Klett Kinderbuch 2023.
48 S.

Saskia Pape: Lirum Larum Lecker! Reime zum Reinhauen

Philosophisch, nachdenklich, reflexiv – das sind Attribute, die der Lyrik oft zugeschrieben werden. Aber Lyrik kann viel mehr und ganz anders sein, und diese Vielfalt soll mit der Buchauswahl für den Lyrik-Tipp der STUBE auch durchaus abgebildet werden. Lyrik kann auch ganz selbstverständlich den (kindlichen) Alltag begleiten und dabei frech und unterhaltsam sein – das beweist dieses quadratische Büchlein, das vor einigen Jahren bereits bei Klett Kinderbuch erschienen ist und nun aufgrund der großen Nachfrage gerade aus pädagogischen Einrichtungen wie Kindergärten in einer überarbeiteten Neuauflage wieder lieferbar ist.

Das Schweinchen schmatzt,
die Ziege meckert,
dass mir heut ja keiner kleckert!

Hier geht es also, adressiert an sehr junges Publikum vom frühen Kindergartenalter bis zur Volksschule, um eine Konstante des institutionellen wie familiären Miteinanders, das gemeinsam Essen. Ganz entgegen der Maxime „mit dem Essen spielt man nicht“ nutzt Illustratorin Saskia Pape ebendieses Essen als ein Gestaltungselement ihrer ungemein kreativen und vielfältigen Bilder. Da wird ein rundes Schinkenblatt zum Gesicht, während am abfotografierten Schneidebrett, das als Hintergrund dient, noch ein Wasserfleck zu sehen ist (wohl vom Schneiden des Gurkerls, das die Nase bildet). Lebkuchenfiguren (männlich, weiblich, und sicher auch divers) sind hier ebenso zu finden wie Obst, Würstchen oder beim englischsprachigen Gedicht zum britischen Frühstück baked beans.

Fotografierte Nahrungsmittel sind jedoch wie gesagt nur eine von vielen Formen der visuellen Gestaltung: ebenso gibt es karikaturesk gekritzelte Zeichnungen, klug arrangierte passende Accessoires wie Lätzchen oder gestempelte Elemente. So lässt sich in den kunterbunt collagierten Seiten unglaublich viel entdecken, darunter auch viele Anregungen zum eigenen kreativen Gestalten.

Immer hält der Menschenfresser,
wenn er seine Menschen frisst,
links die Gabel, rechts das Messer,
weil er gut erzogen ist.

Nicht nur Kannibalismus, auch andere Aspekte des Essens und der Verdauung, die Erwachsene eher peinlich, Kinder aber durchaus lustig finden, kommen in den durchgängig gereimten Texten zur Sprache. Vom Vierzeiler bis zum mehrstrophigen Gedicht reicht die Bandbreite der Formen, vom Krokodil bis zum Räuber jene der essenden Figuren. Wie der Titel ist auch der sprachliche Duktus sehr am deutschen Deutsch orientiert, doch österreichische, schweizer und andere Vorleser*innen und Mitsprecher*innen werden kreative Wege finden, damit produktiv umzugehen. Denn dazu regt dieses Buch auf jeden Fall an – miteinander zu sprechen, zu reimen und nicht zuletzt Spaß zu haben, am Essen wie an der Lyrik!

Kathrin Wexberg


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