Thema: Buchstart - Bücher für die Jüngsten
Renate Habinger: Familie Maus
Manche Bilderbuchfamilien erscheinen reichlich fadenscheinig. Diese hier jedoch entwickelt ihre Besonderheit gerade durch ihre Kreativkonstruktionen, die sich wortwörtlich wie ein roter (schwarzer) Faden durch das Pappbilderbuch schlängeln. Denn einerseits sehen die Mitglieder der Familie Maus wie alle Mäuse aus. (Obwohl sie das natürlich nicht tun, denn auf humorige Weise werden sie bei Alltagsvollzügen wie Rasenmähen (Mama), Einkaufen (Papa), musikalisch untermaltem Rollerfahren (Tochter) oder Dartspiel mit Tennisball (Bruder) gezeigt). Die Mäuseschwänze der Familie jedoch sind bis hin zur Schlusspointe (Mini Maus) fähig, die herrlichsten, verschlungensten Faden-Figuren zu kreieren. Neben den für die Kleinsten leicht begreifbaren Zentralfiguren reichert Renate Habinger ihre Bilder mit einer Fülle kleiner Details an und zeigt, dass auch im Pappbilderbuch-Segment reizvolle (Familien-) Geschichten erzählt werden können.
Wiener Dom-Verlag/Tyrolia 2013.
22 S.
Helga Bansch: In der Nacht...
In der Nacht mögen alle Katzen grau sein; für manche jedoch zeigt sich in der Nacht die Welt auf den Kopf gestellt – selbst die Fledermaus kuschelt sich zu Kind und Elefant an den warmen Ofen. Die Buchstart-Illustratorin würfelt Nachtszenen durcheinander, indem sie das Buch selbst auf den Kopf stellt: Aus unterschiedlichen Papieren entstehen in Übermalungen und Raumarrangements einerseits klassische Nachtszenen – auch wenn die Schlafsituationen Hase, Hund oder Leopard durch Bilddetails humorvoll gebrochen werden. Dreht man das Buch um, lesen sich die Nacht-Bilder ganz neu und Hundeknochen baumeln ebenso von Ästen wie die Karotten des Hasen von der Höhlendecke. Der Ball, an den sich Mio Maus am Innentitel noch schlummernd lehnt, rollt dabei durch jedes Bild und kann in Eis- oder Mondkugel neu entdeckt werden.
Wiener Dom-Verlag/ Tyrolia 2013.
48 S.
Susanne Göhlich: Bettzeit ist's.
Wenn es ans Einschlafen geht, haben viele Kinder plötzlich unglaublich viel zu tun. Aber Lena kann wirklich nichts dafür, dass sich das so verzögert: Schließlich sind all ihre Tiere noch nicht im Bett. Verantwortungsbewusst macht sich das Mädchen also Seite für Seite auf die Suche quer durchs Haus, um die plüschigen (oder etwa imaginierten?) Tiere schlafen zu legen. In zweizeiligen, harmonischen Endreimen wird jedes Tier woanders entdeckt, und so erschließt sich Lena auch ihr Zuhause: "Dem Eisbär ist's mal wieder warm, aus dem Kühlschrank hängt sein Arm." "Und das buntgescheckte Pferd? Trinkt Nudelwasser auf dem Herd!" Der beruhigende Rhythmus des Textes und die harmonischen Farben der zugänglichen Bilder lassen zwar schon aufs Schlafen freuen, zeugen aber auch noch von den turbulenten Spielabenteuern, die hier tagsüber geherrscht haben müssen. "Doch jetzt sind Lenas Tiere da: Alle kuscheln – wunderbar!"
Moritz 2013.
22 S.
Isol: Ein Entlein kann so nützlich sein.
Alles ist eine Frage der Perspektive! Hier setzt die argentinische Künstlerin ISOL mit ihrem ganz einfachen und doch sehr raffinierten Bilderbuch (nicht nur) für die Jüngsten an.
"Ich fand ein Entlein und nahm es zu mir." Ein auf gelben Hintergrund gesetztes, mit reduziertem schwarzem Strich gezeichnetes Kind erzählt Seite für Seite von dem praktischen Fund: "Ich benutze es zum Schaukeln", "Ich lasse es in der Badewanne und wenn das Wasser weg ist, benutze ich es als Stöpsel." Fast könnte man Mitleid haben mit diesem viel ge- und benutzten (Bade-)Entlein. Doch mit dem Umblättern der letzten Seite ist gleichzeitig die erste Seite dieses Klappbuchs erreicht und damit eine andere Sicht auf die Ereignisse: "Ich fand ein Kind und es nahm mich zu sich." Die gleichen Bilder (diesmal auf hellblau) werden nun vom Entlein selbst kommentiert – und plötzlich scheint umgekehrt das Kind sehr nützlich. Was vorher noch als wilder Ritt auf dem scheinbar malträtierten Entlein erschien, deutet dieses als Massage ... Die Pointe des robusten Klappbilderbuchs funktioniert in jedem Alter.
Aus dem Span. v. Karl Rühmann.
Jungbrunnen 2012.
34 S.
Sarah Michaela Orlovský/Birgit Antoni: Babybauch und Windelwunder
Wenn ein jüngeres Geschwisterkind erwartet wird, sind viele werdende große Geschwister noch zu jung für klassische Aufklärungsbücher. Diesem Manko schafft dieses Buchstart-Pappbilderbuch des österreichischen Duos Sarah Michaela Orlovský und Birgit Antoni Abhilfe: Die entzückende, wohltuend geschlechtsneutral dargestellte kindliche Hauptfigur erklärt kompetent und doch ganz einfach, wie das Baby im Mamas Bauch wächst und wächst und was noch alles zu tun ist bis zu seiner Ankunft. Immer mit dabei: eine muntere Runde an Stofftieren und anderen Alltagsgegenständen, die natürlich auch entsprechend ins Geschehen mit einbezogen werden. Und sogar bei einem ganz besonderen Moment dabei sein dürfen: „Ich bin der allererste Besuch für das Baby. In seinem ganzen Leben.“
Tyrolia 2018.
Kathrin Schärer: Nur noch eins.
Auch die schönsten Spielereien und Momente sind irgendwann einmal vorbei. Das Papp-Bilderbuch für die Kleinsten zeigt, wie ein kleiner Bär, als der Tag zur Neige geht, seine Projekte beendet und aufräumt. Er fädelt die letzte Perle auf seine Kette, er stellt den letzten Baustein auf seinen Bausteinturm, er räumt letzte Farbe in seinen Malkasten und lässt sich nach einem letzten Buch schließlich ins Bett bringen und gutenacht-küssen. Wie für die Illustratorin Schärer typisch, leben die Bilder von den liebevoll gestalteten Tierfiguren mit ausdrucksstarken Augen und aufwändig konturiertem Fell.
Orell Füssli 2019.
32 S.
Claude K. Dubois: Pfff…
Man kennt das ja: Kaum ist die Bildschirm-Zeit vorbei, ist plötzlich alles laaaangweilig. Das finden auch die beiden Entenkinder, deren Papa sie nach dem Tablet spielen nach draußen schickt. Die belgische Illustratorin Claude K. Dubois zeigt hier, dass sich ihr expressiver Strich nicht nur für schwierige Themen eignet, sondern auch großes komödiantisches Potential hat: Wie die beiden Entchen ihre Langeweile demonstrativ zelebrieren, wird mit wenigen und gedeckten Farben in den Weißraum gestellt. Selbst ein Plantschbecken und ein neuer Spielgefährte vermögen die Zwei nicht aus ihrer Lethargie zu erwecken. Bis schließlich etwas Ungeplantes passiert, dass Erwachsene meist unangenehm, Kinder hingegen wahnsinnig lustig finden…
Moritz 2019.
32 S.
Silvia Borando: Pass auf!
In gestalterischer wie erzählerischer Hinsicht folgt das textlose Bilderbuch dem Prinzip der Einfachheit. Programmatischer Weise geht es dabei auch um grundlegende Themen des kindlichen Alltags sowie des Lebens ganz allgemein: um das kindliche Staunen und Beobachten, um neugieriges Entdecken und Lernen; aber auch ums Fressen und Gefressenwerden, von großen und noch größeren Anderen. Die Doppelseiten arrangiert die italienische Autorin entlang von gleichbleibenden Konstanten und deren Variationen, während sie abwechselnd auf eine weiße Winterlandschaft und zwei kindliche Beobachter*innen im warmen Haus blickt. Die spannungserzeugende Komposition aus aufeinanderfolgendem Schuss und Gegenschuss, der Kontrast von drinnen und draußen werden so zum zentralen dramaturgischen Schema dieses wirklichen amüsanten Bilderbuchs für noch junge Leser*innen.
Freies Geistesleben 2019.
44 S.
Jutta Bauer: Steht im Wald ein kleines Haus
Ein altes Kinderlied mit seinen vertrauten Motiven wird hier in einfachen paargereimten Versen erweitert. Drei Strophen bekommt das Kinderlied und schwingt so in der rhythmischen Melodie der Wiederholung. Die Bilder evozieren den Wechsel der Jahreszeiten. Zeit vergeht. Die marinefarbenen Schatten der Bäume und der rosafarbene Himmel versetzen den Betrachter in die Welt einer Traumsequenz, in der die behagliche Gemütlichkeit in dem kleinen Haus am Wald mit den entfremdenden Elementen der Umgebung kontrastiert wird. Die malerische hohe Qualität der Illustrationen stellt die Verbindung zu künstlerischen Traditionen her, eine Wiederaufnahme frühexpressionistischer Lösungen der Farbgebung und der Perspektive. Einfach also und doch voll komplexer Bezüge.
Moritz 2012.
36 S.
Guido van Genechten: Der kleine weiße Fisch ...
... und seine Freunde / ... und sein Papa
Während manche Bücher für die Allerkleinsten meinen, der Zielgruppe durch besondere Buntheit entgegenkommen zu müssen, setzt der belgische Illustrator Guido von Genechten in seinen Büchern rund um den kleinen weißen Fisch auf den wirkungsvollen Kontrast zwischen schwarzem Hintergrund und weißer Figur – dazu werden dann wiederum kluge Farbakzente gesetzt. Denn wenn der kleine weiße Fisch im ersten Band auf der Suche nach seiner Mama verschiedenste Tiere trifft, sind diese jeweils in einer Farbe dargestellt. Auch seine Freunde haben verschiedene Farben (am meisten Spaß macht es aber, wenn alle gemeinsam spielen). Im neuesten Buch stehen schließlich die Papas im Zentrum (welcher Papa der Allerbeste ist, versteht sich wohl von selbst…). Ganz reduziert in Bild und Text findet hier eine höchst gelungene erste Einführung in die Welt der Bilder und Geschichten statt.
Ars Edition 2016/2018.
20 S.
Judith Drews: Antons ganze Welt
Der Reiz von Literatur besteht in jedem Lesealter unter anderem darin, im Buch Identifikationsangebote, Bezüge zum eigenen Leben zu finden. Für sehr junge Kinder, die gerade dabei sind, die Welt, aber auch sich selbst zu entdecken, sind diese Aspekte besonders relevant – und die Pappbilderbücher rund um den Hasenbuben Anton bieten davon jede Menge an. Auf der linken Doppelseite ist jeweils ein Satz über Anton zu lesen – die rechte Doppelseite zeigt ihn bzw. sein Umfeld in konturierten Abbildungen. In "Antons ganze Welt" wird ein ganzes Kinderuniversum mit verschiedensten Stimmungen und Gefühlen ausgebreitet. Am Ende steht die lakonische Feststellung: "Anton ist ein echter Held."
Beltz&Gelberg 2010.
96 S.
Yusuke Yonezu: Wer kann das sein?
Auch ein schöner Rücken kann entzücken. Acht Seiten lang lockt das Pappbilderbuch den Blick auf die Rückensicht unbekannter Protagonisten. Klappt man die Bilder nach oben, präsentieren sich Entenküken, Hase und Schweinchen – nebst vielen anderen. Der wiederholte Satz "Wer kann das sein?" initiiert den Klappmechanismus und jeweils eine knappe Tierbeschreibung macht Lust zum Mitraten. Spielerisch wird so erarbeitet, dass Füchse eckige Ohren und einen buschigen Schwanz, Elefanten hingegen ein Pinselschwänzchen und dicken Po haben. Der Aha-Effekt sorgt für lustige Überraschungsmomente, der Spaß funktioniert auch nach dem x-ten Mal. Die Tiere selbst entzücken mithilfe des Kindchenschemas: Dicke, schwarze Konturen sorgen für schnelles Erkennen, leuchtende Farben für Abwechslung und die lächelnden Gesichter und winkenden Pfoten/Flügel/Hufe/Händchen/... laden zur motorischen Selbstbetätigung ein!
Minedition 2014.
24 S.
Sabine Lohf: Zitronengelb und Feuerrot. Das Buch der vielen Farben
Was haben Prinzessinnenrosa und Hexenhaarrot gemeinsam? – Obwohl sie zwei sehr unterschiedliche Farbnuancen repräsentieren und auch sonst unverwechselbar auftreten, werden sie in diesem Pappbilderbuch von ein und derselben Mädchenfigur dargestellt. Einmal in Kleidchen aus Rosenblütenblättern und schon auf der nächsten Seite in einem Rock aus echtem, orangenem Kürbis. Jede Doppelseite zeigt ein neues, schön-klingendes Farbenwort, dem unterschiedlichste Bildassoziationen gegenübergestellt werden. Von Bananengelb über Zebrastreifenweiß bis hin zu Buntkariert – Sabine Lohfs Ideenschatzkiste aus größtenteils haptisch dargestellten und abfotografierten Collagen und Miniaturobjekten macht Lust auf eigene Farbideenumsetzungen und lädt darüber hinaus zum Spiel mit Worten ein.
Moritz 2013.
106 S.
Jutta Bauer: Emma (7 Bände)
Ihr Einfühlungsvermögen in die Lebenswelt der Allerkleinsten hat die mehrfach preisgekrönte Illustratorin Jutta Bauer bereits in zahlreichen Bilderbüchern bewiesen – mit den Pappbilderbüchern rund um das stets in eine weißgetupfte, rote Hose gekleidete Bärenmädchen Emma bietet sie nun ein ansprechendes Lektüreangebot für diese Altersgruppe (das laut Klappentext von akkreditierten Prüflabors bereits für Kinder ab 18 Monaten freigegeben wurde). Jeder Band ist einem Thema aus der alltäglichen Lebenswelt von Kleinkindern gewidmet – Emma lacht, Emma wohnt, Emma isst, Emma weint ... In zurückgenommenen Farben ist auf der rechten Seite jeweils eine Situation aus Emmas Leben zu sehen, die auf der linken Seite von einer Vignette und einem gereimten Zweizeiler kommentiert wird. "Emma schläft tief und geborgen. Alles andere macht sie morgen."
Carlsen 2009-2010.
16 S.
Lucie Albon: Lili entdeckt die Farben
Die titelgebende Entdeckungsreise durch die Welt der Farben unternehmen Maus Lili und ihr Freund Henri auf unkonventionelle Weise, die sprachlich jeweils durch ein einfaches Frage-Antwort-Schema aufbereitet wird. „Schau nur, alles ist blau! Wie schön!“ Aber so beeindruckend die blau gemalten Meereswogen über den weißen Papphintergrund schwappen, so jämmerlich die Antwort: „Ich kann nicht, mir ist schlecht…Ich bin seekrank.“ Besonders ist auch die Technik, mit der die französische Künstlerin Lucie Albon sowohl ihre Figuren als auch einzelne Bilddetails gestaltet hat: Fingerdruck ergibt nicht nur tolle Effekte, sondern macht natürlich Lust aufs selber Ausprobieren. Wie gemacht dafür ist die im Buch integrierte Anleitung für eine kleine Finger-Druckwerkstatt, mit der kleine Künstler*innen mit ein wenig erwachsener Unterstützung tolle Kunstwerke produzieren können.
Gerstenberg 2018.
26 S.
Britta Teckentrup: Lauf nach Haus, kleine Maus
Wenn es im Wald dunkel wird, der Weg nicht mehr erkennbar ist und es überall gleich aussieht, kann es einen schon mal richtig gruseln. Besonders, wenn man eine kleine Maus ist, die sich hier gar nicht auskennt. Dann schimmern auch noch mysteriöse Augen in der Finsternis und die warnende Stimme im Kopf wird immer lauter: Lauf nach Haus, kleine Maus! Nur selten wagt es ein Pappbilderbuch, schwarz und gruselig zu sein. Dieses aber liebt die großflächigen Schatten der Nacht, den strahlenden Vollmond, die immer gleichen Baumschablonen, zwischen denen die Maus umherirrt, und das Spiel mit den leuchtenden Augen. Immer wieder findet sich die Maus auf pechschwarzen Seiten, die nur durch runde Ausschnitte glimmende Augen freigeben, was neben aller Gänsehaut auch einen spielerischen Aspekt einbringt, denn alle zu erratenden Tiere tauchen auch auf der ersten Seite auf und können bei genauem Hinsehen erkannt werden. Zum Glück führt der Weg der Maus an allen Gefahren vorbei ins sichere Happy End.
Jacoby&Stuart 2012.
34 S.
Atelier Flora: Alles Farbe
Was verbindet den Koch mit dem Ei, das Huhn mit dem Federkissen oder den Schnee mit dem Gipsbein? Mehr als die Dramaturgie einer Geschichte. Es ist die Farbe Weiß, die ihnen allen gemein ist. "Alles Farbe!" verpackt postmoderne Assoziations- und Verwandlungsfreude in das klassische quadratische Format der Fotobücher für Kleinkinder.
Seitenfüllende Fotos von spielenden – bastelnden – essenden Kindern wechseln sich mit Zeichnungen in verschiedensten Techniken ab. In einem gemeinsamen Schaffensprozess des Atelier Floras wurde mühevoll gesammelt, geknetet und arrangiert. Der bunte Setzkasten von Alltagsgegenständen erlaubt neugierige Blicke auf Altbekanntes sowie auf Ungewohntes.
Dada meets Fluxus und die Produktion eines Bilderbuches gerät zu einem Happening, dessen Dokumentation das Produkt selber ist. Fazit: Einfach selber machen!
Beltz&Gelberg 2012.
Ole Könnecke: Das große Buch der Bilder und Wörter
Spielsachen, Wohnungseinrichtung, Kleidung, Werkzeug, Obst, Gemüse, Tiere, Fahrzeuge, Musikinstrumente, Formen, Farben, Körperteile, Bewegungen, Stimmungen: Auf jeder Seite des großformatigen Pappbilderbuchs arrangiert Ole Könnecke Gegenstände aus verschiedensten Themenkreisen. Neben den entsprechenden Bezeichnungen gibt es keinen Text und somit auch keine Narration im engeren Sinn; dennoch können über die abgebildeten Objekte Bezüge zur Realität hergestellt und Erzähl- und Gesprächsanlässe geschaffen werden. Welche Kleidung zieht man im Sommer an, welche im Herbst? Wozu könnte man dieses Werkzeug verwenden? Anthropomorphisierte Tierfiguren begleiten jede Szenerie und erweitern den Variantenreichtum möglicher Bezüge.
Hanser 2010.
20 S.
Satoru Onishi: Wer versteckt sich? Ein Bilderbuch zum genauen Hinsehen
Wer ist wütend? Wer hat Hörner? Und: Wer versteckt sich? Fein säuberlich im Rechteck aufgereiht, geradeaus in Richtung der Betrachter*innen blickend, stehen sie da; Rentier, Hase, Zebra und all die anderen. Jedoch einige der achtzehn, auf jeder Seite am gleichen Platz angeordneten Tiere, verschmelzen jeweils so mit ihrem Hintergrund, dass sie nur mehr schwer zu erkennen sind. Wer versteckt sich hier? Von der ansonsten roten Katze sind plötzlich nur mehr Augen, Ohren und Mund zu sehen. Ähnlich ergeht es auf dieser, völlig in rot gefärbten Seite, Nashorn und Giraffe. Um das Rätsel zu lösen, müssen die anders gefärbten Seiten davor genau memoriert werden. Doch dann wird alles blau ... Als besondere Form einer Schule des Sehens treten Figur und Hintergrund in immer neue und überraschende Wechselwirkung und steigern so mit jeder Seite den Bildgenuss.
Moritz 2010.
40 S.
Marianne Dubuc: Meine große kleine Welt
Quadratische Pappbilderbücher wie dieses basieren oft auf der Abbildung von ganz wenigen, reduzierten Gegenständen, die es für ganz kleine Kinder wiederzuerkennen und zu benennen gilt. Hier jedoch wird in einfacher Sprache eine durchaus komplexe Geschichte entwickelt: Ihren Ausgangspunkt nehmen Text und mit Buntstift gestaltete Bilder bei "meinem Haus" auf einem kleinen Hügel. Mit jeder folgenden Doppelseite wird rund um dieses Haus, wortwörtlich in alle Richtungen, ein ganzes Geschichtenuniversum entwickelt: Vor dem Haus ist ein Rosenbäumchen – auf diesem wiederum ein Vogel. Über dem wiederum ist ein Fenster, hinter dem sich ein Kinderzimmer verbirgt. Im Reigen dieser Aufzählungen finden sich in Bild und Text zahlreiche Verweise auf Märchen, Sagen und andere Erzähltraditionen – bis die immer skurriler werdende Reise in die Welt der Geschichten schließlich ihr Ende am Ausgangspunkt, dem kleinen Haus am Hügel findet.
Aus dem Französ. v. Anna Taube.
Carlsen 2010.
120 S.
Cédric Ramadier / Vincent Bourgeau: Da kommt der Wolf!
Es ist das allseits bekannte, vor allem durch Volksmärchen tradierte Motiv des großen, bösen Wolfes, das in diesem Papp-Bilderbuch aufgegriffen wird. Im Spiel mit der kindlichen Furcht vor dem bösen Wolf, der immer näher kommt, inszeniert das französischen Autoren- und Illustratorenteam Cédric Ramadier und Vincent Bourgeau eine originelle Interaktion zwischen Buch und Leser*in, in welcher das Buch zum Handlungsobjekt wird. Es tritt dabei mit den Leser*innen in Dialog und fordert sie auf, es zu neigen, zu schütteln, umzudrehen und – zuzuklappen. Die Auswirkungen zeichnen sich im Buch ab: Der Horizont darin neigt sich mit der Neigung des Buches, der Wolf wird zu Fall gebracht, geschüttelt und auf den Kopf gestellt. Ein einzigartiges Leseabenteuer auch für die Allerkleinsten – da "fangen wir gleich noch mal von vorne an"!
Aus dem Französ. v. Markus Weber.
Moritz 2014.
24 S.
Ann Cathrin Raab: Fünf Mäuse...und eine Katz
Haptik und Bewegung werden hier auf kleinformatigen Seiten aus dickem Papier zusammengebracht: Am Cover kann über das samtige Fell jener Katze gestrichen werden, deren Riesenaugen auftauchen, als fünf Mäuse über die Bilderbuchseiten springen und fliegen. Der Weißraum des Bilderbuches wird zum Spielraum der Mäuse. Raumgestalterischer Elemente bedarf es dabei kaum: Ann Cathrin Raab arbeitet erneut in Schwarz-Weiß, strukturiert ihre Bilder nur durch schwarze Farbflächen und Striche, die den Bewegungen der Mäuse folgen. Ein Spiel um die Vorherrschaft über die Buchseiten hebt an, Katzen und Mäuse werden im Kampf zum Knäuel aus schwarzflächigen Impulsen, bis eine der Parteien als Sieger hervorgeht. Wer an den Hang des Bilderbuches zur Stärke der Kleinen denkt, wird unschwer erraten, welche.
Dynamisch für die Kleinsten gestaltet, lässt das Bilderbuch sich wunderbar vorlesen – wobei die räumlichen Effekte natürlich in Sprachmodulation und Gestik übertragen werden müssen! Zu empfehlen für die Kleinsten.
Kunstanstifter 2013.
32 S.
Moni Port: Es gibt keine Kinder! Eine Gute-Nacht-Geschichte
"Aber Mausezahn, ich hab dir doch schon hundertmal gesagt: Es gibt keine Monster!" In ihrer etwas anderen Gute-Nacht-Geschichte legt Moni Port diese kindliche Perspektive auf jene des Monsters um und kommt dabei ganz ohne Erzählerstimme aus. Nachvollzogen in den Dialogen von Monster- und Menschenkind mit ihrer jeweiligen Mutter, liefern sich Monster und Kind einen Schlagabtausch und bespielen abwechselnd den hermetischen Raum des Kinderzimmers, in dem die Geschichte verortet ist. Das Monster, das sich beruhigenderweise ebenso vor Kindern fürchtet wie umgekehrt, wird dabei zu einem beständigen Lebens-"Gefährten" des Kindes, dargestellt als schwarzer Schatten, der durchaus Körperlichkeit besitzt und als solcher vom Kind tagsüber unentdeckt bleibt, im Kinderzimmer aber immer schon "da" ist.
Klett Kinderbuch 2014.
24 S.
Komako Sakai / Nakawaki Hatsue: Warte, warte - wo willst du hin?
Durchwegs der kindlichen Perspektive verpflichtet, erzählt dieses Papp-Bilderbuch mit bewundernswerter Schlichtheit in Text und Bild vom Entdeckungsreichtum und zugleich von der Einfachheit des kindlichen Alltags der Allerkleinsten. Im Zentrum steht eine kindliche Figur, die durch die gesamte Erzählung hindurch namen- und geschlechtslos bleibt und deren tierischen Begegnungen wir mit dem Umblättern folgen: Nach der ersten Begrüßung "Hallo, Schmetterling!" entwischt dieser auf der nächsten Doppelseite sogleich auch schon wieder, was im Text lediglich mit dem titelgebenden Ausruf "Warte, warte ... wo willst du hin?" wiedergegeben wird. Derselben Struktur folgend und immer vor derselben Kulisse, trifft die kindliche Figur so auf Eidechse, Taube und Katze; dann spricht der Vater: "Warte, warte ... wo willst du hin?" und hebt sein Kind auf die Schultern. Feingefühl beweist dabei nicht nur Komako Sakai in ihrer fragilen, handlungstragenden Strichführung, sondern auch Nakawaki Hatsue, wenn sie in ihrem schlichten Text die Gedanken des Kindes verbalisiert.
Moritz 2014.
22 S.
Entstanden ist diese Themenliste im Rahmen des Projektes Buchstart Österreich: Mit Büchern wachsen. Alle Infos über dieses einzigartige Projekt des Österreichischen Bibliothekswerks sowie angebotene Materialen finden Sie >>> hier.
Anlässlich des 10. Geburtstags des Projekts Buchstart Österreich: Mit Büchern wachsen, der ganz unter dem Motto Heilsame Bücher steht, hat die STUBE eine Buchliste mit Büchern für das Wartezimmer bei unterschiedlichen Ärzt*innen zusammen getragen, die >>> hier zu finden ist.