Kröte des Monats Juni 2008
Aufbau 2008
32 S., € 16,95
Antonie Schneider/ Isabel Pin: Bananen sind krumm, aber nicht dumm
Dass Früchte ihre Geheimnisse haben, hat Heinz Janisch unter dem Titel „Bananenrot und himbeerblau“ einst zusammen mit der Grafikerin Luise Kloos und dem Biologen Kurt Zernig gezeigt und wurde dafür mit dem Österreichischen Kinder- und Jugendbuch-preis ausgezeichnet. Nun zeigt die Autorin Antonie Schneider gemeinsam mit der Illustratorin Isabel Pin (die zuletzt ebenfalls für ein Bilderbuch mit Heinz Janisch mit dem Österreichischen Kinder- und Jugendbuchpreis ausgezeichnet wurde), dass zu diesen Geheimnissen auch die Reiselust zählt: „Nach Marrakesch/ganz groß und fesch“ reist da zum Beispiel die Birne; die Ananas folgt „in einem alten Wagen. Von Lissabon bis Caracas will sie es wagen.“ Die Reise der Aprikose hingegen ist schnell vorbei:
In einer Kiste am Kai
saßen zwei Aprikosen.
Sie träumten vom Strand in Hawaii
in neuen gestreiften Hosen.
Doch ihre Reise war schnell vorbei,
im Mund eines jungen Matrosen.
Eine ähnlich tragisches Schicksal ereilt übrigens auch die „schöne Malwine, Apfelsine aus Tripolis“. Sie trifft eine Biene auf einer Schiene, doch man sollte sie warnen: „Die Lokomotive mit ihrem Getöff kennt kein Erbarmen.“
Auf grünen Hintergrund lässt Isbel Pin die pechschwarze Lok auf die arme, von dem Text und der Biene umschwirrte Apfelsine zusteuern und erst beim zweiten Mal hinsehen erkennt man, dass sich der weiße Rauch der Lokomotive in Totenkopfform verströmt.
Isabel Pin ist bekannt für ihre Illustrationen in hellen Farben, die flächig und mit deutlich viel Leerraum arbeiten. Figuren werden oft verschwindend klein ins Bild (oder gar an den Bildrand) gesetzt. Hier jedoch arbeitet die in Hamburg lebende Französin großflächiger, collagiert Formen und Figuren aus unterschiedlichen Papieren und Techniken. Größenverhältnisse werden dabei lustvoll aufgelöst – schließlich gerät ja auch alles in Bewegung: Die Früchte ebenso wie die Reime, die von ihrem Schicksal Zeugnis geben. Dem Motiv der Reise entsprechend greifen nicht nur die Figuren Raum, sondern folgt auch der Text in seiner grafischen Gestaltung ihnen nach. Doch dort wo sich zeigt, dass Bananen nicht nur krumm sind, sondern auch komische Sachen machen und die Affen damit zum lachen bringen, ja „zuweilen ohne Grund / sogar verkehrtherum“ musizieren, können sich Farben, Flächen, Formen und Figuren der Dynamisierung ebenso wenig entziehen wie Sprache und Typografie. Und so kullern „Apfelschnitz und Apfelbrei“ fröhlich durchs „Früchteallerlei“ und sorgen fürs höchstes Glück darüber, dass die Kinderlyrik endlich mal wieder auf die Reise geschickt wird.
Heidi Lexe
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