Petra Hartlieb – so viel ist sicher – ist in Wien längst stadtbekannt. 
Mit ihrem autobiografischen Best- und Longseller „Meine wundervolle Buchhandlung“ (Dumont 2014) hat sie dem Buchhandel abseits von Online-Shopping und großen Verkaufsketten eine beherzte Liebeserklärung gemacht, die mit Zuhause in unserer Buchhandlung” (Carlsen 2023) in diesem Jahr ihr kinderliterarisches Pendant bekommen hat. In den kollaborativ mit Claus-Ulrich Bielefeld geschriebenen Wien-Berlin-Krimis (Diogenes, 2011–2015) genauso wie dem Romanzyklus um ein im Haushalt Arthur Schnitzlers arbeitendes Kindermädchen (Dumont, 2016–2021) hat sie für sich und ihre Leser*innen gekonnt die Stadt erschrieben, in der sie auch ihre Kund*innen berät. Als Moderatorin des FALTER-Buchpodcasts Besser lesen mit dem FALTER” kommt sie außerdem seit 2020 mit verschiedensten Autor*innen über deren Texte ins Gespräch.

Petra Hartliebs Arbeit ist also an den Schnittstellen angesiedelt. Zwischen Vermittlung und Autor*innenschaft, zwischen Allgemein- und Kinderliteratur, zwischen buchhändlerischem Unternehmer*innentum und der Nostalgie, die mit dem Sehnsuchtsort Buchhandlung untrennbar verbunden ist. Sie bringt ganz unterschiedliche Wirkbereiche zusammen, und so hätte sich kaum eine passendere Gästin für diesen letzten (regulären) STUBE-Freitag des >>> Semesterprogramms finden können – stand dieser doch sinnigerweise unter dem Motto Vernähen

 
Auch in Lesung und Werkstattgespräch wurde neu verknüpft, was zusammengehört: In einer gefinkelten Gegenüberstellung von Textpassagen aus Meine wundervolle Buchhandlung” und der vom Carlsen-Verlag vorgeschlagenen kinderliterarischen Bearbeitung Zuhause in unserer Buchhandlung” wurden die unterschiedlichen Perspektivierungen der Texte herausgearbeitet. Wo sich Toni, die bewusst geschlechtsneutrale Erzählstimme des Kinderbuchs, beispielsweise verzagt fragt, ob bei all den in der Buchhandlung anfallenden Kosten überhaupt noch genug Geld für Spielzeug übrigbleibt, stellen sich für die erwachsene Erzählerin zum selben Zeitpunkt schonungslose Existenzfragen. 

Im Gespräch der Autorin mit Claudia Sackl wurde so einerseits die literarisierte Buchhandlung erlebbar gemacht, andererseits kamen aber auch Anekdoten aus dem tatsächlichen Geschäft – Hartliebs Bücher” in der Wiener Währinger Straße 122 – nicht zu kurz. Von ganzen Reisegruppen japanischer Tourist*innen etwa, die schon für eine Besichtigung vorbeischauten. Oder neuerdings eben auch von Kindern, die nach der Lektüre ihre Buchhandlung inspizierten, und dabei nicht selten die mittlerweile abgebaute Wendeltreppe aus dem Buch vermissten. 

Neben Berichten über ihre schriftstellerische Tätigkeit und ausführlichen (ebenso wie unterhaltsamen) Lesepassagen gab Petra Hartlieb außerdem freimütig Einblick in die schönen und weniger erfreulichen Seiten ihrer unterschiedlichen Rollen im Literaturbetrieb. Über die Ärgernisse der Budgetierung etwa, die Freuden des Austauschs mit Leser*innen und Kund*innen, und darüber, dass guter Service auch im Buchhandel eine (nicht zuletzt finanziell bedingte) bewusste Entscheidung ist. Ermutigend also, dass sie gleichzeitig davon erzählte, eine Trendwende unter jüngeren Leser*innen wahrzunehmen: Mit erhöhter Sensibilität für ein zunehmend monopolisiertes Wirtschaftssystem bevorzugen diese wieder privat geführte Buchhandlungen und lassen Riesen wie das große A oder das große T ganz bewusst außen vor. 

Von Kulturpessimismus also keine Spur – dafür aber viel von erzählerischer Freimütigkeit, einer großen Liebe zu Büchern und einer Hinwendung zur literarischen Geselligkeit. In Wien wird immerhin auch die Gemütlichkeit hochgehalten, und so ließ die Autorin, gemeinsam den Besucher*innen und dem STUBE-Team, den sommerlichen Abend noch gebührend bei Brötchen und Wein ausklingen.  

Bericht und Fotos: STUBE