Kröte des Monats März 2007
Unter Mitarbeit von Miroslav Novák.
Mit Bildern von Sabine Wiemers.
Aarau: Sauerländer
1999.
Sheila Och: Balaban Neumann, der Hund
Bereits das am Cover festgehaltene hämische Hundegrinsen beweist, was - allgemein grassierender Tierliebe zum Trotz - Parkbegegnungen immer wieder vermuten ließen: Bei diesen Viechern handelt es sich um außerordentlich hinterlistige Subjekte. Balaban zum Beispiel weiß genau was zu tun ist, um die Mitglieder der Familie Neumann um die Pfote zu wickeln. Und niemand außer Peter scheint zu bemerken, was man sich mit diesem Opa-Ersatz-Hund eingehandelt hat.
Der Opa nämlich ist der Familie zu Beginn der Erzählung "weggestorben":
"Zu unserem Tisch, an dem wir jeden Abend alle zusammen sitzen, essen und lachen gehören sechs Stühle. Auf einem Stuhl sitzt mein Vater, links neben ihm meine große Schwester Irene, zu ihrer Linken wiederum meine Mutter und die hütet zu ihrer linken Seite meine kleine Schwester Bärbel. Neben Bärbel sitze immer ich und dann steht da noch ein Stuhl, der damals, als meine Geschichte anfing, leer war. Es war der leerste Stuhl, den ich je in meinem Leben gesehen hatte."
Es ist jener Sessel, auf dem immer der Opa gesessen hat. jener allerliebste Opa, der der Familie vierzehn Tage zuvor weggestorben war. Die anherrschende Traurigkeit wird auf ein wenig hinterlistige Art von der kleinen Bärbel instrumentalisiert: Der Opa hätte uns bestimmt einen Hund gekauft, wenn er gesehen hätte, wie traurig wir sind.
Mit dem, was nach dem darauf folgenden Besuch im Tierheim passiert, hätte der Opa in jedem Fall seine Freude gehabt: Linoldrucke setzen unmissverständlich all jene Untaten Balabans in Szene, deren Details erzählerisch geschickt der Fantasie der Leser*innen überlassen werden. Kurzweilig wird geschildert, wie der struppige Kerl zunehmend und letztlich auf unerwartete Art jene Lücke im Leben der Neumanns ausfüllt, die ihr Opa hinterlassen hat.
Gegen so viel Charme sind selbst eingefleischte Hundehasser machtlos. Daher gehört „Balaban Neumann, der Hund“ zu den All-Time-Favourites der STUBE – zumal es sich wunderbar vorlesen lässt.
Heidi Lexe
Einen Nachruf auf Sheila Och, den Franz Lettner für die Fach-zeitschrift 1000 und 1 Buch verfasst hat, finden Sie >>> hier.
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