MINT-Buch im Februar 2023

Aus dem Engl. v. Dorothea Traupe.
Gerstenberg 2022.
216 S.
Piotr Socha und Monika Utnik-Strugala: Das Buch vom Dreck
Schmutz, Dreck, Hygiene und Krankheit sind nicht unbedingt Themen, die auf den ersten Blick in die Kategorie „MINT-Buch“ passen wollen. Und dennoch ist es hier zu finden. Denn, nicht überall wo Dreck draufsteht, ist der Inhalt nur auf diesen beschränkt. Bereits im Vorwort stellt der Autor klar:
Ich möchte dieses Buch den Männern und Frauen widmen, die als Ingenieure, Konstrukteure und Erbauer von Wasser- und Abwassernetzen unser Leben durch ihre Arbeit so viel einfacher und angenehmer machen, auch wenn wir uns dessen nur selten bewusst sind.
Das polnische Künstler*innenpaar Monika Utnik-Strugara und Piotr Socha rückt in diesem großformatigen Sachbuch eine der unappetitlichsten Sachen der Erde in den Mittelpunkt: Dreck in all seinen Formen und Farben. Dabei wird ein Weg gefunden, der nicht nur überaus informativ und ästhetisch ansprechend ist, sondern immer wieder ein Schmunzeln während der Lektüre hervorruft. An den Beginn werden so beispielsweise die unterschiedlichsten Persönlichkeiten aus der Geschichte gestellt, die alle, ihren persönlichen Zugang zum Thema haben, natürlich ihrer jeweiligen geschichtlichen Epoche entsprechend. So tut Queen Elisabeth I. lakonisch kund: Ich bade einmal im Monat – ob nötig oder nicht.
Und nach diesen beiden Doppelseiten beginnt ein Streifzug durch unterschiedliche Epochen, Entwicklungsstadien und kulturgeschichtliche Einschreibungen: Die Badegewohnheiten der Römer*innen und Griech*innen sind dabei ebenso zu finden wie die Bedeutung von rituellen Waschungen und Wasser an sich in unterschiedlichen Religionen und spirituellen Strömungen oder die Rolle von Hygiene während der Pestpandemie (Die unser aller Leben dominierende Pandemie wird nur am Rande erwähnt). Aber auch gesellschaftskritische Aspekte werden verhandelt, wie Fragen nach Scham und gesellschaftlicher Schichten bzw. der Zugang zu Wasser und sanitären Einrichtungen in unterschiedlichen Ländern der Erde.
Der Sachbuchcharakter wird auch dadurch deutlich, dass dieses in sich auf andere Kapitel innerhalb desselben Buches verweist und dieserart ein ganzheitliches Bild – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – nachgezeichnet wird. Und dazwischen finden sich technische Errungenschaften, ohne die es das Toilettensystem, wie wir es heute kennen oder aber die Weltraumtoilette – die im Übrigen wie ein Staubsauger funktioniert – nicht geben würde.
Bereichert wird der informative Text von den grandiosen Illustrationen des polnischen Künstlers, der schon mit „Bäume“ und „Bienen“ begeistert hat. Ebenso wie in den anderen beiden Bänden wechseln sich hier großflächige, ganze Doppelseiten einnehmende Illustrationen mit Vignetten, die in den Text gesetzt werden, ab. Die für Piotr Socha typische Mimik und das Zusammenspiel von der vielfältigen Ausstaffierung der unterschiedlichen Figuren, die vom Pestdoktor über den Mönch bis hin zur Krankenschwester und allen Akteur*innen, die von der Antike bis heute, mit und an Hygiene tun, begeistert einmal mehr. So ist die Auseinandersetzung mit dem vermeintlich unschönen Thema Dreck nicht nur informativ, sondern illustratorisch ansprechend und amüsant, wenn die perfekte Mischung aus Hard-Facts und Fun-Facts mit der genau richtigen Portion Humor kombiniert wird.
LESEN – SPRECHEN – TUN
LESEN – Dieses großformatige Sachbuch kann in all seiner Fülle gelesen werden, es eignet sich aber ebenso dazu, einzelne Kapitel herauszugreifen und sich diese eingehender zu Gemüt führen, wie z. B. Römische Wunder der Technik, an das eine konkrete MINT-Anknüpfung hervorragend funktionieren könnte.
SPRECHEN – All die Errungenschaften, die immer wieder in „Das Buch vom Dreck“ zu finden sind, beeinflussen unser Leben auch heute. Im Gespräch kann herausgearbeitet werden, welche Abwassersysteme, Sanitäreinrichtungen uvm. bekannt sind und welche technischen Voraussetzungen dafür von Nöten sind.
TUN – Einzelne Beispiele können Anreiz sein, sich ganz aktiv mit einem Themengebiet zu beschäftigen. Wie funktioniert zum Beispiel ein Aquädukt genau?
Alexandra Hofer
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