STUBE-Freitag: Zuschneiden
Zu Gast: Illustratorin Raffaela Schöbitz
Fingerhüte voll Glück: Das Frühjahrsmotto der STUBE löst sich auch diesmal wieder wunderbar ein – vor allem wegen des fabelhaften Gastes, aber auch, weil man sich glücklich schätzen darf, dass die Vielbeschäftigte Zeit für einen Besuch hat.
Mit Raffaela Schöbitz ist eine der umtriebigsten Illustrator*innen Österreichs erstmals in der STUBE zu Gast! Ihre beeindruckende Werkliste zeugt von einer enormen Produktivität, sind doch alleine im letzten Jahr sechs Titel erschienen, die ihre stilistische Bandbreite erahnen lassen und bestätigen, was ihre DIXI-Preis-Tutorin Linda Wolfsgruber schon 2015 nahelegte und was Stipendien und Preise belegen, dass man nämlich Raffaela Schöbitz im Blick behalten wird.
Im Werkstattgespräch mit Heidi Lexe erzählt Raffaela Schöbitz anhand fünf ausgewählter Titel über ihre Arbeit und darüber, dass sie keine Grenze zwischen Artifiziellem und Populärkultur zieht, sondern auf unterschiedliche Ebenen der Inspiration zurückgreift.
In „Kommt ein König in den Zoo" wird ein Team von Stylist*innen in den Zoo beordert, um die Tiere für den Besuch des Märchenkönigs herauszuputzen. Die detailreichen und witzigen Darstellungen dieses Vorgangs, der Raffalela Schöbitz' Interesse für Mode ein weites Spielfeld bietet, sind von großzügigem Weißraum umgeben, der die digital kolorierten Bleistiftbilder ebenso wie den Text zur Geltung bringt. Dass sie „gerne 150 % vom Buch nutzt" beweisen Paratext und Vorsatzpapier, die nicht überblättert werden wollen. Die Botschaft ist zwar wichtig, „aber es ist auch extrem in Ordnung, Kinder einfach zum Lachen zu bringen“, meint sie.
„Was zählt, bist du" erzählt in vollflächigen Illustrationen, die ganze Doppelseiten in Anspruch nehmen und dem Text nur kleine weiße Streifen am oberen Seitenrand überlassen, die Geschichte einer Begegnung mit dem Unbekannten, ein Vexierspiel, in dem Maskierung und Verwandlung, verschiedene Abstufungen von Nähe und die Frage, wer sich in wen verwandelt, durchlebt werden. Magda Hassan, Autorin und Verlegerin in Personalunion, erzählt nach einer Lesung von der Entstehung des Buches und vielfältigen Fragestellungen zu Erzählperspektive, Zielgruppe oder Verkaufsstrategie.
Künstlerin und Verlegerinnen sind sichtlich beglückt. v. l.: Magda Hassan, Raffaela Schöbitz, Tanja Raich und Katrin Feiner
Und wieder ganz anders gestaltet sich die Illustration von Lyrik, wie am Beispiel von „Planetenspatzen" deutlich wird. Die Arbeitsweise zu diesen kurzen Texten mit „falschen Freunden" und Wortspielen aus dreizehn Sprachen beschreibt Raffaela Schöbitz als insofern vielfältig, als jede Seite eine Welt für sich mit märchenhaften Motiven und eigener Farb- und Bildgebung ist. Auch wenn das Kindergedicht und Tiere bisweilen eine fast schon vorgegeben Symbiose eingehen, ist ihr der direkte Weg lieber und sie meidet den „Umweg über Tiere".
Mit „Sam und die Evolution" gelangt man schließlich in den Bereich des Sachbuchs, das hier auf 150 Seiten und mehreren Zeitebenen humorvoll und detailreich Informationen zur Evolution und ihren Erforscher*innen mit der Geschichte des zwölfjährigen Sam verknüpft, der unerwartet zum Entdecker einer neuen Art wird. Dass dieses Buch „ganz viel können sollte", bestätigt nicht nur Verlegerin Katrin Feiner, sondern wird auch in der Illustration deutlich, die Schlüsselmomente aus den Biographien der historischen Persönlichkeiten in Comicpassagen erzählt, während die Kapitelseiten evolutionsbiologisch genau recherchierte Darstellungen in Herbarien und Setzkästen stellen.
Beim letzten besprochenen Buch des Abends, „Mach dir die Welt" ist Raffaela Schöbitz Autorin und Illustratorin zugleich. Es ist aus Frauenbiographien für das Magazin „an:schläge“ entstanden und legt den Fokus auf jene Frauen, die in ihren jeweiligen Berufen als erste Frauen reüssierten. Ambivalenzen und Brüche in den Lebensgeschichten werden dabei nicht ausgespart. Jede Biographie hat eine eigene Farbpalette, die Illustrationen sind ursprünglich analog, für das Buch dann aber digital gearbeitet. Kontroversiell aufgenommen wurde die Ich-Perspektive, die aber sehr bewusst gewählt wurde und, wie Verlegerin Tanja Raich ausführt, dem Ansatz des Verlages zu hands-on-Büchern entspricht, die man sich erst durch die Mitgestaltung vollends aneignet.
Ein faszinierend reichhaltiger Abend geht wie gewohnt bei bewährter STUBE-Kulinarik und Gastlichkeit zu Ende. Zum Nachschauen ist das Video-on-demand im internen STUBE-Card-Bereich und >>> hier abrufbar.
Ein Bericht von Alexandra Holmes