Kröte des Monats Sommer
2011
Aus dem Engl. v.
Birgitt Kollmann.
Hanser 2011
256 S., € 14,30
Jenny Han: Der Sommer, als ich schön wurde
Sommer und Schönheit – diese Kombination ist im Erwachsenenalter, wenn man den Hinweisen diverser Frauenzeitschriften Glauben schenkt, nur durch aufwändige kosmetische, gymnastische und sonstige Vorbereitungen zu erreichen. Doch wenn man jung ist, geht das scheinbar ganz von alleine: So empfindet es zumindest Ich-Erzählerin Belle in jenem Sommer, an dessen Ende sie sechzehn wird. Sie verbringt ihn wie jedes Jahr seit ihrer Geburt mit Mutter und Bruder im Strandhaus von Susannah, der besten Freundin der Mutter, gemeinsam mit deren Söhnen Jeremiah und Conrad. Die vier Jugendlichen sind eine eingeschworene Truppe, die Belle als Jüngste und einziges Mädchen stets nur als kindliche Spielgefährtin gesehen hat – und deren Gemeinsamkeit ausschließlich auf den Sommer beschränkt ist:
"Ich fragte mich immer, wie die beiden wohl im Dezember aussehen mochten. Ich versuchte sie mir in Rollkragenpullovern und cranberryroten Schals vorzustellen, mit geröteten Backen oder neben einem Weihnachtsbaum, aber keins dieser Bilder schien zu stimmen. Ich kannte den Winter-Jeremiah oder den Winter-Conrad einfach nicht, und ich war eifersüchtig auf jeden, der das Glück hatte. Für mich blieben Flip-Flops und Badehosen und Sand und Nasen mit Sonnenbrand."
In diesem Sommer jedoch ist alles anders – denn Belle merkt, dass sich etwas verändert hat: "Alles war wie immer und doch wieder nicht. Sie hatten mich angesehen, als wäre ich ein richtiges Mädchen, nicht bloß die kleine Schwester von irgend-
wem." Belle schwärmt schon seit langem für Conrad, während sie Jeremiah als brüderlichen Freund sieht – und dann lernt sie auf einer Party Cam kennen, was natürlich die Beschützerinstinkte von Jeremiah und Conrad weckt… In die mit einer ordentlichen Portion jugendlichem Sentiment erzählte Schilderung des Sommers sind kurze Rückblenden auf die Erlebnisse vergangener Sommer montiert, die mit dem jeweiligen Alter von Belle betitelt sind: "Mit vierzehn" störte eine mitgebrachte attraktive Freundin das eingespielte Beziehungsgefüge, "mit zwölf" stürzte eine zufällige Bekanntschaft an der Strandpromenade Belle in den ersten großen Liebeskummer ihres Lebens. In diesem Sommer aber geschieht etwas viel Weitreichenderes: Über allen Gefühls-
komplikationen der Jugendlichen schwebt unausgesprochen ein dunkler Schatten, etwas, dass die Erwachsenen wissen und zumindest diesen Sommer lang versuchen, vor den "Kindern" geheim zu halten: "Susannah wollte noch einmal den perfekten Sommer, und dazu gehörte, dass Eltern zusammenblieben und alles so war wie immer. Aber solche Sommer gibt es nicht mehr, hätte ich ihr gerne gesagt." Der Sommer geht, wie die Zeit der Kindheit und Unbeschwertheit, unwiderruflich vorbei – doch am Ende des Romans steht die langersehnte Begegnung im Dezember, die neugierig auf die (im amerikanischen Original bereits erschienenen) Fortsetzungen macht. Autorin Jenny Han, die mit diesem Jugendroman bei Hanser im deutschsprachigen Raum debütiert, liefert auf ihrer Homepage unter anderem die Playlists zur musikalischen Untermalung der sommerlichen Irrungen und Wirrungen – und beantwortet im integrierten Blog spannende Fragen wie jene ihrer Traumbesetzung für eine mögliche Verfilmung der Sommer-Trilogie …
Kathrin Wexberg
>>> hier geht es zu den Kröten 2011