Katholischer Kinder- und Jugendbuchpreis 2023
Andreas Steinhöfel und Melanie Garanin erhalten den Katholischen Kinder- und Jugendbuchpreis 2023 der Deutschen Bischofskonferenz für das im Carlsen Verlag erschienene Buch Völlig meschugge?!. Die Jury unter Vorsitz von Weihbischof Robert Brahm (Trier) hat das diesjährige Preisbuch aus 177 Titeln ausgewählt, die von 67 Verlagen eingereicht wurden.
Der Katholische Kinder- und Jugendbuchpreis wird in diesem Jahr zum 34. Mal vergeben und ist mit 5.000 Euro dotiert. Die Preisverleihung findet am 25. Mai 2023 im Augustinerkloster in Erfurt mit Bischof Ulrich Neymeyr statt.
Preisträger*innen
Andreas Steinhöfel und Melanie Garanin: Völliig meschugge.
Carlsen 2022.
Jurybegründung
Als Lehnwort aus dem Jiddischen hat sich meschugge im Deutschen als Bezeichnung für „verrückt, nicht bei Verstand sein“ etabliert. Dabei schwingt stets ein humoristisches Moment mit und entspricht dem Ton, den die Ich-Erzählerin Charly anschlägt. Vorwitzig kommentiert sie die Ereignisse und macht keinen Hehl daraus, dass der Schlamassel, in den ihre beiden Freunde Benny und Hamid geraten sind, beträchtlich ist. Ihr kommt es zu, für Ausgleich und Versöhnung zu sorgen.
Die erzählerisch verknüpften Episoden führen mitten hinein in einen Alltag, wie er den kindlichen und jugendlichen Leserinnen und Lesern nur allzu vertraut ist. Zum gesellschaftlichen Mikrokosmos wird die Kleinstadt, in der Charly, Benny und Hamid leben, durch jene Ereignisse, die auf unterschiedlichen Ebenen in eine Vergewisserung religiöser Identität münden und religiöse Überzeugungen darstellen.
Eigentlich haben die drei Freunde Charly, Benny und Hamid sich bisher nur durch ihre Interessen voneinander unterschieden: Charly ist überzeugte Veganerin und Umweltschützerin, Benny favorisiert Höhlenforschung und Basketball, Hamid das Zeichnen. Als jedoch Bennys Opa stirbt, macht Benny dessen Kette mit dem Davidstern zu einem Zeichen seiner Erinnerung und Verbundenheit. Er ahnt nicht, dass er damit Vorurteile aufruft, die ihren Niederschlag in zunehmend rassistischen Haltungen (und Handlungen) innerhalb der Schule finden. Damit nicht genug, liest auch Hamid Bennys explizierte religiöse Zuordnung als Abgrenzung und lässt sich in seiner Verunsicherung zunehmend von seinem älteren Bruder beeinflussen. Der wiederum findet in der Community syrischer Flüchtlinge seine Selbstvergewisserung durch kulturell aufgeladene, radikal-konservative Deutungen des Islam.
Sowohl Benny als auch Hamid wird eine erwachsene Figur zur Seite gestellt, die religiöse Ansichten und Einsichten begleitet: Bei Hamid ist es ein Imam, der das friedvolle und integrative Moment der Religion repräsentiert; bei Benny ist es eine alte Frau, die er am Friedhof kennenlernt, und die auf die Unabdingbarkeit deutscher Erinnerungskultur verweist.
Wortwörtlich zwischen den beiden steht die selbstbewusste Charly. Allen Einflüssen zum Trotz glaubt sie an die tiefe Freundschaft, die entgegen aller Symbolik und Stereotype Bestand hatte, und hofft auf eine Versöhnung der Freunde. Ihre Handlungskompetenz lenkt den Blick darauf, dass gesellschaftliche Mechanismen in Gang kommen, die von den Kindern und Jugendlichen (noch) gar nicht verstanden, im Sinne eines kulturellen, pseudo-moralischen Nachahmens aber angewandt werden. Das Eigene vermag dabei nur in Abgrenzung zum Anderen oder Fremden als identitätsstiftend begriffen werden. Dass nur das Wissen Voneinander zu einem sinnstiftenden Miteinander führt, ist der Graphic Novel als Erkenntnisprozess eingeschrieben.
"Völlig meschugge?!" war im Juni 2022 Religiöses Buch des Monats. Die Rezension von Alexandra Hofer kann >>> hier nachgelesen werden.
Folgende Bücher hat die Jury auf die Empfehlungsliste 2023 gesetzt, die auch die STUBE in unterschiedlichen Kontexten rezensiert und vorgestellt hat.
Empfehlungsliste 2023
Clive Gifford, Sam Kalda: Die großen Philosophinnen und Philosophen
Was ist Wahrheit? Was ist Macht? Was ist Wissen? Große Fragen des Lebens werden hier aufgegriffen und aus philosophischer Perspektive betrachtet: Vor den Vorhang geholt werden 28 Denker* innen – von der Antike bis zur Gegenwart, von Aristoteles bis Butler –, wobei nicht ausschließlich der europäische Raum im Zentrum steht. Der Band lädt zu einer – auch ästhetisch stilvollen – Reise von Epoche zu Epoche, von Idee zu Idee, von Philosoph*in zu Philosoph*in ein, um neue Lebens- und Denktraditionen
kennenzulernen, sodass man am Ende
vielleicht doch ein wenig mehr weiß, als
das sokratische Credo – Ich weiß, dass ich
nichts weiß. – nahelegt.
Aus dem Engl. v. Gabriele Würdinger.
Insel 2022
Die großen Philosophinnen und Philosophen war Religiöses Buch im Mai 2022. Julia Lückls Rezension kann >>> hier nachgelesen werden.
Heinz Janisch und Michael Roher: Schneelöwe
Im Wechselspiel verschiedener Perspektiven wird behutsam und poetisch von dem Prozess erzählt, dem eigenen Selbst näher zu kommen, ihm einen Namen zu geben, und dieses Gefühl des Ich-Seins (bild-)sprachlich zu fassen. In feingliedrig, mit blauem Kugelschreiber gezeichneten Illustrationen und sorgsam gewählten Worten wird jene Tiervielfalt erkundet, die – als Kinder und Erwachsene verkleidet – in uns und in unserer Welt unterwegs ist: Sie spiegelt sich in den Schattenwürfen der menschlichen Figuren wider, schreibt sich in ihre Körper ein und prägt jene Spuren, die sie hinterlassen. Der Schneelöwe wird zu Spiegelbild und Projektionsfläche des Selbst, durch das das Eigene erst greifbar wird. Der vielschichtige Deutungshorizont eröffnet dabei ein breites Identifikationspotenzial.
Tyrolia 2022.
Schneelöwe war im Sommer 2022 Religiöses Buch des Monats. Die Rezension von Claudia Sackl findet sich >>> hier.
Im Adventkalender der STUBE war der Schneelöwe ebenso vertreten; zum Buchvideo geht es >>> hier.
Navid Kermani: Jeder soll von da, wo er ist, einen Schritt näher kommen. Fragen nach Gott
„infinitesimal“: ein mathematischer Begriff, der so viel bedeutet, wie zum Grenzwert hin immer kleiner werdend. Aber auch jener Begriff, den Friedenspreisträger Navid Kermani wählt, um sich dem Ungreifbaren anzunähern: Glaube, Religion, Gott. Der Autor antwortet hier auf Fragen seiner zwölfjährigen Tochter, die – wie aus dem Off – in den Zwischenraum der Kapitel gestellt, für die Lesenden jedoch nur in der Reproduktion des Autors greifbar werden und sich rund um den Islam und Religion im allgemeinen drehen. Dieser Kniff ermöglicht eine Verschränkung von Erklärungsversuchen und skeptischen Fragestellungen, die Islamismus ebenso miteinschließen wie blinden Gehorsam und dieserart stetig zu einer Reflexion des eigenen Zugangs auffordern.
Alexandra Hofer hat Jeder soll von da, wo er ist, einen Schritt näher kommen für die Nummer 2/2022 von 1001 Buch rezensiert.
Susan Kreller: Hannas Regen
In jedem Menschen gibt es etwas, das er sich nicht ausdenken kann, in jedem Regen gibt es eine Lücke, in jedem Leben jemanden, der verloren gegangen ist.
Vor dem Verlust steht jedoch das Finden und das Zueinander-Finden zweier Mädchen zwischen Sternwarte-Dates und schweigenden Telefonaten. Hanna kommt neu in Josefins Klasse und trotz ihrer Zurückhaltung, entwickelt sich eine besondere
Freundschaft. Während Josefin
in intakten Familienverhältnissen aufwächst, scheint in Hannas Familie, die
den Kontakt zu anderen meidet und sich
abweisend gibt, etwas nicht zu stimmen.
Sind sie womöglich im Opferschutzprogramm?
Wortgewaltig, poetisch und ihren
Figuren wie gewohnt stark zugetan erzählt
die preisgekrönte Autorin eine Geschichte
über Freund*innenschaft – mit
Hochspannung und kriminalistischen
Elementen.
Carlsen 2022.
Hannas Regen war im Dezember 2022 Kröte des Monats. Kathrin Wexbergs Rezension kann >>> hier nachgelesen werden.
Annejan Mieras: Hanno und der Notfall
Ich-Erzähler Hanno hat gerne seine Ruhe, um z. B. aus Metall kleine Tiere zu basteln (als zarte Illustrationen jedem Kapitel
vorangestellt). Er findet es gemein, sein Zimmer einige Zeit Pien zu überlassen, deren Mutter sich „erholen“ muss. Pien – mit den langen Armen und fusseligen,
schlappen Zöpfen, über die sich alle lustig
machen. Die in der Nacht oft wach ist, um
Gedichte in ihr Heft zu schreiben, die (mit
Durchstreichungen) am Ende jedes Kapitels zu lesen sind und ebenso verknappt wie eindrücklich ihre Perspektive auf die
Welt vermitteln. Und letztlich zeigt sich, dass ihre Poesie auch etwas mit einer berühmten Dichterin zu tun hat, wenn auch anders, als Pien zunächst geglaubt hat.
Ill. v. Linde Faas.
Aus dem Niederländ. v. Andrea Kluitmann.
Gerstenberg 2022.
Hanno und der Notfall wurde von Heidi Lexe für die bn.Bibliotheksnachrichten rezensiert. Zur Rezension geht es >>> hier.
Im Dezember 2022 war es außerdem Lesetipp im Der STANDARD für Kinder. Kathrin Wexbergs Rezension kann >>> hier nachgelesen werden.
NIls Mohl: Henny & Ponger
Am Ende stellt sich die Frage: Ist das alles wirklich passiert? Oder ist man in eine
Zeitfalte geraten? Bis dahin werden die
Ereignisse in 202 kurzen Kapiteln Stück
für Stück ins Unfassbare geschraubt.
Wobei die Ausgangssituation durchaus
vertraut erscheint: Boy meets Girl. Girl
wirkt sehr geheimnisvoll – um nicht zu
sagen: extraterrestrisch! Dennoch führt
der Trip der beiden nicht nach Roswell,
sondern auf die nordfriesische Insel
Amrun. Natürlich entspinnt sich dabei
eine Liebesgeschichte zwischen dem
smarten Mechaniker mit dem Spezialgebiet Flipperautomaten und dem ruppigen
Barfuß-Mädchen im gelben Regemantel.
Dabei bringt die Wahrheit über Hennys
Herkunft nach und nach auch die Geheimnisse
in Pongers Biografie ans Licht. Erzählt
wird in sprachakrobatischer Eleganz
– mit Witz und Understatement.
mixtvision 2022.
Die Kröte des Monats September 2022 wurde von Henny & Ponger bekleidet. Die Rezension von Heidi Lexe kann >>> hier nachgelesen werden.
Lena Raubaum und Clara Frühwirth: Worauf wartest du noch?
Ein ABC-Buch, das ganz ohne A wie Ameise oder X wie Xylophon auskommt.
Augenzwinkernd kombinieren die beiden Künstlerinnen Wort und Bild zu amüsanten Assoziationsketten: Die titelgebende
Leitfrage führt dabei durch 25 Seiten, in denen – dem Alphabet folgend – verschiedene ebenso philosophische wie humorvolle
Antwortmöglichkeiten angeboten werden: … bis Nacktschnecken neue Kleider tragen steht dann etwa neben …
bis sich das Chaos von selbst aufräumt oder … bis dir zu X und Y etwas einfällt.
(Ja. So lassen sich dann auch die 25 Doppelseiten erklären.) Erst auf den zweiten oder dritten Blick eröffnen sich die illustratorischen Details, die dazu einladen,
sich selbst die Frage zu stellen, worauf man denn nun wartet …
Tyrolia 2022.
Heidi Lexe hat für die Kröte des Monats Jänner 2023 einen genauen Blick auf Worauf wartest du noch? geworfen. Zur Rezension geht es >>> hier.
Zudem wartet es sich selten besser als im Adventkalender der STUBE. >>> Hier geht es zum Buchvideo.
Jutta Richter, Petra Rappo: Nil, Nil, ich komme!
Der Traum ein Leben. Das gilt auch für das Nilpferd, das seiner Sehnsucht nach Herkunftsort folgt, aus dem Zoo ausbricht und den Weg zum Nil antritt. Der charmant rhythmisierte Text folgt dem enthusiasmierten Dickhäuter durch entleerte Landschaften, die in monochromen, panorama-artigen Bildern eingefangen werden. Wald, Steppe, Gebirge; einen Nacht, eine Woche, einen Monat: Das Nilpferd fällt aus Zeit und Raum, während die Illustrationen aus nichts Anderem als aus dem zeichenhaften (Sehnsuchts-)Raum bestehen. Mit dem letzten Eintauchen in die See wechselt die Perspektive und jene, die das Nilpferd sehnsüchtig erwarten, retten die Köpfe nach Norden. Das Schlussbild gleicht der Ausgangssituation; nur dass jetzt das Wasserloch in intensiver Farbigkeit schimmert. Es mag alles ein Traum gewesen sein – doch einer, der zur inneren Freiheit führt.
Hanser 2022.
Im Adventkalender der STUBE hat Heidi Lexe Nil, Nil, ich komme! ausführlich vorgestellt. >>> Hier geht es zum Buchvideo.
Romana Romanyschyn, Andrij Lessiw: Als der Krieg nach Rondo kam
Kann man (Kindern) den Krieg erklären? Die beiden ukrainischen Künstler*innen
versuchen es mit einer allegorischen Geschichte, die – unter dem Eindruck der
Krim-Annexion – im Original bereits 2015 entstanden ist. In ihrer Version wird der Krieg zum Dunklen, das die blühende Stadt Rondo bedroht. Er kriecht wortwörtlich aus allen Löchern und lässt dort, wo zuvor die vielgestaltigen Kelche der Gewächshauspflanzen für das blühende Leben gestanden haben, die schwarzen Blumen der Vernichtung wachsen. Drei anthropomorhen Fantasiefiguren folgend, beschwört die beispielhafte Erzählung den Schrecken und die Angst herauf, die Rondo heimsuchen. In poetischen Bildern, die auf klare Formen und spiegelbildliche Symbolik setzen, wird die widerständige Kraft des gemeinschaftlichen Handelns geschildert. Sie führt zu einer märchenhaft erzählten Absage an den Krieg, der zu Ende sein mag, aber dennoch
Spuren hinterlassen hat.
Aus d. Ukrain. v. Claudia Dathe und Oksana Semenets.
Gerstenberg 2022.
Als der Krieg nach Rondo kam war im November 2022 die Kröte des Monats. Zur Rezension von Heidi Lexe geht es >>> hier
Erna Sassen: Ohne Dich
Eine Fülle an bildender Kunst, die auch illustratorisch in den niederländischen Jugendroman eingearbeitet ist (ohne dass der Illustrator Martijn van der Linden in der deutschsprachigen Ausgabe erwähnt würde), gibt dem Ich-Erzähler Joshua Halt im dysfunktionalen Leben. In der Hauptschule, in die er von der Realschule wechseln musste, herrscht ein rauher Umgangston – doch überraschenderweise entsteht gerade hier Aufmerksamkeit für unterschiedliche Verlusterlebnisse. Auch für Joshuas Sehnsucht nach seiner Kinderfreundin Zivan, die von ihrer Familie in den Irak zwangsverheiratet wurde, sich widersetzt, letztlich aber an familiären Erwartungshaltungen zerbricht. Ein sprachlich sehr direkt erzählter Hybridroman, der das religiöse Motiv des (Opfer-)Lamms motivisch mit dem schmerzvollen Weg zurück ins Leben verknüpft.
Ill. v. Martijn van der Linden.
Aus d. Niederländ. v. Rolf Erdorf.
Freies Geistesleben 2022.
Ohne Dich war im Februar 2023 der von der STUBE ausgewählte Lektorix des Monats der Wochenzeitung DIE FURCHE. Kathrin Wexbergs Rezension kann >>> hier nachgelesen werden.
Jürg Schubiger und Rotraut Susanne Berner: Eines Nachts im Paradies
Adam, Eva, eine Schlange und die Frucht vom Baum der Erkenntnis. Die unverzichtbaren
Elemente der Schöpfungsgeschichte
fehlen auch hier nicht. Im Spiel mit Konstanten
(Adam und Eva) und Varianten
(Granatapfelbaum und Mondzyklus) erschließt
Rotraut Susanne Berner den aus
dem Nachlass stammenden Text neu, erzählt
ihn aus und weiter, während die
Seitenarchitektur konstant bleibt und aus
biblischer wie auch aus naturwissenschaftlicher
Sicht die Schöpfung und die
Evolution in den Blick nimmt. Das Kaleidoskop
der Tier- und Pflanzenwelt, das
auf jeder Doppelseite eröffnet wird, lädt
dazu ein, vor- und zurückzublättern und
so die bekannte Schöpfungsgeschichte neu
zu betrachten; sie vom Ende her anders zu
lesen und die Frage zu stellen, ob der
sogenannte „Sündenfall“ des Menschen
nicht eigentlich ein Befreiungsschlag war.
Peter Hammer 2022.
Im Mai 2022 war Eines Nachts im Paradies die Kröte des Monats. Zur Rezension von Alexandra Hofer geht es >>> hier.
Gulraiz Sharif: Ey hör mal!
Dem 15-Jährigen Pakistani Mahmoud steht in Oslo ein langweiliger Sommer bevor –
denn ohne Asche gar nicht super, dieser
Sommer. Das freche norwegische Debüt
überzeugt durch textliche Verknappung,
gespickt mit mündlichen Einschüben
(Ischwör, Digga). Sprachlich durchaus
herausfordernd, provokant und sarkastisch
geht der Text über eine jugendliche Provokation
der Erwachsenenwelt hinaus und
zeichnet ein heterogenes Familienbild
nach, das unterschiedliche gesellschaftliche
Dispositionen aufgreift und zugleich
aufbricht. Ein langweiliger Sommer?
Ganz und gar nicht – denn die Figuren
müssen nicht nur Fragen der Männlichkeit, Körperlichkeit, Identität und Kultur
verhandeln, sondern sich vor allem auch
mit ungewohnten Situationen und neuen
Rollenbildern arrangieren.
Aus d. Norweg. v. Sarah Onkels und Meike Blatzheim.
Arctis 2022.
Ey hör mal! war im Sommer 2022 die Kröte des Monats. >>> Hier geht es zur Rezension von Alexandra Hofer.
Anna Woltz: Nächte im Tunnel
Wie lebt man weiter, wenn man weiß, dass wir alle kaputtgehen? Diese Frage stellt sich die 14-jährige Ich-Erzählerin Ella nach einer überstandenen schweren Krankheit. Im London des Jahres 1940
bleibt wenig Raum für jugendliche Selbsterprobung:
Nacht für Nacht flüchtet die
Bevölkerung vor den Bombenangriffen in
die schützenden U-Bahn-Tunnel. Dort lernt
Ella Jay kennen, der sich ganz allein (und
an der Grenze der Legalität) durchschlägt,
aber auch die lebensfrohe Quinn, die vom
elterlichen Landsitz abgehauen ist. Ein besonderes
Grüppchen unter besonderen
Bedingungen – und ein besonderes Buch,
das von den Schrecken des Krieges gleichermaßen
stimmig erzählt wie von der
Liebe. Denn, trotz allem: Unser Leben
fängt gerade erst an.
Aus dem Niederländ. v. Andrea Kluitmann.
Carlsen 2022,
Nächte im Tunnel war im Dezember 2022 der von der STUBE ausgewählte Lektorix des Monats der Wochenzeitung DIE FURCHE. Kathrin Wexbergs Rezension kann >>> hier nachgelesen werden.
Zudem wurde es im STUBE-Adventkalender vorgstellt. Zum Buchvideo geht es >>> hier.
Lucia Zamolo: Jeden Tag Spaghetti
Wo kommst du EIGENTLICH her? Eine Frage an jene, die scheinbar „anders“ sind: durch ihre Hautfarbe, ihren Namen oder ihre Religion. Lucia Zamolo kennt diese Frage: sie trägt den italienischen Nachnamen ihres Vaters. Aus dieser Betroffenheit heraus setzt sie sich in diesem ungewöhnlichen Sachbuch mit Fragen rund um Stereotypen auseinander. Als Monolog gestaltet werden theoretische Konzepte wie Othering oder Mikroaggression nachvollziehbar erklärt. Stilmittel ist dabei Zamolos ausdrucksstarke handschriftliche Typographie, die mit Effekten wie Groß- und Kleinschreibung, Sprechblasen oder Durchstreichungen den Text gliedert. Ohne moralischen Zeigefinger wird deutlich, was das Problem an Zuschreibungen ist – witzige Vergleiche wie Leberwürste und Mückennetze inklusive.Bohem 2022.
Jeden Tag Spaghetti war ein Buchtipp im März 2022. Kathrin Wexbergs Rezension kann >>> hier nachgelesen werden.
© Kath. Kinder- und Jugendbuchpreis
Die Jury im Jahr 2022. Von links: Bettina Kraemer, Prof. Dr. Norbert Brieden, Dr. Heidi Lexe, Kerstin Fuchs, Dr. Agnes Blümer, Dr. Theresa Kohlmeyer, Weihbischof Robert Brahm, Dr. Claudia Pecher und Prof. Dr. Norbert Tomberg.