Tyrolia 2018. € 14,95.

Michael Roher: Frosch
und die abenteuerliche Jagd nach Matzke Messer

Vorab eine Klarstellung: Es liegt natürlich NICHT am Titel, dass ausgerechnet ein Frosch die Kröte des Monats bekommt. Zumal es in diesem Kinderroman überhaupt nicht um einen Frosch geht. Worum es dann geht? Nun ja, um Frosch, die eigentlich Lupinie Anneliese Meltzer heißt, aber eine Vorliebe für die Farbe Grün hat. Und, wie der Titel schon sagt, um Matzke Messer, einen Kinderfresser. Darüber hinaus aber auch um eine aus Versehen in einen Drachen verwandelte Hexe, eine irrtümlich auf den Mond verschossene menschliche Kanonenkugel, eine Gurke mit Gehirnerschütterung – um nur einige Aspekte anzusprechen. Neben der im besten Sinne völlig durchgeknallten Geschichte überzeugen die einigermaßen ungewöhnlichen Hauptfiguren, die sich das STUBE-Team daher genauer angeschaut hat…

Frosch

Dass eine gute Ausrüstung wesentlich für das Gelingen von Abenteuern ist, wissen wir spätestens seit John Fardells genialem Bilderbuch „Der Tag, an dem Louis gefressen wurde“ – dort war es übrigens ein Schluckauf-Frosch, der nach einer Verfolgungsjagd den gefressenen kleinen Bruder in einer Hicks- und Rülpsparade aus dem Inneren der Ungeheuer hinauskatapultiert hat. So spricht es für die Kompetenz von Frosch, dass sie ihren Rucksack bereits drei Wochen vor Beginn des erhofften Abenteuers mit allem befüllt hat, was sie so brauchen könnte – darunter so nützliche Dinge wie ein Lexikon über Vampire, Naschvorrat für siebzehn Wochen und eine wasserdichte Dose für geheime Unterlagen. Dass die Urlaubsdestination ein Gurkenbauernhof in Hinterschweinsbach ist, tut ihrer Abenteuerlust nur kurz Abbruch, denn sobald sie das Gerücht vom Kinderfresser Matzke Messer hört, ist klar, dass es selbst an diesem langweiligen Ort eine wichtige Mission für sie gibt. Die Entschlossenheit, mit der sie an einem Knackpunkt der verwickelten Geschichte ihren prall gefüllten Rucksack kurzerhand verkauft, um an einen weit wichtigeren Gegenstand zu kommen, ist ein weiterer Beweis für die Genialität dieser wunderbar unkonventionellen Mädchenfigur – denn was nützt die beste Ausrüstung, wenn man verloren im Universum gelandet ist und sich nach Mama und Papa sehnt?

Kathrin Wexberg


Achtung, Achtung!

Haltet eure Glitzerhüte und Schminkkästen fest, behaltet euren Nagellack bei euch und schließt die Kleiderschränke zu, denn hier – kommt – Gunnar. Gunnar Gürkchen von Gutenstein aka Tinkerbell die Zauberfee findet nämlich Gefallen an allem, was glitzert und glänzt, sei es sein neuer pinkfarbener Nagellack oder das „hinreißend sexy Galaxy-Gunnar-Glitzerkostüm“, das er sich eigens für den Weltraumausflug zusammengestellt hat. So eine Gelegenheit zur modischen Selbsterprobung lässt er sich auf keinen Fall entgehen. Schließlich sollte eine Gurke von Welt stets wohl-gepflegt und schick auftreten, wenn sie schon mal die Möglichkeit bekommt, aus der Gurkenkiste hinaus ein paar Schritte in die große weite Welt zu machen. Seine guten Manieren hat Gunnar für solche Situationen auf jeden Fall längst perfektioniert! Selbst mit Gehirnerschütterung und verlorenem Gedächtnis weiß er noch immer über die Gepflogenheiten gurkigen Zusammenseins Bescheid und lässt, wenn es denn sein muss, auch gerne mal die Hüllen fallen. Einer muss es ja tun. Hin und wieder kann es übrigens auch vorkommen, dass er vor lauter Überschwang ein paar Küsschen verteilt, das Eis muss ja irgendwie gebrochen und der eigenen Freude Ausdruck verliehen werden. Doch wehe es sind seine frisch lackierten Fingernägel, die brechen, dann kann man sich mit tausendprozentiger Sicherheit auf einen hysterischen Anfall gefasst machen – Nobody is perfect!

Julia Krokoszinski


Steckbrief einer Senfgurke

Name: Big G.
Styling: Leder, je Kluft desto yeah
Lieblingsessen: Butterbrot mit Senf
(ohne Schinken, ohne Kren, vor allem aber: ohne Gurkerl)
Lieblings-Lokal: Big George in Timelkam
Stadt: Cumberland, Maine, U.S.
Song: Gangstas Paradise (Coolio)
Comic: Sin City
Roman: Wir pfeifen auf den Gurkenkönig
Schauspieler: Benedict Cumberbatch
Schauspielerin: Amandla Stenberg (Bussi, Bossi!)
Film/derzeit: Black Panther
Film /all time: Malcolm X
Serie: Luther (Idris Elba: Bussi, Bossi!)
Autor*in: Angie Thomas
Illustrator*in: Michael Roher
Künstler*in: Banksy
Musiker*in: Keith Richards
Wer ich gerne sein möchte: Captain Jack Sparrows Vater
Was ich gerne sein möchte: So cool wie Jack Sparrows Vater (Bussi, Bossi!)
Motto: THUG Life

Heidi Lexe


Die Sprachkünstler*innen

Rudi Junior und Gina di Centriolo
Krasser könnte der Unterschied zwischen den beiden sprachauffälligsten Figuren der Erzählung nicht sein. Auf der einen Seite die unwiderstehliche Gurkendame Gina die Centriolo, die stets weiß, was Sache ist und dies schwungvoll mit keckem Akzent auf den Punkt zu bringen weiß: „Haben wir eine Wahl? Ik meine, diese Alte maken una Insalata aus uns, wenn sie nikt bekommt ihre Essen!“ Die Rede ist in diesem Fall von der jähzornigen Hexe namens Walpurga Graupner, die am Gretelweg 7 in 6666 Hinterschweinsbach wohnt und unbedingt Rübeneintopf von ungebeten Gästen verlangt. Auch die Hexe Graupner hat steile Sprüche wie „Achselschweiß und Schwefelfurz“ drauf, soll aber nicht ablenken von den eigentlichen Sprachwundern. Noch eine Kostprobe von Gina gefällig? „Ik halte keine zehn Minuten mehr aus mit diese Putzfimmel-Mumie! No! Mökte ik lieber sterben, als wenn ik muss bleiben nok länger mit diese Ekin Azea unter eine Dak.“ Wenn Sie sich nun fragen, wer oder was ist Ekin Azea? Das ist die angesprochen Mumie mit Sauberkeitsdrang und auch sie trägt mit ihrer Namensgebung zum unersättlichen Humor Michael Rohers bei. Doch auch sie soll nicht den Weg versperren für die zweite Sensation, wenn es um Sprache geht. Auf der einen Seite haben wir also Gina, die mit glasklaren Ansagen sowie italienischem Akzent für Ordnung und mit ihrem herzhaften „Mamma mia!“ für heitere Stimmung sorgt. Auf der anderen Seite steht der Bauernsohn: Junior genannt, ein eher wortkarger Junge, der jedoch mit einwandfreiem Dialekt glänzt und dessen Sprachvarietät wohl dem Vierländereck Wald-, Most-, Mühl- und Traunviertel zuzuordnen ist. Auch hier soll ein Beispiel für Verständnis sorgen: Als Junior von Mücke gefragt wird, ob es denn nicht es etwas Aufregendes am Hof gebe, Kampfstiere zum Beispiel, antwortet dieser mit den Worten: „Na. Nua Guakn.“ Über die weiß er allerdings für seine Verhältnisse viel und exaltiert zu berichten: „Na jo. Hauptsächlich hom mia do Guakn. Mi mochan jo Semfguakn, oiso so einglegte Guakn im Glasl mit Semfkeandl und Essig und Zucka und so, kennst de?“ Junior ist jedoch nicht zu unterschätzen, weder sprachlich noch als Antriebsmotor für den crazy Verhandlungsverlauf. Schließlich ist er es der Frosch von dem titelgebenden Matzke Messer berichtet: „Jo, a Kinderfresser is des, ana vo de gonz oagn! Zumindest sogt des de oida Meier. Owa, ehrlich gsogt, de gute Frau hot an ziemlichen Sprung in da Schissl, wonnst verstehst wos i moan?" Wir verstehen Junior selbstverständlich und können von dieser charmanten Mundartkunst gar nicht genug bekommen. Daher muss auch unbedingt Juniors letzter Satz zitiert werden: „I schlof im Bett ei und wonn i aufwoch, bin i iagndwon im Goadn oda in da Stubm oder wo.“ [Dieser Satz könnte auch für den begeisterten Verfasser dieses kurzen Beitrags zutreffen, wenn man „Stubm“ mit STUBE übersetzt.) Das allerletzte Wort bekommt aber die bezaubernde Gurke Gina Gina di Centriolo, die mit folgender Zeile gut und gerne die Meinung des STUBE-Teams über Michael Rohers neuem Kinderroman aussprechen darf:
„Das ist ja fantastico! Una Sensazione! Ragazzi!“

Peter Rinnerthaler

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