Kröte des Monats September 2016
Aus dem Poln. v. Thomas Weiler.
Moritz 2016. 112 Seiten. € 29,90.
Aleksandra Mizielińsca und Daniel Mizielińsci : Unter der Erde. Tief im Wasser.
Wasser und Erde faszinieren die Menschheit seit jeher und in allen Kulturen ranken sich viele Sagen und Mythen um die zwei lebenswichtigen Elemente. Entdecker*innen und Naturwissen-schaftler*innen, die unglaublich viele, aber immer noch nicht alle Rätsel gelöst haben, repräsentieren in diesem Sachbuch den Drang des Menschen immer weiter in die Tiefe der Substanz einzudringen, um die Welt besser zu verstehen und die Sagen um Fakten zu ergänzen. Nicht nur eine, sondern gleich zwei mögliche Einstiegsstellen in das Abenteuer zum tiefsten Inneren der Welt gibt es in diesem großformatigen Bilderbuch. Die farblich auf die Themen abgestimmten Seiten laden mit einfacher und klarer Bildsprache zum Entdecken und Erforschen ein. Ergänzt werden die illustrierten Doppelseiten durch kurze Texte, die auch komplexe Prozesse eindeutig und verständlich auf den Punkt bringen. Die Kombination aus der Einfachheit der Bilder und der übersichtlichen Anordnung der dazugehörigen Erklärungen machen Lust auf die Entdeckungsreise und führen dabei auf spielerische und trotzdem gut strukturierte Weise über zwei unterschiedliche Zugänge zum Erdmittelpunkt. Dabei werden die Betrachter*innen mit Biologie, Geografie, Technik und Dingen des alltäglichen Lebens aus verschiedenen Blickwinkeln vertraut gemacht.
Entschließt man sich das Abenteuer im Wasser zu beginnen, taucht man vom See ins Meer ab und endet schließlich am tiefsten Grund, dem Challengertief im Marianengraben. Am Weg dahin schwimmt man mit Fischen in Korallenriffen und trifft dabei auf gigantische Ozeanriesen. Beim Betrachten des roten Koloss-Kalmaren, der nicht einmal annähernd auf die Doppelseite passt, erinnert man sich gerne an den hellgrünen Karpfen, der vor einigen Seiten ruhig durch den See geschwommen war und ist erstaunt über die unterschiedlichen Dimensionen der Tiere im Wasser. Gemeinsam mit Unterwasserwissenschaftler*innen besucht man die Titanic und Tiefseeschlote und lernt nebenbei etwas über Wasserdruck, historische Taucheranzüge und Bohrinseln. Schon bald ist der tiefste Punkt des Meeres erreicht und man gelangt zur Mitte, zum Innersten der Erde, das es zu überwinden gilt, um als Geysir wieder an die Erdoberfläche zu gelangen.
Wird die Reise von der anderen Seite begonnen, krabbelt man durch einen Ameisenhaufen, lernt diverse Höhlenbewohner
*innen kennen, sieht ausnahmsweise wie die Wurzeln von Pflanzen unter der Erde aussehen und dass es dort auch Kabel und Leitungen gibt. Auf der Erkundungstour werden zudem Antworten auf die Fragen wie elektrischer Strom erzeugt wird, was mit dem Abwasser passiert und wie Tunnel gebaut werden, gegeben. Die Reise in die Tiefe geht weiter, man fährt mit der U-Bahn, findet Überreste aus vergangenen Zeiten, erforscht Höhlen, beobachtet die Arbeit in einem Bergwerk und sieht einen Vulkanausbruch bis man bemerkt, dass man bei dem Geysir angekommen ist, der den Kreislauf wieder schließt und der Erdmittelpunkt nicht mehr weit sein kann.
Die zwei unterschiedlichen Zugänge, deren Kontrast farblich stimmig dargestellt wird, bieten eine umfangreiche Auseinander-setzung mit den verschiedenen Bereichen des Erdinneren. Neben den gut verständlichen Erklärungen werden auch Details angeboten, die das Allgemeinwissen bereichern. Besonders hilfreich sind kleine Verweise zu verwandten Themen auf anderen Seiten, die garantieren, dass man sich auf der Reise nicht verirrt und immer den Überblick behält. Vor allem jene Passagen, die sich mit den oft unsichtbaren Vorgängen unter der Erde befassen, schaffen ein Bewusstsein dafür, was alles passieren muss, damit Menschen so leben können, wie sie es auf der Erdoberfläche tun. Gleichzeitig hat die Darstellung des Inneren der Erde mit ihrem feuerroten Kern und der Tiefe des Meeres, welche die Doppelseite in das dunkelste Blau tunkt, einen Verfremdungseffekt, der unser Dasein auf dem oft selbstverständlich empfundenen Planeten aus einer ganz anderen Perspektive zeigt.
Carina Kargl
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