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Lektorix des Monats August 2015

 

Makiia Lucier: Das Fieber.
Aus dem Engl. v. Katharina Diestelmeier.
Hamburg: Königskinder/Carlsen 2015,
368 S., € 18,50
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Zwischen Leben und Tod

Eine Pandemie, die darauffolgende Isolation und der Zusammenbruch aller gesellschaftlichen Übereinkünfte ist ein Motiv, das in der gegenwärtigen Jugendliteratur vor allem im populären Genre der Dystopie zu finden ist. Die amerikanische Autorin Makiia Lucier hingegen wählt in ihrem Debut eine konkrete historische Begebenheit, um ein solches Szenario darzustellen: Die Spanische Grippe, die zwischen 1918 und 1920 eine enorme Menge Menschen (die Schätzungen variieren zwischen 30 und 50 Millionen) das Leben kostete. Die Handlung setzt im September 1918 in Portland ein: Die siebzehnjährige Ich-Erzählerin Cleo lebt nach dem Unfalltod ihrer Eltern bei ihrem Bruder, als dieser verreist, muss sie vorübergehend ins Internat. Als die spanische Grippe sich sehr plötzlich auch in dieser Landesgegend ausbreitet, wird das Internat geräumt – unerlaubterweise beschließt Cleo, nach Hause zu gehen. Zufällig fällt ihr ein Zeitungsausschnitt in die Hände, in der die Bevölkerung aufgefordert wird, zu helfen – so könnten z.B. jene, die ein Auto besitzen, „helfen, unbehandelte Fälle zu lokalisieren und in örtliche Krankenhäuser zu bringen.“ Aus einem spontanen Impuls heraus, vor allem aber geprägt von der Erinnerung an den Tod ihrer Eltern, beschließt Cleo, sich und das Familienauto zur Verfügung zu stellen – ohne eine konkrete Vorstellung davon, was das konkret bedeutet und wie sich ihr Leben dadurch von einem Tag auf den anderen ändert. Standen vorher Themen wie die Sorge um ihre Zukunft nach der Schule im Vordergrund, geht es nun auf einmal darum, kranke Kinder ins Spital zu bringen, die neben ihren bereits bewusstlosen Eltern völlig unversorgt sind. Deutlich wird dabei auch sehr bald ein moralisches Dilemma: Cleo und andere junge Mädchen versuchen zu helfen, dabei ist jedoch die Angst vor der Ansteckung und dem eigenen Tod allgegenwärtig – fallen der Spanischen Grippe doch besonders junge Menschen zum Opfer. Gleichzeitig bietet diese totale Ausnahmesituation für Cleo aber auch eine bis dahin ungekannte Freiheit, und, wie das Leben so spielt, eine erste große Liebe:  Denn inmitten von Krankheit und Tod lernt sie Edmund kennen, einen jungen Medizinstudenten, der aus dem Krieg verwundet zurückgekommen ist. Mit durch akribische Recherchen unterfüttertem Lokal- und vor allem Zeitkolorit erzählt Lucier von einem kurzen Zeitraum (während der Originaltitel „A death-struck year“ lautet, endet die erzählte Zeit im November 1918) der doch alles verändert – und einer zweiten Chance zu Leben.

Kathrin Wexberg

>>> hier geht es zur Übersicht 2015

 

 

 

 


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