NordSüd 2024.
114 S.

Torben Kuhlmann. Earhart

M*MINT, Think MINT und die MINT-Girls-Challenge – mittlerweile gibt es zahlreiche Initiativen, die sich kreativ und umfassend darum bemühen, Mädchen den MINT-Bereich schmackhaft zu machen. So ist es nur folgerichtig, dass auch Erfolgsautor und -illustrator Torben Kuhlmann im mittlerweile fünften Band seiner Mäuseabenteuer-Reihe erstmals eine weibliche historische Figur ins Zentrum stellt, seinem anhaltenden Interesse für die Fliegerei entsprechend Flugpionierin und Frauenrechtlerin Amelia Earhart. Sie erreichte nicht nur zahlreiche Rekorde, sondern bemühte sich zeitlebens darum, Frauen „aus dem Käfig ihres Geschlechts herauszuholen“ (die wenige Jahre später formulierte Feststellung von Simone de Beauvoir, dass man nicht als Frau geboren, sondern dazu gemacht wird, quasi schon in der Praxis vorwegnehmend).

Das Grundkonzept des Buches ist ähnlich wie in seinem Debut „Lindbergh“, das vor genau 10 Jahren bei NordSüd erschien und mittlerweile in 30 Sprachen übersetzt wurde: Im Mittelpunkt steht eine anthropomorphisierte Maus mit einem Traum, hier ist es dezidiert eine Wühlmaus. Die Umsetzung dieses Traums wird in oft sepia-getönten Illustrationen und einem in kurze Kapitel gegliederten Text mitvollzogen, erst nachdem der Erzählbogen geschlossen wurde, werden im Anschluss die historischen Hintergründe des realen Vorbilds dargestellt. Bestechend ist dabei jeweils die charmante Kombination aus Abenteuerhandlung und akribisch recherchierten wissenschaftlichen Fakten, aus dem zeitlosen Thema, ein Ziel allen Widerständen zum Trotz zu verfolgen, und zahlreichen Bilddetails, die auf die konkrete historische Epoche verweisen. Das Format der Bilder ist dabei höchst variantenreich, was das Betrachten zu einem Vergnügen werden lässt: Werden einzelne Zwischenschritte in kleine weiße (Bilder-)rahmen gesetzt, gibt es Schlüsselmomente wie die Begegnung mit einem Löwen oder ein Taifun über den Pazifik in üppig kolorierten, eindrucksvollen Doppelseiten zu sehen. Neben amerikanischem Lokal-Kolorit wie einem Post Office faszinieren technische Details wie Schrauben oder Skizzen des Flugzeug-Motors.

Earharts Leben endete bekanntlich tragisch und ihr Tod ist ungeklärt, was bis heute zu wilden Spekulationen führte, die von japanischer Gefangenschaft bis hin zu Entführung durch Außerirdische reichen. Der Bilderbuch-Mäusefrau hingegen ist ein Happy End vergönnt: in einem letzten Brief an ihren Mentor, den Mäusepiloten, berichtet sie, dass ihr trotz einem gebrochenen Flugzeug-Flügel die Weltumrundung gelungen sei. Und sie habe eine jungen Menschenfrau kennengelernt, die ebenfalls von der Fliegerei begeistert sei …
Erwachsenen (Mit-)Leser*innen, die nach der inspirierenden Geschichte Lust bekommen haben, sich mit dem Leben von Amelia Earhart weiter zu beschäftigen, sei der neue Roman von Jo Lendle empfohlen: In „Die Himmelrichtungen“, 2024 bei Penguin erschienen, zeigt er erzählerisch, wie sie es verstand, sich kompromisslos Zuschreibungen zu entziehen und hinter sich zu lassen, was die Gesellschaft ihrer Zeit für Frauen vorgesehen hatte.

LESEN – SPRECHEN – TUN

LESEN – Die kurzen Kapitel eignen sich wunderbar zum Vorlesen auch in Fortsetzungen; die Auseinandersetzung mit der willensstarken Mäusepilotin kann natürlich Anlass sein, auch die bisherigen Mäuseabenteuer-Bänden zu lesen.

SPRECHEN – Zu den Lebzeiten Amelia Earharts war das Thema Fliegen mit Freiheit und der menschlichen Fähigkeit, durch technische Innovation bislang Undenkbares zu erreichen, verknüpft. Das ist heute, mit dem gestiegenen Bewusstsein für die problematischen Seiten des Fliegens vor allem in ökologischer Hinsicht anders. So kann die Geschichte auch als Anlass genommen werden, über diese Aspekte zu sprechen bzw. weiter dazu zu recherchieren.

TUN – Dem Buch beigelegt ist ein Bastelbogen, mit dem die liebenswerten Figuren auf selbst erdachte Abenteuer-Reisen geschickt werden können. Zahlreiche Materialien rund um Earhart und die Vorgänger-Bände hat der Verlag unter Die Mäuseabenteuer von Bestsellerautor Torben Kuhlmann 🐭 bereitgestellt.

Kathrin Wexberg

Nicht nur bei Torben Kuhlmann, auch in zahlreichen anderen Bilderbüchern spielen Mäuse eine wichtige Rolle. Das wurde in einem entsprechenden Skriptum der Schriftenreihe fokus genauer untersucht – Informationen und Bestellmöglichkeit finden sich >>> hier.  

 

 


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