Thema: Kunstbilderbücher
Thé Tjong-Khing: Kunst mit Torte
Munch, Picasso, Thé Tjong-Khing. Mit seinem aktuellen Bilderbuch schreibt beziehungsweise zeichnet sich der Illustrator in die oberste Liga der Kunstgeschichte ein, indem er seine witzige wie spannende Suchbilderbuchkunst in ein Kunstsuchbilderbuch verwandelt und die Figuren durch riesige Gemälde von Dalí, van Gogh, Kandinsky und Konsort*innen jagt. Auf breitformatigen, farbenfrohen Doppelseiten, auf denen es wie immer viel zu entdecken gibt, entsteht ein großes, eigenständiges Kunstwerk, in dem die Protagonist*innen zum Beispiel aus Munchs „Schrei“-Szenerie an Henri de Toulouse-Lautrec höchstpersönlich und einem mit Keith-Haring-Vorhängen bestückten Mondrian-Gemälde vorbeilaufen, um schließlich zu einer Edward-Hopper-Tankstelle zu gelangen. Thé Tjong-Khing schafft Kunst in Kunst in Kunst in Kunst… und somit ein Meta-Kunstbilderbuch für alle, die Kunst bereits lieben oder nach der Lektüre lieben werden.
Moritz 2017.
32 S.
Thé Tjong-Khing: Hieronymus. Ein Abenteuer in der Welt des Hieronymus Bosch
Grauenhafte Dämonen, bildliche Allegorien und gewalttätige Szenen – die rätselhaften Bildwelten des vor 500 Jahren verstorbenen Renaissance-Malers Hieronymus Bosch sind nicht unbedingt etwas, das auf den ersten Blick eine Nähe zum Bilderbuch aufweist. Und doch hat es Thé Tjong-Khing gewagt, ein vollkommen textloses Bilderbuch ganz in einer von Bosch inspirierten Bildwelt spielen zu lassen und dieses nur mit einer Rahmenhandlung lose an die Gegenwart anzubinden: Figuren und Landschaften sind gleichermaßen sehr Tjong-Khing und sehr Bosch. Hier zeigt sich auf eindrückliche Weise, wie sich das Bilderbuch an ganz unterschiedliche Altersstufen zu richten vermag. Von diesen Bildwelten werden Kinder im Kindergartenalter (so sie nicht zu große Angst vor schaurigen Figuren haben…) genauso fasziniert sein wie Jugendliche, die sich gerade im Kunstunterricht mit Bosch beschäftigen.
Moritz 2016.
40 S.
Arnoud Wierstra: Babel
Mit dem Begriff der Ekphrasis ist die literarische Beschreibung eines Werkes der Bildenden Kunst gemeint. Das Kunsthistorische Museum in Wien macht sie zum Beispiel zur Grundlage seiner Ganymed-Projekte. Der niederländische Illustrator geht noch einen Schritt weiter und macht Pieter Bruegels Version des monumentalen biblischen Unternehmens zum Handlungsort einer textlosen Sehnsuchtsgeschichte über das Fliegen In detailliert ausgearbeiteten Doppelseiten lässt sich verfolgen, wie sich eine erfinderisch begabte Figur aus ihrem Werkraum hinaus und auf den Turm zu Babel hinaufwagt. Im Miteinander des (/im Gemälde) Sichtbaren und des fiktional Hinzugefügten wird in schwarzweißen Panels gleichermaßen der Raum für ein Flug-Abenteuer wie für zahlreiche kleine Nebengeschichten geschaffen, die sich über die Bildsequenzen hinweg verfolgen lassen. Bis Dädalus‘ legitimer Nachfolger abhebt und den faszinierenden blick auf jenen Teil des Turms eröffnet, den Pieter Bruegel aufgrund seiner Perspektive aussparen muss.
Aus dem Niederländ. v. Rolf Erdorf.
Jacoby & Stuart 2017.
48 S.
Sébastian Perez / Benjamin Lacombe: Frida
„Und ich werde das Wesen meiner Existenz dem Gedächtnis überlassen“, heißt es in diesem opulenten Bildband. Unter dieser Prämisse nähern sich Perez und Lacombe der großen mexikanischen Malerin an. Assoziativ und auf vielfältige Interpretation bedacht folgen sie neun biografischen Leitlinien und damit auch Leitmotiven Frida Kahlos: Der Unfall, die Tiere, der Tod … 9 ist dabei keine zufällige Zahl; alle (Bild-)Zitate und Ideen, die hier zu einer visuellen Pracht verwoben sind, begründen sich in umfassenden kunsthistorischen Recherchen. Symbole werden systematisiert und in größere Zusammenhänge gestellt und subjektiv-deutende Texte zu den Bildern gesetzt, die auf sehr faszinierende Weise Kahlos Motive in Lacombes Handschrift zeigen. Auch die Cut-Out-Elemente tragen buchstäblich dazu bei F R I D A in mehreren Dimensionen zu erfassen. Ein in schönster Weise hochtrabendes Porträt über eine vielschichtige Frau und ihr künstlerisches Erbe.
Aus dem Französ. v. Edmund Jacoby.
Jacoby & Stuart 2017.
76 S.
Amy Novesky: Lied für Louise. Das bunte Leben von Louise
Das Leben der bildenden Künstlerin Louise Bourgeois wird hier in einem Kunstbilderbuch für Kinder aufbereitet, das auf faszinierende Weise Inhalt und Form zu verknüpfen weiß: Die Rolle der Textilien, die sowohl Kindheit als auch ihr künstlerisches Werk prägten, wird in den blauroten Illustrationen aus Tinte, Bleistift, Pastellkreide und Wasserfarben variantenreich betont. Auch ein zentrales Motiv der Arbeiten erhält hier einen besonderen Platz – die Spinne mit den Parallelen zum künstlerischen Schaffen, sowohl ihrer Mutter als auch von ihr selbst: "Wie eine Spinne hatte Louises Mutter zerrissenes Gewebe wieder zusammengefügt. Eine Spinne, deren Spinnwebe reisst, wird nicht wütend. Sie spinnt einfach neue Fäden."
Ill. v. Isabelle Arsenault.
Aus dem Engl. v. Katharina Bendixen und David Blum.
Seemann 2016.
40 S.
Nikolaus Heidelbach: Alma und Oma im Museum
„Für einen vernünftigen Museumsbesuch braucht man drei Dinge: Erstens die richtigen Schuhe, zweitens gute Augen und drittens genug Zeit. Hast du alles?“ Der preisgekrönte Bilderbuchkünstler lädt alle kunstbegeisterten Leser*innen, oder jene, die es noch werden möchten, ein, um sich auf eine Tour durch die Welt der mittelalterlichen Malerei zu begeben. Beim Durchblättern des Buches fühlt man sich sofort gut aufgehoben in Gesellschaft der neugierigen Alma, deren Fragen gut jene widerspiegeln, welche vermutlich vielen Museumsbesucher*innen beim Betrachten der Werke auf der Zunge liegen. Am Ende dieses wunderbar individualistisch illustrierten Bilderbuches angekommen, dürfte das plötzliche Verlangen, sich umgehend auf den Weg ins nächste Museum zu machen, wohl keine große Überraschung sein.
Weinheim: Beltz & Gelberg 2019.
42 S.
Alain Le Saux / Grégoire Solotareff: Das kleine Museum
Erstmals 1994 erschienen darf das quadratische Kunstbuch durchaus als Vorreiter einer Erfolgsgeschichte dienen, in der Bücher in diesem spezifischen Format in textlosen Bildfolgen eine Annäherung an die Welt, ihrer Besonderheiten und auch die von ihr ausgehenden künstlerischen Reflexionen versuchen. In dem scheinbar so simplen Bilderbuch werden alltäglichen Begrifflichkeiten – alphabetisch geordnet von „Adler“ bis „Zylinder“ – 150 Bildausschnitt-Zitate aus der bildenden Kunst zugeordnet, die einen Überblick über das vielseitige Spektrum der Stilrichtungen der Malerei der letzten Jahrhunderte geben. Die Lenkung des Blicks der Betrachter*innen durch das Hinzoomen auf ausgewählte Bilddetails fordert zur intensiven Bildbetrachtung auf und macht gleichzeitig Lust, die Kunstwerke in ihrem Gesamteindruck zu recherchieren.
Moritz 2009.
310 S.
Susanna Partsch: Lexikon der Künstler. Von Giotto bis Keith Haring
Mithilfe kleiner Anekdoten oder Querverweise bindet Susanne Partsch ihre Darstellungen geschickt an einen uns umgebenden Medienalltag. Sie unterstreicht damit den leichten Ton, in dem die gute Lesbarkeit des Bandes ihren Ursprung hat. Nicht kunstgeschichtlich orientierte Analysen stehen im Vordergrund, sondern der Versuch, sich Künstlerpersönlichkeiten in ihrem historischen und biografischen Kontext anzunähern. Legenden werden dabei ausgewiesen und von Fakten getrennt, Selbstzeugnisse – so vorhanden – mit eingearbeitet. Im Mittelpunkt stehen Werdegang und Kunstverständnis der (chronologisch geordneten) Künstler*innen, wobei es Vorraussetzung für eine Aufnahme in den Kreis der 75 Porträtierten war, überhaupt auf biografisches Material zurückgreifen zu können. Am Ende jedes Porträts finden sich kurze Verzeichnisse der abgebildeten, der wichtigsten sowie der in Deutschland (das Wienerherz seufzt!) zu sehenden Werke sowie weiterführende Literaturangaben.
Hanser 2006.
283 S.
Silke Vry: Soundtracking Kunst
Könnten Bilder sprechen, was würde da nicht alles hörbar! In ihrem Soundtrack-Museum in Buchform zeigen Sylke Vry und Holmer Ehrenhauss, wie man Kunst zum Klingen bringen kann. Jedem Kunstwerk wird eine Doppelseite gewidmet und auf der rechten Seite sein entsprechender Sound gegenübergestellt. Dabei greift das Autorenduo eine der möglichen Interpretationen auf und setzt sie mithilfe eines ausdrucksvollen Spiels mit Typographie und Schriftbild in (Schrift-)Sound um. Figuren und Gegenstände, aber auch Farben und Abstraktes verschaffen sich so ihre Stimme. Der daran anschließende „Workshop“ motiviert Leser*innen, selbst kreativ zu werden, sich auf den Sound der Kunstwerke einzulassen und selbst zu interpretieren. Die variantenreiche Ideensammlung lässt dabei gekonnt Raum für die eigene Kreativität und regt zur respekt- und verantwortungsvollen Interaktion mit Kunst an.
Ill. v. Holmer Ehrenhauss.
Beltz & Gelberg 2014.
85
S.
Willy Puchner: Willy Puchners Welt der Farben
Deneuve-Blau als Farbe von Paris, Popocatépetl- Orange als Farbe des Vulkans oder Isis-Gold als Farbe von Ägypten: Die Wahrnehmung einer Farbe löst Assoziationen aus, die hier an verschiedene Orte gebunden werden – einerseits konkret benannte, andererseits solche, die universaleren Charakter haben. In Anlehnung an Goethes Farbenlehre reiht Willy Puchner Farbnuancen, die er an diesen Orten gesammelt hat, aneinander, gibt ihnen einen Namen und ergänzt sie um andere immaterielle Mitbringsel wie handschriftliche Anekdoten. Für jede dieserart verortete Seite bzw. Tafel entwirft er ein ganz eigenes Farbspektrum: Gletscherblau, Himmelblau, Blauwalblau und Eisblau sind etwa Farben der Antarktis. Willy Puchner malt dabei kein Bild mit einer Farbpalette, sondern eine Farbpalette aus einem Bild; er dekonstruiert das gedankliche – gemäß dem Titel persönliche – Bild eines Ortes in seine einzelnen Kolorierungen. In der Kombination des ordnenden, systematischen Zugangs mit einer solch ungezwungenen, behutsamen und sukzessiven Füllung seiner Seiten erschafft Willy Puchner in Form eines kunstvollen Setzkastens aus Farben und Ideen eine abstrakte Auflistung der Welt. Ein tiefgründiges Bilderbuch, das seiner persönlichen Wahrnehmungswelt entstammt und einlädt, diese zu erforschen.
Residenz 2011.
40 S.
Kunst wird nicht nur in Bilderbücher eingeschrieben – auch das Bilderbuch selbst ist eine Kunstform. Mehr über seine spezifischen Gestaltungsformen kann unter dem Titel „Blickwechsel“ in einem Beitrag von Silke Rabus in der der STUBE-Schriftenreihe fokus nachgelesen werden.