die klischeehafte Einstellung der Gesellschaft, welcher Stück für Stück entgegengewirkt wird. Der Standpunkt des Christentums wird durch die Cousine Hanna verkörpert, die der Hauptfigur immer wieder Paroli bietet. Durch ihr Eingehen auf die grundlegenden Werte des Christentums kommt es zu einer Konfrontation – nicht nur zwischen den Religionen, sondern vor allem auch zwischen den Cousinen. Im Selbstexperiment versucht sich Malina schließlich in den muslimischen Praktiken, bis es schließlich zum Umbruch kommt – sie konvertiert zum Islam.
هللا لوسر ادمحم أنّ دهشأو هللا الإ هلإ ال نأ دهشأ (dt. „Ich bezeuge, dass es keine Gottheit außer Gott gibt und dass Mohammed der Gesandte Gottes ist“)
Und damit scheint der Bruch mit ihrem Umfeld perfekt und die Konfrontation beginnt von neuem.
Alexandra Hofer
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