Übersetzt von Jess Jochinsen und Anja Schöne.
NordSüd Verlag 2017. € 16,50.

Carson Ellis: Wazn Teez?

„Wazn teez? Mi mori an Plumpse. Wazn fümma Plumpse? Mi nanüt.” Nein, das ist nicht Niederländisch und somit auch keine späte Reminiszenz an den Ehrengast der Frankfurter Buchmesse 2016. Es handelt sich nicht um die Plansprache „Esperanto”, die auf Grund einer drohenden, neuen Weltordnung nun doch eingeführt wurde. Und selbst jene unter uns, die das Vulgo-Lateinische beherrschen, können mit diesem Dialog wohl nichts anfangen. „Käferisch” müsste man sprechen können, um den Text Carson Ellis’ Bilderbuch zu verstehen. Sinnlos ist es allerdings, wenn man das Original „Du Iz Tak” konsultiert. Denn Jess Jochimsen und Anja Schöne haben das „britische” ins „deutsche” Käferisch übertragen und damit das humorvolle Sprachspiel in die deutschsprachige Ausgabe übersetzt.  

Geführt wird der Dialog eingangs von drei sechsgliedrigen, hosentragenden sowie geflügelten Figuren, die diese kleine grüne Plumpse finden, die aus der Erde wächst und die die tierischen Protagonisten größenmäßig kaum überragt. Auf der nächsten Doppelseite wird das Ding genau inspiziert und man einigt sich darauf, dass es sich doch um einen „Sprossel” handeln müsse. Völlig begeistert von der Entdeckung stürmen die Käfer, einer farbenprächtiger als der andere, zu einem umgefallenen Baumstamm in unmittelbarer Nähe. Während dem schwerfälligen, wohl schon älteren Tausendfüßer namens „Izzi”, der er sich im Inneren des Stammes gemütlich eingerichtet hat, von der grünen Sensation berichtet wird, ist der Sprossel bereits um mehrere Zentimeter in die Höhe geschossen.

Mit dem Umblättern der Seiten entsteht eine Art Zeitraffer, wie man es aus Naturdokumentationen kennt, wenn der Wuchs der Pflanzen für das menschliche Auge nachvollziehbar gemacht wird. Auch im Bilderbuch liegt der Fokus auf der rasch wachsenden Pflanze, die vor weißem Hintergrund zu dem eigentlichen Star der Erzählung avanciert und auf der nun eine „Forzung” gebaut werden soll. Holzbretter, Mauersteine, Piratenfahne und Leiter werden wortlos angeschleppt. Und so rasch wie der mehrstöckige Bau im Geäst des Sprossels hochgezogen wurde, so schnell ist die Freude über das selbstgezimmerte Bauwerk schon wieder verloschen. Eine achtäugige, in Größe und Furchtbarkeit alle Käfer übertreffende Spinne nimmt das Fort ein und versieht die nun schon im vollen Saft stehende Pflanze samt Forzung mit einem umfassenden Netz. „Schroxxler! Titti Schroxxler” sind wohl Beschimpfungen in Richtung Eindringling, die man erst gar nicht zu übersetzen versuchen sollte.

Aus der launigen Käfergeschichte mit Sprachwitz ist rasch eine beinharte Naturreportage geworden; mit mehr Mimik, versteht sich. Die Großen siegen über die Kleinen, es gibt keine Geschenke in der Natur, jede/r ist sich selbst am Nächsten etc. Doch was uns die Natur und zahlreiche Dokumentationen über diese auch gelehrt haben, ist die Gewissheit, dass das vielfältige Tierreich einen immer noch größeren Kontrahenten im Talon hält. Mit einer gewaltigen Flügelspannweite, die zwei Drittel des Bildraumes einnimmt, fegt ein mächtiger Vogel über das Fort hinweg und nimmt die nun klein erscheinende Spinne mit, von der nur noch die schlaffen Beine zu sehen sind. Und die Käfer? Das Spektakel hat viele weitere am Boden angesiedelte Bewohner*innen aus der Nachbarschaft angelockt und diese freuen sich nun gemeinsam mit dem Trio über die soeben erblühte Farbenpracht: „An Freuenschuh! Ohhh. Iz an Freuenschuh! An mirobelli Freuenschuh!”

Carson Ellis illustriert eine frühlingshafte Parabel auf maßgebliche Naturkonzepte mit gewichtigen Namen wie „Wachstum“, „Gesetzmäßigkeit“ und „Vergänglichkeit“, die sich in den gezeichneten und üppig kolorierten Jahreszeiten widerspiegeln. Zugleich schafft sie und die deutschsprachige „Übersetzung” ein köstliches Sprachspiel, das Lust auf Sprache, wenn nicht sogar Lust auf Grammatik macht. Das Wunder Leben manifestiert sich allerdings nicht nur im Auf- und Abblühen eines gigantischen Freuenschuhs, sondern auch im Entpuppen einer grazilen Schmetterlingsdame, deren Kokon uns womöglich bis kurz vor Schluss noch gar nicht aufgefallen ist, einen einsamen Geigenspieler jedoch dazu anregt von Moll auf Dur zu wechseln. Ein hoch sympathisches Bilderbuch, das in der kalten Jahreszeit von der bunten Verheißung der Plumpsen und Sprossel verheißt und Vorfreude stiftet, auf jenen Moment, in dem wir auf den Boden blicken und fragen „Wazn teez?“


Peter Rinnerthaler

 

 

Von 30. Jänner bis 1. Februar absolvierte Yasmin El-Nady aus der Klasse 4B des BG Laaer-Berg Straße, Wien berufspraktische Tage in der STUBE. Ihre große Lust am Lesen hat sich sofort in einer Buchbesprechung niedergeschlagen:


Ill. v. Barbara Scholz. Carlsen 2017. € 7,20.

Oliver Scherz: Wir sind nachher wieder da, wir müssen kurz nach Afrika.

Ein aufregendes Abenteuer steht am Anfang dieses Kinderromans: Der siebenjährige Joscha und seine jüngere Schwester liegen schon spät am Abend im Bett, als plötzlich ein Elefant ans Fenster klopft. Der graue Riese erzählt ihnen von seinem Ausbruch aus dem Zoo und von seiner Suche nach seiner Familie in Afrika. Das große Tier bittet deshalb Joscha und Marie um Hilfe, da der Elefant Abuu nicht weiß wo, Afrika überhaupt liegt. Joscha und Marie sind bereit, sich Abuu anzuschließen und ihn auf ein großes Abenteuer zu begleiten. Sie begegnen dabei vielen listigen Tieren und sie müssen auch reihenweise Hindernisse und Orte überqueren. Das freundliche Kinderbuch zieht wohl die Meisten mit den einzigartigen Bildern und dem unverkennbaren Style an.

Yasmin El-Nady

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