Religiöses Buch im August 2013
Peter Turrini: Manchmal ist ein Fasan eine Ente. Gespräche mit Theresa. Ill. v. Gerhard Haderer. Wien: Jungbrunnen 2013.
Wenn ein vierjähriges Mädchen mit trotziger Miene die Behauptung, dass es sich beim einem beobachteten Tier auf der Wiese sowohl um eine Ente als auch um einen Fasan handle, mit den Worten „Geht aber schon.“ untermauert, könnte von kindlicher Dickköpfigkeit gesprochen werden. Theresa, die Protagonistin dieses Bilderbuches, mag zwar eine renitente Haltung gegenüber ihrem im schwarzen Anzug auftretenden Begleiter „Peter-Ini“ einnehmen, überführt die Gespräche mit Sätzen wie „Manchmal ist eben ein Fasan eine Ente.“ auf eine kontemplative Stufe, die die wortgewandte Bilderbuchfigur Peter Turrini auch einmal wortlos zurücklässt.
Die charakterstiftende Figurenzeichnung des verständnisvollen Erwachsenen, die durch das breite Kinn, der geschwungenen Haarwelle und der ausladenden Nasenspitze einerseits und der fragenden Haltung mit dem über den oberen Rand der Brille hinweg gerichteten Blick und den galant übereinandergeschlagenen Beinen illustriert wird, bildet auf der bildlichen Ebene die Projektionsfläche der kindlichen Fragestellungen. Die von Gerhard Haderer ebenfalls mit Tusche ausgeführte kindliche Figur namens Theresa wird jedoch bunter koloriert und tritt in den knapp 20 Gesprächen als farbenfroher Kontrapunkt auf, der sich auch auf sprachlicher Ebene widerspiegelt. Konventionen des Alltags, Naturgesetzte oder Wortbedeutungen werden im Dialog oft subjektiviert bzw. unhinterfragt umgedeutet oder an anderer Stelle für eigene Erkenntnisprozesse allegorisch wieder aufgegriffen. In runden Sprechblasen stellt Theresa über das älter werden fest: „Wenn man kein Baby mehr ist, geht das ganz schnell.“ oder gegen die Kälte ankämpfend: „Ich umarme den Wind. Damit er nicht zu traurig wird, weil ich ihn gehaut hab.“
Alternierende Farbpaletten grenzen die unzusammenhängenden Gespräche formal voneinander ab, wodurch die Kolorierungen der Szenerien, der Panelrahmen und der Figuren die Gemütslage ihrer selbst wiedergeben. Die Palette der besprochenen Themen ist ebenso breit angelegt und so kann über die strenge Kindergartentante, über Politik oder zu langen TV-Konsum genauso diskutiert werden, wie über die Taufe der kleinen Schwester, über den Umgang mit eigenen Ängsten und über die Beerdigung von Frau Hofbauer.
Am Ende bleibt die Erfahrung, dass man sich viele Fragen gestellt und einige Antworten gefunden hat. Aber es bleibt auch die Gewissheit, dass es jemanden gibt, der einem zuhört und die Erkenntnis, dass man ihn deswegen gern hat; auch wenn man ihm das ganz genau erklären muss: „Du bist mir gerade auf den Fuß gestiegen und ich hab nicht geweint. Sonst wein ich immer, wenn mir wer auf den Fuß steigt.“
Peter Rinnerthaler
>>> hier geht es zu den Religiösen Bücher 2013