Kröte des Monats März 2006
Aus dem Engl. von Jacqueline Csuss.
Sauerländer 2006.
€ 17,40.
Bali Rai: Rani & Sukh. Eine verbotene Liebe.
Kick it like Beckham hieß einer der erfolgreichsten britischen Filme der letzten Jahre. Verhandelt wurden darin mit augenzwinkernder Leichtigkeit die Schwierigkeiten der in England aufgewachsenen Töchter (und Söhne) indischer Einwander*innen; der Autor Bali Rai hingegen (dessen Eltern selbst aus dem Pandjab stammen) greift im gleichen thematischen Kontext gerne auf die ein wenig schwülstigen Stilmittel der Bollywood-Filme zurück, in denen er nach eigenen Angaben eine wesentliche Inspirationsquelle sieht: Everything in fact that you get in a Bollywood flick minus the singing and dancing.
Grundmotiv seines neuen Romans ist die gute alte Geschichte von Romeo und Julia: Zwei junge Menschen, hier heißen sie Rani und Sukh, verlieben sich unsterblich ineinander und müssen bald darauf feststellen, dass ihre Familien verfeindet sind. Der Fokus des Romans schwenkt immer wieder von der Jetzt-Zeit in die Vorgeschichte, der Ursache der Feindschaft, angesiedelt im Pandjab der 1960er Jahre. Auch damals verliebten sich zwei junge Menschen, Angehörige der beiden Familien, in einander, und wurden dafür grausam bestraft. Diese Rückblicke sind enorm wirksam für die Erzähldramaturgie, immer wieder versichern Rani und Sukh einander, dass ihnen so etwas nicht passieren kann, leben sie doch in einem aufgeklärten, westlichen Land, in dem die Polizei im Fall des Falles für ihren Schutz sorgen kann. Doch es kommt anders wie damals ihre Tante wird auch Rani ungewollt schwanger, auch für diese beiden gibt es kein Happy End. Rani zieht mit einer Freundin nach New York und bekommt dort ihr Kind, der Text endet mit ihrem Blick auf die Ruinen des World Trade Centers, visueller Referenzpunkt für die gewaltsamen Resultate von kulturellen Konflikten (mit dem zum Beispiel auch Steven Spielbergs jüngster Film München endet). Sprachlich oft etwas platt an einer als jugendlich geltenden Sprache und insbesondere dem indisch beeinflussten Slang orientiert, bietet der Text (neben der Liebesgeschichte) einen eindringlichen Blick auf die vielfältigen Konsequenzen, die der Alltag zwischen zwei Kulturen, das Aufeinanderprallen von unterschiedlichen Wertvorstellungen auf das individuelle Leben von Jugendlichen mit sich bringt: Ein Thema, das im Kontext der Kontroversen um die dänischen Karikaturen des Propheten Mohammed aktueller ist denn je. Auslöser für den so genannten Karikaturenstreit war übrigens ein Kinderbuch Näheres darüber in einem Beitrag der deutschen Wochenzeitschrift Die Zeit
Kathrin Wexberg
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