Thema: Drachen
Feurige Bilderbücher
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Emily Gravett: Noch mal!
„Noch mal!“ ruft Chlodwig nach der Gutenachtgeschichte. Nur leider ist es mit einem Mal nicht getan: immer begeisterter fordert der kleine Drache, sein Lieblingsbuch nochmals vorgelesen zu bekommen. Die Mutter liest Chlodwig dabei aus einem sich sukzessiv veränderndem Buch vor: Der metafiktionale Chlodwig wird von Runde zu Runde sanftmütiger und schläfriger. Der fiktionale Chlodwig zeigt sich von dem Wink mit dem Zaunpfahl seiner Mutter allerdings sichtlich unberührt. Als die Mutter schließlich einschläft, hängt der Haussegen endgültig schief: Chlodwig schüttelt buchstäblich vor Wut rauchend sein Lieblingsbuch, wobei die Charaktere und Wörter auf den Seiten herumpurzeln. Als auch Toben und Tosen nichts bringt, hilft nur noch eins: rohe Gewalt! „NOCHMAL!“, brüllt der Kleine und speit dabei ein Loch ins Buch. Sogar in unserem Bilderbuch ist dabei ein kleines Brandloch entstanden … Besonders die kreative Nutzung der Materialität des Buches, die sich auch in der gelungenen Bespielung des Vor- und Nachsatzpapieres zeigt, macht dieses Bilderbuch von Emily Gravett lesenswert.
Aus dem Engl. v. Uwe-Michael Gutzschhahn.
Sauerländer 2015.
o. S.
Axel Scheffler und Julia Donaldson: Zogg
Auch Drachen müssen in die Schule! Zogg, der „größte kleine Drache“, wird von Frau Drache im Fliegen, Feuer speien, Brüllen, Prinzessinnen rauben und Fechten unterrichtet – eben in allem, was man als Drache so wissen muss. Dabei steht ihm ein kleines Mädchen stehts zur Seite: sie schenkt ihm Pfefferminzbonbons, wenn er sich heiser gebrüllt hat, verbindet seinen Flügel, nachdem er sich ihn selbst verbrannt hat und vieles mehr. Als Zogg schließlich eine Prinzessin rauben soll, outet sich das kleine Mädchen als solche und hat auch nichts dagegen, selbst mitgenommen zu werden. Die Tatsache, dass Prinzessin Perle zwar fürsorglich, gleichzeitig aber auch selbstbestimmt und überaus tüchtig ist, verleiht Scheffler und Donaldsons Bilderbuch eine feministische Note. Die für Scheffler typischen, knalligen Kontrastfarben machen das Buch kurzweilig, die durchgängig gereimte Sprache lädt zum Mitdenken ein. Besonders schön am Buch: die vielen Tierfiguren, die im Hintergrund der Illustrationen zu entdecken sind.
Aus dem Engl. v. Thomas Eichhorn.
Beltz & Gelberg 2010.
o. S.
Nikolaus Heidelbach: Ein Buch für Bruno
Ulla wäre gern mit Bruno befreundet. Nur leider sind die beiden sehr unterschiedlich: Bruno hat für Bücher nichts übrig und Ulla schmökert für ihr Leben gern. Allerdings schafft es die begabte Vorleserin Ulla, ihren Freund doch auf den Geschmack der Literatur zu bringen, indem sie ihn buchstäblich in ihre Welt entführt: am zur Liane mutierten Lesebändchen schwingen sich die beiden in eine Geschichte hinein, in welcher Ulla prompt von einem Drachen verschleppt wird. Glücklicherweise steht ein Boot für Bruno bereit … Das Bilderbuch veranschaulicht auf humorvolle Weise, wie es sich anfühlt, völlig in einer Erzählung zu versinken: Bruno und Ulla sind nicht nur passive Beobachter*innen der Binnenerzählung, sondern sie werden zu den Hauptfiguren derselben. Aber auch Leser*innen müssen aktiv werden, da die Binnenerzählung nur über Bilder vermittelt wird, die es selbstständig zu interpretieren gilt. So entsteht eine unterhaltsame Hommage an die Magie des Lesens und zeigt uns wieder einmal, dass in der Welt der Bücher alles möglich ist – sogar als Kind einen Drachen zu töten.
Beltz & Gelberg 1997.
o. S.
Julie Völk: Drachenregentage
Fred, der Drache, muss mal. Und das nach dem ganzen Kaffee, den er bei seinem Freund Toni zuhause getrunken hat, ganz schön dringend. Nur leider hat Toni keine Toilette, die groß genug für den schnurrbärtigen Riesen wäre und deshalb machen sich die beiden auf die Suche nach einem geeigneten stillen Örtchen.
So wie ein Regentag, plätschert auch in diesem Wohlfühl-Bilderbuch die Handlung gemächlich vor sich hin. Julie Völk erschafft eine einzigartige, traumartige Atmosphäre, die zum Verweilen einlädt. Besonders spannend ist dabei die Art und Weise wie Völk einen atmosphärischen Kontrast zwischen Innen und Außen erzeugt: Tonis Wohnung ist zwar in warmen Farben gehalten und wirkt dadurch gemütlich und einladend, gleichzeitig finden sich hier allerdings auch viele optische Leerstellen, sodass der Eindruck von Sterilität entsteht. Im Außen finden sich hingegen keine Leerstellen: auf verwaschenen, manchmal auch (regen)fleckigen Hintergrund finden sich detailreiche und filigrane Bleistiftzeichnungen. Die heimelige Atmosphäre des Innen wird durch die durchgängige Verwendung goldgelber Akzente mit nach Draußen transportiert.
Gerstenberg 2022.
o. S.
Erzählende Drachen
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Michael Ende: Die unendliche Geschichte
Bastian Balthasar Bux hat eine große Leidenschaft: Bücher. Als ihm durch Zufall ein Buch in die Hände fällt, welches verspricht, unendlich zu sein, ist Bastian begeistert, als er schließlich auch noch die Welt, in der das Buch spielt, betreten darf, vollends entzückt. Nur leider ist Phantásien nicht so harmlos, wie es scheint. Zwar wird alles, was Bastian sich wünscht, in Phantásien Wirklichkeit, doch das hat seinen Preis.
Phantásien ist einer Welt, die viele Besucher*innen hat, die durch ihre Wünsche unter anderem neue Figuren erschaffen. Bastian erschafft während seiner Zeit in Phantásien den Drachen Smärg. Für den deutschen Bastian ist dabei klar: ein Drache ist ein Ungeheuer und raubt wehrlose Jungfrauen, so wie es schon in der christlichen Heldenepik des europäischen Mittelalters stand. Der gutmütige und stehts auf das Schicksal vertrauende Glücksdrache Furchur hingegen existiert in Phantásien bereits, bevor Bastian die Welt betritt und erinnert an einen chinesischen Drachen: in diesem Kulturraum sind Drachen ein Symbol für Glück und Wohlstand und fungierten als Schutzpatronen. Wer weiß – vielleicht war das Kind, welches vor Bastian Phantásien besucht hat, aus China?
Thienemann 1979.
256 S.
Cornelia Funke: Drachenreiter
Schleimfüßiger Schirmling, die Menschen kommen! Wer hier so flucht, ist Schwefelfell, Koboldmädchen und besten Freundin des Silberdrachen Lung. Die beiden leben in einem abgeschiedenen Tal, gut verborgen vor unerwünschter Aufmerksamkeit. Doch als sie erfahren, dass das Tal geflutet werden soll, müssen die beiden fliehen. Die Suche nach dem Saum des Himmels, einem sagenumwobenen Gebirge, in dem die Drachen sicher vor den Menschen wären, beginnt. So weit, so gut. Wäre da nicht der goldene Drache Nesselbrand, Geschöpf eines berühmten Alchemisten, der geschaffen wurde, um andere Drachen zu jagen. Als dieser von Lungs Reise erfährt, heftet er sich an seine Fersen. Können Lung, Schwefelfell und ihre Verbündeten „den Goldenen“ besiegen?
„Drachenreiter“ überzeugt inhaltlich vor allem durch seinen Weltenbau: in der offenen sekundären Welt treffen verschiedenste Fabelwesen, wie beispielsweise Elfen, Zwerge, Basilisken, Dschinns, Sandmänner usw., mit gewöhnlichen Menschen aufeinander. Die detailreichen Illustrationen der Autorin, welche den Text durchziehen, runden den Text optimal ab.
Dressler 1997.
448 S.
Sachbuch meets Fantasy
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Christian Tielmann: Monster
Wer nicht nur etwas für Drachen, sondern auch für andere Ungeheuer übrig hat, sollte unbedingt dieses Sachbuch lesen. In dem in einfacher Sprache verfassten und reichlich Illustrierten Buch werden 25 verschiedene Monster verschiedener Kulturkreise vorgestellt. Tielmann schafft es dabei, unprätentiös und kurzweilig komplexe Sagen wiederzugeben. Zeitweise kommen auch Verweise auf modernere Literatur vor, wie beispielsweise auf „Sophiechen und der Riese“ von Roland Dahl. Ergänzt werden Tielmanns Ausführungen von Illustrationen von Jonas Lauströer. Die sehr realistischen und proportional stimmigen Zeichnungen des Wissenschaftsillustrators, die von einem Steckbrief zu jedem Monster abgerundet werden, verleihen dem Buch das Flair der Aufzeichnungen eines Entdeckers. Ergänzt wird das Buch außerdem durch ein thematisch passendes Spiel, dessen Spielplan und -figuren im Einband zu finden sind.
Oetinger 2008.
63 S.
Dugald A. Steer: Expedition in die geheime Welt der Drachen
2003 erstmals erschienen und 2024 neu aufgelegt, ist „Expedition in die geheime Welt der Drachen“ ein mittlerweile altbewährter Klassiker unter den Sachbüchern zu Drachen. Jede Doppelseite des Buches behandelt ein neues Thema: während zu Beginn noch grundlegendes Wissen vermittelt wird, geht das Buch bald zu praktischen Anleitungen über, damit Leser*innen im Anschluss ihren eigenen Drachen finden, zähmen und reiten können. Genau wie in „Monster“, finden auch hier verschiedenste Sagen Erwähnung.
Auf den großformatigen Seiten, die teilweise noch durch aufklappbare Elemente erweitert werden, lässt sich viel entdecken. Im scrapbookartigen Aufbau finden sich Steckbriefe, Beschwörungsformeln, praktische Tipps für die Feldforschung und sogar Annoncen für Ausrüstung, wie zum Beispiel für einen hitzebeständigen Hut, mit dem man auch bei 1000 °C einen kühlen Kopf bewahren kann. Das Lesen des Bilderbuches wird außerdem durch die vielen taktilen Elemente zum Erlebnis: im Buch finden sich Proben von Drachenstaub und -haut, und diverse Briefumschläge und ein Büchlein zum Öffnen.
Aus dem Engl. v. Cornelia Panzacchi.
arsEdition 2024.
o. S.
Back to the roots: klassische Drachen (neu)
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Anna Kindermann: Siegfried. Der Drachentöter
Das Motiv des Drachens hat eine lange Tradition. Genau wie andere Monster, so zum Beispiel Riesen oder Zyklopen, fungieren sie seit jeher in Erzählungen als übermenschliche Gegner, welche ein Held bezwingen muss.
Eine der ältesten literarischen Drachentöter-Figuren ist Siegfried aus dem mittelalterlichen Nibelungenlied. Die vielschichte Sage ist inhaltlich auch heute noch unterhaltsam: in der Sage geht es um alle großen menschlichen Gefühle, vor allem um Liebe, Habgier, Neid und Rachsucht. Siegfried, dem schillernden Helden der Geschichte, der vor allem für sein ihn (fast) unverwundbares Bad in Drachenblut bekannt ist, widmet Anna Kindermann ein eigenes Kinderbuch. Zwar beinhaltet das Buch viel Text, sodass nur ältere Kinder das Buch selbstständig lesen können, allerdings sind Lena Winkels Illustrationen sehr gehaltvoll (und ihre Drachen wunderbar schaurig), sodass sich das Buch gut zum Vorlesen eignet. Inhaltlich wurde die Sage zwar vereinfacht, allerdings behielt Kindermann in ihrer Überarbeitung die altertümliche Sprache des Ursprungstextes in Teilen bei, sodass die Erzählung nicht von ihren Ursprüngen losgelöst wirkt, sondern ihren Inhalt lediglich in die Gegenwart transportiert.
Kindermann Verlag 2023.
36 S.
J.R.R. Tolkien: Der kleine Hobbit
Hinter der Seestadt Esgaroth in Mittelerde, wo einst der König unter dem Berg regierte, lebt er nun: Smaug, der gefürchtet Drache. Nun ist es an Bilbo und seinen 13 treuen Zwergengefährten rund um Thorin Eichenschild einen letzten Feind zu besiegen. Bis sie zum Drachen gelangen, hat Bilbo Beutlin schon so einiges erlebt: Nachdem er das vertraute Auenland verlassen, sich gegen nunmehr versteinerte Trolle durchgesetzt und Spinnen in die Flucht geschlagen hat, steht jetzt der Endgegner in Form von Smaug vor ihm. J.R.R. Tolkien krönt sein erstes literarisches Werk, in dem er viele Figuren wie Elben, Gollum oder den Zauberer Gandalf einführte und das zugleich Ausgang für die Ring-Trilogie war, mit einem feuerspeienden Ungeheuer, von dem der Schatz unter dem Berg – dem einstigen Reichtum der Zwerge – zurückerobert werden muss. Klaus Ensikats detaillierte Schwarz-Weiß-Zeichnungen der Abenteuer der Reisenden erinnern dabei an mittelalterliche Ästhetiken ebenso wie märchenhafte Bildtraditionen und entführen in die mythische Welt Tolkiens.
Ill. v. Klaus Ensikat.
Aus dem Engl. v. Walter Scherf.
dtv junior 2012.
336 S.
Diese Themenliste ist von Marie Lechner im Rahmen ihres Praktikums im September 2024 erarbeitet worden.