Fernkurstagung: Szene 18, Klappe 4
Filmische Adaptionen von Kinder- und Jugendliteratur
... und Action!
Ein Kinder- und Jugendbuchautor betritt die Lesebühne, erzählt über sein Schreiben und ...
... alle sind happy! Manchmal kann das Leben so einfach sein. Alles, was es dazu braucht ist ein Andreas Steinhöfel. Mehr dazu später ...
Die Fernkurstagung in Siegburg bei Bonn von 31. August bis 2. September 2018 begann natürlich mit einem spritzigen, launigen und gleichzeitig informativen Einstieg, den das STUBE-Team exklusiv für diese Veranstaltung vorbereitet hatte: das Filmquiz. Zugegeben, es war nicht einfach, man musste all sein Film-, Literatur- sowie populärkulturelles Wissen einsetzen, um hier punkten zu können. Am Ende aber winkte ein grandioser Preis, der dem einen oder der anderen ein Lächeln ins Gesicht zaubern sollte. Mehr dazu später...
Eröffnet wurde die Fernkurstagung von Bettina Kraemer (Borromäusverein e.V.), die als STUBE-Kooperationspartnerin keine Wünsche bei Teilnehmer*innen, Vortragenden und dem STUBE-Team übrig ließ und mit einer charmanten Begrüßung das Fundament für ein gelungenes Wochenende legte, das sich ganz den Verfilmungen von Kinder- und Jugendliteratur widmen sollte.
Wäre der Begriff Keynote-Präsentation im allgemeinen Sprachgebrauch der STUBE verankert, würde man Tobias Kurwinkels (Universität Bremen) einleitenden Vortrag wohl als ebenjenen bezeichnen. Doch Kurwinkels Titel vermag wohl wessentlich besser auszudrücken, was das erste von insgesamt vier Referaten lieferte: "Grundsätzliches, Allzugrundsätzliches zur Literaturverfilmung". Neben der "Ausdrucksmittelübergreifenden Filmanalyse", die anhand von Verfilmungen wie "Ronja Räubertochter", "Rico, Oskar und die Tieferschatten", "Matilda" oder "Frozen" zeigte, woraus Filme gemacht sind, konnte Kurwinkel auch darüber Auskunft geben, wie sich das Verhältnis originärer Drehbücher im Vergleich zu "Adaptionen" im Laufe der Filmgeschichte veränderte. Während in den Jahren zwischen 1945 und 1965 rund 87% der Kinderfilme auf Märchen oder anderen an Kinder adressierte Bücher aufbauten, trugen in den letzten beiden Jahren "nur" noch 61% der produzierten Filme dieses Merkmal. Die Betonung liegt auf: nur noch 61%.
Nach dem Abendessen ging die Sonne zu 100% nach unten und die Vorfreude auf das Werkstattgespräch mit Andreas Steinhöfel um 100% nach oben. Die ausgefuchsten Teilnehmer*innen kauften bereits vor der Abendveranstaltung Bücher zum Signieren und der ausgefuchste Fotograf nutzte dieses Setting für ein stimmungsvolles Bild.
Für richtig gute Stimmung sorgte schließlich Andreas Steinhöfel, der mit seiner Erinnerung an eine ganz frühe, aber umso einschneidendere Fernseherfahrung das Publikum in seinen Bann zog. Steinhöfel konnte sich noch ganz genau daran erinnern, wie schön schauerlich es war als er und sein Bruder Dirk unter einer Decke zuflucht suchten, während am noch Fernbedienungslosen TV-Gerät "Die Stunde, wenn Dracula kommt" lief.
Ein perfekter Gesprächspartner war Andreas Steinhöfel für Heidi Lexe auch auf Grund der Tatsache, dass der Autor nicht nur Literatur für Kinder und Jugendliche verfasst, sondern auch Drehbücher für Filme und Serien schreibt. Zudem hielt Steinhöfel reflexiv fest: "Ich schreibe sehr filmisch." So war es besonders spannend zu hören, wie es ihm vor, während und nach den Produktionen von "Die Mitte der Welt", der Rico-Oskar-Reihe und "Es ist ein Elch entsprungen" ergangen ist.
Nach einem unglaublich kurzweiligen Gespräch, das nochmal drei Stunden hätte dauern können, bekamen die Teilnehmer*innen die Möglichkeit mit Andreas Steinhöfel persönlich ins Gespräch zu kommen und all ihre Bücher signieren zu lassen. Die Formulierung "all ihre Bücher" kann fast wortwörtlich verstanden werden.
Und natürlich war auch Zeit für das eine oder andere Foto, die wunderbar zeigen, wie viel Freude man am Wiedersehen hatte. Zwar musste Heidi Lexe nicht ganz so lange warten, um ein Gespräch mit Andreas Steinhöfel zu führen, doch sind nun doch schon wieder neun Jahre zur letzten >>>Fernkurstagung in Strobl am Wolfgangsee mit Steinhöfel'scher Beteiligung vergangen.
Erstmals bei einer Fernkurstagung als Refernt mit dabei war Klaus Maiwald von der Universität Augsburg. Er konzentrierte sich in seinem Vortrag "Stadt - Land - Film. Adaptionen von Kinderliteratur: Die "Belichtung" literarischer Stoffe im Film anhand von zwei Beispielen" auf "Rico, Oskar und die Tieferschatten" sowie auf "Hände weg von Mississippi", kam aber auch auf das nicht unkonfliktiöse Verhältnis zwischen Lese- und Filmsozialisation zu sprechen. Kurz: Das Filmsehen hat aus pädagogischer Sicht immer noch mit einem schlechten Ruf zu kämpfen. Umso erfrischender war es, als Klaus Maiwald am Ende seines Vortrags den Spieß (auf ironische Weise) einmal umdrehte und erkenntnisreich ausführte, was denn einer literarischen Vorlage (Namen werden hier nicht genannt) im Vergleich mit einer gelungenen Verfilmung alles abhanden kommen kann. Zitat: "Der Film holt die Komplexität ein und lässt den Stoff mit den Mitteln des Mediums neu und heller aufscheinen."
Apropos "Aufscheinen": Einer der jungen Sterne im Bereich der Kinder- und Jugendliteraturforschung ist Anna Stemmann und all jenen, die regelmäßig >>>Veranstaltungen der STUBE besuchen sicherlich schon bekannt. Diesmal referierte sie jedoch nicht über Superheld*innen oder über Comics, sondern über "Filmische Bearbeitungsprozesse und ihre handlungslogischen und bildästhetischen Effekte" und nannte ihren Vortrag "Jugendliteratur ins Bild gesetzt", in dem sie die Zuhörer*innen auf einen rasanten, wissenschaftlichen "Road Trip" durch die deutschsprachige Jugendliteratur mitnahm. Von Nils Mohls "Es war einmal Indianerland" über Wolfgang Herrndorfs "Tschick" ging es zu Rolf Lapperts "Pampa Blues". Besonders interessant dabei der spezifische Blick auf die Bewegung im Raum gekoppelt mit filmwissenschaftlichen Begriffen, der deutlich machte, wie präzise zeitgenössische Jugendliteraturverfilmungen (zum Teil) und wie viel präziser Annas Stemmanns über (räumliche) Strukturen in Jugendliteratur arbeiten.
Anna Stemmann wurde für Szene 18, Klappe 4 gleich zwei Mal gebucht und so hielt sie im Anschluss an ihren Vortrag, mit kurzer Pause - man lebt ja nicht nur von wissenschaftlichem Input -, einen Workshop mit dem Titel: "Von der räumlichen zur zeitlichen Sequenz: Wie die statischen Bilder des Comics zu Filmen werden" ab.
Neben Anna Stemmanns Workshop wurden zwei weitere angeboten, die von Ute Wegmann und Peter Rinnerthaler abghalten wurden. Die deutsche Autorin, Redakteurin und Filmemacherin gab Einblicke in die Kunst des Filmemachens: "Als die Vögel fliegen lernten" Vom Bilderbuch zum Drehbuch zum Kurzfilm: Mediale Übersetzungsprozesse und Darstellungsstrategien".
Peter Rinnerthaler konzentrierte sich währenddessen auf Geschlechterrollen in Disney-Prinzessinnen-Filmen. Workshoptitel und Einstiegsfilm lauteten: "Whistle While You Work".
Die Teilnehmer*innen, die sich den Märchenklassikern mit Prinzessinnenbeteiligung widmeten, konnten sich in kurzen und ohne Ton abgespielten Videosequenzen ein Bild davon machen, wie in Kinderfilmen Machtstrukturen aufgebaut und natürlich wunderbar orchestriert werden.
"Never change a running system". So könnte man das Motto des Samstagabends benennen. Nach dem großen Erfolg in Strobl am Wolfgangsee, wo in Anwesenheit Nils Mohls die Literaturverfilmung von "Es war einmal Indianderland" gezeigt und im Anschluss darüber diskutiert wurde, sollte dieses Format den Teilnehmer*innen in Siegburg nicht vorenthalten werden. Nach einführenden und sehr präzisen Überlegungen von Jörn Figura-Buchner wurde lange in den Abend hinein und mit abermals neuen sowie erkenntnisreichen Beobachtungen über den Film diskutiert.
Die Gestik verrät alles: Heidi Lexe lieferte einen spektakulären Höhepunkt am Ende der Fernkurstagung, indem sie einen "Blick ins Stundenglas" warf und den gesamten Vormittag über "20 Jahre Harry Potter multimedial" referierte. Nachdem Heidi Lexe bei Enstehungsgeschichten, multimediale Verweise, Informationen über die Drucksorten, Vergleiche zwischen Literatur und Verfilmung, Figurencharakterisierungen und Ausblicke auf zukünftige Medienbeispiele ins Detail gehen konnte, verriet der Applaus am Ende, dass auch sie nochmals drei Stunden hätte draufpacken können. Das dazu parallel laufende Jubiläumswochende mit dem Hashtag #backtohogwarts, das weltweit zelebriert wurde, hätte sich keine besser passende und fundierte, wissenschaftliche Auseinandersetzung wünsche können.
Ein Wunsch ging schließlich ganz am Ende noch in Erfüllung.
Denn am Ende der Tagung hieß es
"And the winner is... [Trommelwirbel]
Johannes Reimer!" Der Mitarbeiter der Büchereien Wien, Fernkursteilnehmer und STUBE-Veranstaltungsrekordbesucher konnte neben vielen, vielen Büchern, die er am Büchertisch erworben hatte, die bei Carlsen erschienene, illustrierte Ausgabe Newt Scamanders "Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind" (J. K. Rowling und Olivia Lomenech Gill, Illustration) mit nach Hause nehmen.
Szene 18, Klappe 4 ...
... und Cut!
Die STUBE bedankt sich sehr herzlich bei den Kooperationspartner*innen der Tagung:
Borromäusverein e.V.
und
Katholischer Kinder- und Jugendbuchpreis
der Deutschen Bischofskonferenz.