Kröte des Monats März
2013
Aus dem Amerikan. v. Hanne Gabriele Reck. Gerstenberg 2013.
32 S., € 14,40.
E. E. Cummings / Linda Wolfsgruber: Der Elefant und der Schmetterling.
Wasserabweisend, knitterfrei und mit normalen Scheren einfach zu teilen – mit solchen Begriffen werden in Online-Shops für Bastelbedarf die Vorzüge des vielseitigen Materials Moosgummi (dessen Bezeichnung ganz korrekt übrigens Ethylenvinylacetat- Schaumstoff lautet), gepriesen. Wer hätte gedacht, dass Moosgummi auch für Gestaltung von Bilderbüchern so gut geeignet ist? Linda Wolfsgruber, die in jedem ihrer Werke Eigenheiten und Grenzen konkreter Materialien, vom genähten Stoffstück bis zum mit Teebeuteln selbstgefärbten Papier, auslotet, zeigt in "Der Elefant und der Schmetterling" eindrucksvoll, wie vielschichtig und facettenreich Illustrationen wirken können, die mit ausgeschnittenem und eingefärbtem Moosgummi gestempelt sind.
Als Geschichte wählte sie einen wenig bekannten Text von E.E. Cummings, auf den sie vor einiger Zeit zufällig stieß: Der vor allem als Vertreter einer modernen volkstümlichen Lyrik bekannte US-amerikanische Autor erzählte seiner kleinen Tochter Märchen, darunter eben auch die ungewöhnliche Liebesgeschichte zwischen einem Elefant und einem Schmetterling. Ein Sujet, das die Illustratorin durchaus vor Herausforderungen stellte: Wie bebildert man, dass ein Schmetterling an die Tür klopft? Und wie soll ein Kuss von zwei so unterschiedlichen Wesen stimmig ins Bild gesetzt werden? Die Flexibilität des Moosgummis erlaubte es, mit verschiedenen Varianten der Elefantenfigur zu experimentieren, der zoologische Recherchen vorausgingen. Von diesem Entwicklungsprozess berichtete Linda Wolfsgruber in einem Werkstattgespräch im Rahmen der Fernkurstagung "Wörter würfeln", für das sie auch ihre Arbeit an dem damals noch unveröffentlichten Buch exklusiv fotografisch dokumentierte. Die beiden anthropomorphisierten Wesen sind nicht nur äußerlich, sondern auch von ihrem Charakter her ganz unterschiedlich: "Es war einmal ein Elefant, der den ganzen Tag nichts tat. Er lebte allein in einem kleinen Haus weit weg am äußersten Ende einer gewundenen Straße.", so heißt es zu Beginn der Geschichte. Der Schmetterling hingegen ist aktiv, seine optische Zartheit korrespondiert mit dem zerbrechlichen Glashaus, in dem Linda Wolfsgruber ihn wohnen lässt. Die deutlichen Kontraste des Textes werden durch den Einsatz von kräftigen Farben und die Positionierungen der Figuren im Raum herausgestrichen, es ist bemerkenswert, wie ausgewogen in ihrer Präsenz beide Figuren in Szene gesetzt werden.
Der überraschende Besuch des Schmetterlings und die ebenso überraschende Liebe, die die beiden füreinander empfinden, bedeutet für den Elefanten auch das Hinaustreten in eine farbenfrohe und vielgestaltige Welt, den Wechsel von einem völlig ereignislosen Alltag zu einem Leben, in dem es jeden Tag etwas gibt, auf das man sich freuen kann: "Und von da an kam nun der Elefant jeden Tag die gewundene Straße herab, die so herrlich duftete (vorbei an den sieben Bäumen und dem Vogel, der im Strauch sang), um seinen kleinen Freund, den Schmetterling, zu besuchen. Und sie hatten sich immer lieb."
Kathrin Wexberg
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