Barry Jonsberg: Das Blubbern von Glück. Aus dem Engl. von  Ursula Höfker. München: cbt 2014.

Die Fülle dessen, was es zu erzählen gibt, zu systematisieren, ist die Herausforderung jedes literarischen Textes. Die Fülle dessen, was das Leben an schönen und schwierigen Erfahrungen birgt, zu systematisieren, ist gerade für jene Kinder und Jugendliche eine Herausforderung, die anders sind – ob nun im Sinne einer eindeutigen Diagnose autistisch oder eben einfach anders. In diesem Roman des australischen Jugendbuchautors Barry Jonsberg kommen diese beiden Herausforderungen zusammen und führen zu einer erzählerischen Besonderheit, die wohl an die Übersetzerin besondere Anforderungen stellte: Einer Schreibaufgabe ihrer Lehrerin folgend gliedert die 12jährige Ich-Erzählerin Candice, deren Eigenartigkeit eben nicht eingeordnet wird, ihren Bericht nämlich kapitelweise von „A wie Aufsatz“ bis „Z wie Zeitenwende“. Als in ihrer Klasse plötzlich Douglas, der glaubt, aus einer anderen Dimension zu sein, auftaucht, ist das ihr erster freundschaftlicher Kontakt seit langem:
„Ich war einmal zu einer Geburtstagsfeier eingeladen, als ich sechs war, doch ich erinnere mich an nichts mehr. Nach Mums Aussage weigerte ich mich zu sprechen, saß die ganze Zeit unter einem Baum und flüsterte den Würmern im Erdboden etwas zu. Ich war jedenfalls NICHT der Mittelpunkt der Feier, auch wenn die Würmer meine Gesellschaft möglicherweise genossen haben. Gewissheit habe ich darüber nicht. Sicher ist nur, dass mich danach alle menschlichen Wesen als hoffnungslosen Fall abschrieben.“
Aus Candices Sicht hingegen sind es ihre Eltern, die sich nach einigen Schicksalsschlägen tief in die Hoffnungslosigkeit verstrickt haben. Und in ihrer bei aller Skurrilität auch sehr tatkräftigen Art beschließt sie, daran etwas zu ändern und das Glück zurück in ihre Familie zu holen. Mit ihrem Bemühen, bei allen eigenen Schwierigkeiten andere glücklich zu machen, steht Candice in einer langen literarischen Tradition erlösender Kinder – selten aber haben diese dabei wie sie mit aufblasbaren Brüsten, experimentell gekochtem Jambalaya und einer Augenklappe zu tun. Ein wie seine Hauptfigur besonderes Leseerlebnis für Kinder ab etwa 11 Jahren, auf das wie selten das Attribut „tragikomisch“ zutrifft.

Kathrin Wexberg

>>> hier geht es zu den Religiösen Bücher 2014