Kröte des Monats März und April
2005
Illustrationen von Melanie Kemmler.
Aus dem Dänischen von Eva-Maria Blühm.
Berlin:
Aufbau-Verlag 2005
24 S., € 15,50
ab 6 Jahren.
Hans Christian Andersen: Die Prinzessin auf der Erbse
Seht, das ist eine wahre Geschichte - so endet die berühmte, als durchaus sortenreines "Märchen" klassifizierte Erzählung über die hyper-empfindliche Prinzessin, die ihre Echtheit mit schlechtem Schlaf beweisen kann: Wer die sprichwörtlich gewordene Erbse durch 20 Matratzen und x (Eider-) Daunendecken hindurch spürt und davon Kreuzweh bekommt, wird bei uns zum Therapeuten geschickt, dort aber vom Fleck weg in die Royal Family aufgenommen. Denn wo einst Linda Wolfsgrubers toughe "Prinzessin auf dem Kürbis" in der Erzählvariante von Heinz Janisch sehr wohl ihre eigenen Anforderungen an den Prinzen ihres Lebens formuliert, bleibt diese ganz in der Tradition der passiv Jammernden und lässt sich zur Frau nehmen. Melanie Kemmler versucht in ihren Bildern gender-mäßig nichts in eine neue Ordnung zu rücken, sie folgt Andersens vorgegebenem Text. Wohl aber interpretiert sie den inmitten weiter Panorama-Räume sehr vereinzelt wirkenden Prinzen als brav gescheitelten und geschniegelten Knaben, der mehr von seinem Krawattenknopf als von seinem Rückgrat aufrecht gehalten wird. Hingegeben an idealistische Träumereien verblasst er entscheidungslos unter dem Gewicht seines Hermelins, bis die noch viel sensiblere Prinzessin seinen Beschützerinstinkt weckt und ein wenig Rot in seine Wangen jagt. Und zu den Worten Andersens "Da nahm der Prinz sie zur Frau..." lässt Melanie Kemmler das junge Glück in einem Bett mit einfacher Matratze und großer Geborgenheit zurück. Die Erbse allerdings, die alles möglich gemacht hat, kommt in die Kunstkammer. Neben Mona Lisas Lächeln und Dürers Hasen ...
Inge Cevela
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