STUBE-Freitag am 26. April 2024: Tag & Nacht
Zu Gast: Jens Rassmus
Dunkel war das Nacht-Tier auch bei Tag, ebenso der taube Hörsaal, doch trocken blieb die akademische Nachtschicht auch ohne Regentag nicht, denn Tränen lachend fand man sich tags darauf in der STUBE wieder ein, um gesterns morgen heute sein zu lassen. Man ist schließlich nicht zum Spaß hier. Oder doch? Man gönnt sich ja sonst nichts …
Noch Fragen?
Jedenfalls, und das lässt sich ohne Umschweife sagen, war der einzig wahre Spezialist für all diese Belange an diesem STUBE-Freitag zu Gast, um letztgültig zu klären, ob der Mond helle scheint, ein Nacht-Tier bei der Tür hereinkommt oder wie ein Regentag zu verbringen ist.
Jens Rassmus, der diese und viele Szenarien mehr auf Buchseiten bannte und dafür auch mehrfach preisgekrönt wurde, gewährte anhand jener drei Bücher im Werkstattgespräch mit Heidi Lexe Einblick in sein Schaffen.
Dunkel war’s, der Mond schien helle ist nicht nur ein Stück Volkspoesie, das keinen oder – wie man’s nimmt – unzählige Urheber*innen kennt, sondern auch ein Projekt von Uwe-Michael Gutzschhahn, der befreundete Autor*innen einlud, dem gerade noch halbwegs bekannten Gedicht weitere Strophen hinzuzudichten. Damit wollte er einerseits dem kollektiven Gedächtnis auf die Sprünge helfen und das Gedicht dem Vergessen entreißen, andererseits den Spaß an kuriosen Ideen und am Spiel mit der Sprache feiern. So enthält das Buch, dessen Illustration und Gesamtgestaltung Jens Rassmus übernommen hat, Beiträge von Heinz Janisch, Susan Kreller, Paul Maar, Nils Mohl, Michael Roher, Elisabeth Steinkellner und einigen anderen. Im Sinne der Volkspoesie wird allerdings nicht ausgewiesen, welche Strophe aus wessen Feder stammt. Die Illustration, malerisch und in Akryl, bringt von Doppelseite zu Doppelseite Gegensätzliches in Zusammenhang. Dabei finden sich neben wiederkehrenden Charakteren und verspielten Experimenten mit Größenverhältnissen auch Zitate aus der Kunstgeschichte, z. B. Dalis Uhr oder Magrittes Reich der Lichter.
Das Nacht -Tier ist ein Werk aus einer Hand. Jens Rassmus illustriert darin seinen eigenen Text über einen Jungen, der sich die Sache mit dem Einschlafen erst noch überlegen muss und in der Zwischenzeit auf dem Rücken des Nacht-Tiers eine abenteuerliche Reise fliegend, schwimmend, kletternd durch die Stadt, über die Berge und das Meer unternimmt, bis er schließlich wieder in seinem Bett landet, wo er an der Seite des zum Spielzeug geschrumpften Nacht-Tiers einschläft.
Illustratorisch sind Malerei und Akrylfarben dem Nacht-Tier vorbehalten, während das Kind und die reale Welt gezeichnet und koloriert sind. Jens Rassmus arbeitet ausschließlich analog und plagt sich nur sehr selten mit „digitalem Herumgetrickse“ ab. Wer 2019 bei der Verleihung des österreichischen Kinder- und Jugendbuchpreises dabei war und dort „das Werk aus einer Hand“ auch an „die eine Stimme“ gekoppelt erlebte, durfte sich nun über ein Wiederhören freuen.
Im Gegensatz dazu ist Regentag ein silent book. Zwei Kinder bleiben an einem Regentag in ihrem Zimmer und erleben fantastische Abenteuer in Welten, die sie selbst erfinden. Die Realität spielt sich dabei in Tusche-Pinsel-Zeichnungen ab, während die imaginierte Welt in bunten Panels angeordnet ist. Übergänge geschehen dabei durch Requisiten oder durch den im Bilderbuch sehr oft dramaturgisch zentralen Vorgang des Umblätterns. Die Geschichte hatte ursprünglich Text, der aber im Arbeitsprozess von den spielenden Kindern übernommen wurde. Die Imagination wird durch die reduzierte Technik verstärkt und von keinem zur Verfügung stehenden Spielzeug angeregt.
Auf die Frage, woher diese „eigenen“ und „anderen“ Bücher (siehe Menüpunkte auf seiner Website) stammen, wies Jens Rassmus lapidar auf das eine oder andere Notizbuch in seiner Schreibtischlade hin. Das Format seiner Bücher wählt er selbst, und bei fremden Texten sucht er selten Kontakt zum/r Autor*in, sondern bahnt sich seinen eigenen Weg zur Bildsprache einer Geschichte.
Keine weiteren Fragen.
Dafür gab es eine lange Nachspielzeit, denn Jens Rassmus signierte nicht nur die am Büchertisch erworbenen Bücher, sondern versah sie auch mit witzig-genialen Zeichnungen, auf die man beim anschließenden Buffet freudig anstoßen konnte.
Bericht von Alexandra Holmes
Das Video on demand ist >>> hier für >>> STUBE-Card-Abonnent*innen ab dem 30. April 2024 zugänglich.