Thema: Skateboarden
Diese Themenliste ist in Kooperation mit dem Vienna Skateboard Club entstanden. Ein Verein zur Förderung von Skateboarding mit Fokus auf Jugend, Kultur und Diversität. Zu allen Informationen rund um Kurse und Angebote geht es >>> hier
Am Anfang ist das Skateboard
Julius Dittman und Ben Jensen: Little Skate Rats. Das Geheimnis
Skateboardbücher für die jüngsten Leser*innen gibt es bislang wenige auf dem deutschsprachigen Buchmarkt. Umso erfreulicher, dass eines aus dem Englischsprachigen übersetzt wurde, in dem eine Ratte namens Rocco im Zentrum steht. Dieser macht sich eines Morgens auf, um mit seiner Kamera seine Umgebung zu erkunden und festzuhalten. Als knapp vor seiner Kameralinse ein Skateboard vorbeiflitzt, wird er neugierig und konzentriert sich wieder auf die echte Außenwelt. Einige Skaterboarder*innen rasen dort munter durch die Gegend und geben ihre Tricks zum Besten. Kurzerhand drückt ihm eine der Skater*innen, Ratte Ruby, ihr Skateboard in die Hand und los geht der erste Versuch, der noch etwas wackelig ist. Als Rocco nach unzähligen Stürzen kurz davor ist, das Handtuch zu werfen, weiht ihn Ruby in ein Geheimnis ein … In Comichaften Stil, der auch immer wieder mit der Panelstruktur spielt, und in der Seitengestaltung stark variiert, wird hier auf unterhaltsame Weise eine Annäherung an das Skateboarden geboten. Nicht nur die erzählende Geschichte rund um Rocco und Ruby trägt dazu bei, sondern auch die mitgelieferte Begriffserklärung von einzelnen Tricks und den Bestandteilen eines Skateboards zum Kennenlernen.
Keep Pushing and Smile GmbH 2022.
o. S.
Karl Watson und Henry Jones: My first Skateboard
Auf Englisch erschienen hat dieses Bilderbuch die Intention, Kinder mit Vorlesen oder sogar ab dem ersten Selberlesen an die Welt des Skateboardens heranzuführen, was sich in der großen Schriftsetzung gepaart mit hohem Bildanteil zeigt. Der Profiskateboarder Karl Watson hat dafür selbst zur Feder gegriffen und erzählt die Geschichte von einem POC-Jungen im grünen T-Shirt und (selbstverständlich) mit Helm auf seiner Reise zum ersten Skateboard und zum Erlernen der ersten Tricks. Der ebenfalls selbst skateboardfahrende Illustrator wählt dafür eine reduzierte Farbpalette und viel weißen Raum, der eine gute Bühne bietet, um die Bewegungen und Rotationen des Skateboards in Szene zu setzen, wenn in den knappen Sätzen davon erzählt wird, wie die Reise weitergeht. Dabei vertritt das Buch eine ganz klare Message, die auch der Autor als sein Mantra versteht: Whether you are male or female, big or small, short or tall, skateboarding accept us all. Und damit wird auch die Gemeinschaft, die sich unter Skater*innen ergibt ganz großgeschrieben, wenn sich im Laufe des Buches einige Freund*innen die Stadt San Francisco, aus der Karl Watson stammt, skateboardfahrend erobern.
2008.
o. S.
Skate(boarde)n als Heilmittel
Sally Engelfried: Die Kunst zu fallen
Ferien beim entfremdeten Vater, während die Mutter in Prag Filmstar wird. Den Sommer hat sich die 12-jährge Daphne anders vorgestellt. Und doch findet sie sich in San Diego wieder, wo sie sich mit ihrem ehemals alkoholkranken Vater, der einst Skateprofi hätte werden können, konfrontiert sieht. Ein Vater, der mittlerweile trocken ist, die Vergangenheit wieder gutmachen und mit seiner Tochter genau dort anknüpfen möchte, wo sie vor langer Zeit aufgehört haben: Gemeinsam auf dem Skateboard und mit dem Erlernen von Tricks. Die zunächst vom Heimweh geplagte, eigentlich recht selbstsichere Daphne lernt aber dort auch Arlo kennen. Den Nachbarsjungen, mit dem sie ganz unabhängig von ihrem Vater den Spaß am Skateboarden wiederentdeckt. Und dadurch auch langsam wieder Vertrauen zu und in ihrem Vater findet, der sich ehrlich bemüht, ihr einen schönen Sommer inmitten der diversen Skater*innengemeinschaft samt Halfpipe im Nachbargarten zu bereiten. Das wieder Zueinanderfinden von Vater und Tochter und das nach einem Fall immer wieder aufstehen, wird an das Erlernen eines Ollies gekoppelt und zeigt – gespickt mit Skateboardtypischen Vokabular – wie Sport auch eine zwischenmenschliche Funktion übernehmen kann.
Aus d. Amerikan. v. Barbara König.
Woow Books 2023.
284 S.
Ruth Anne Byrne: Ungebremst
Nina sitzt nach einem Unfall im Rollstuhl. Ihre Mutter ist damit heillos überfordert und in der Schule wird sie schief angesehen. Dass bereits zwei Treppenstufen vor der Schule zum Verhängnis werden können, ist also nur ein kleines von vielen Problemen, mit denen sie sich erst zurechtfinden muss. Kommentare von Skater Fabian sind dabei auch wenig hilfreich. Doch auch wenn sich Nina und Fabian zu Beginn nicht ausstehen können, freunden sich die beiden an und finden einen gemeinsamen Lieblingsort: Den Skateplatz. Wo Fabian skatet, lernt Nina die Sportart WCBMX (Wheelchair-BMX) kennen und findet für ihre Frustration ob ihrer Behinderung ein Ventil sowie eine neue Rollenbeschreibung für sich selbst, mehr als „nur“ das Mädchen im Rollstuhl. Mit der neuen Sportart, die einige Stürze und Fehlschläge mit sich bringt, gewinnt sie neues Selbstbewusstsein, das das zu Beginn dominierende Selbstmitleid und die Zurückgenommenheit der Protagonistin in den Hintergrund drängt. Die österreichische Autorin rücks so eine wenig bekannte Sportart in den Fokus und baut um diese eine jugendliche Selbstermächtigung, bei der Rückschläge, das Wiederaufstehen, Loyalität und das erste Verliebtsein ebenso ihre berechtigte Rolle einnehmen.
Tulipan 2022.
179 S.
Skateboarden als jugendliches (Lebens-)Gefühl
Eva Rottmann: Kurz vor dem Rand
Das typische Geräusch, das erklingt, wenn Wheels über Asphalt und Pflastersteine rattern lässt das Herz der 17-jährigen Ari schneller schlagen, die mit ihrem Vater in der ärmlichen Feuerbergsiedlung wohnt. Selbstbewusst bewegt sie sich durch den Skatepark, schrammt an vielen Genderstereotypen vorbei und dekonstruiert diese. Zumindest bis sie auf den arroganten Tom trifft, der neu in der Stadt und im Skatepark ist und in den sie sich aus unerfindlichen Gründen verliebt. Retrospektiv erzählt Ari in 14 Tagen, wie es dazu kommen konnte und legt in zynischem Ton offen, dass ihr die Meinung der anderen unwichtig ist und rechnet mit Klischees ab. Als Tochter, Freundin, Verliebte und Skaterin sieht sie sich mit Fragen der Selbstidentität konfrontiert, die durch das hilflose Gefühl des Verliebt-seins noch intensiviert werden. Zwischen alldem finden familiäre Dynamiken und gesellschaftspolitische Themen, wie psychische Krankheiten, ihren Raum und charakterisieren Aris heterogenes Umfeld. Die romantische Liebesgeschichte wird dabei nicht auserzählt, vielmehr gelingt es Rottmann durch gemeinsame (Skate-)Mutproben und stille Momente zwischen den Zeilen abseits des Skateparklärms, die (Nicht-)Beziehung der beiden einzuweben, in der sich auch Ari ein Stück weit selbst besser kennenlernt.
Jacoby & Stuart 2023.
189 S.
Kathrin Steinberger: Manchmal dreht das Leben einfach um
Sich auf dem Skateboard im Luftstand um 180 Grad zu drehen, ist eine Kunst für sich. Für Kevin ist dieses Kunststück integrativer Bestandteil eines rasanten Lebens. Umso härter fühlt sich der Fall an, der den Profiskater, der international unterwegs und bekannt ist, nach einer Verletzung dort stranden lässt, wo die Ich-Erzählerin lebt. Alis (eigentlich Almuths) Leben war bisher hingegen nicht von großen Sprüngen geprägt, sondern vom Versuch, als hochbegabte 17-Jährige Informationen zu kanalisieren und als wandelndes (Wikipedia-)Lexikon durchs Leben zu gehen und die Matura anzusteuern. Und doch treffen die beiden aufeinander, lernen sich kennen, das Vertrauensverhältnis wächst und eine (erste) Liebe entwickelt sich. Wäre da nicht ein Geheimnis aus Kevins Vergangenheit, das das Kennenlernen überschattet. Und doch: Kathrin Steinberger gibt der Beziehung der beiden viel Raum, trifft den jugendlichen Alltag und fokussiert gleichermaßen auf die Vorlieben der beiden Figuren. Die Skateboardszene inklusive einschlägiger Termini trifft so auf jede Menge medialer Verweise von Green Day bis zu „Die Tribute von Panem“ und streift dazwischen popkulturelle Elemente, die die Atomsphäre einfangen. Doch wie das Skaten den Ollie kennt auch die Wahrheit den notwendigen Versuch, den sicheren Boden zu verlassen.
Jungbrunnen 2015.
278 S.
Nick Hornby: Slam
Sam ist ein begeisterter, fast fanatischer Skateboarder, der mit seiner alleinerziehenden Mutter am Londoner Stadtrand lebt. Und der die Autobiografie des real existierenden Skaters Tony Hawk als seine persönliche Leitlinie auserkoren hat, was sich auch in dem überlebensgroßen Poster an seiner Zimmertür zeigt. Sam ist der festen Überzeugung, dass Tony Hawk für jede Lebenssituation das richtige Zitat bereithält. Über Sams Skateboard-Leidenschaft geht nichts. Bis er auf Alicia trifft: Ein Mädchen, das eigentlich außerhalb seiner Liga spielt, in die er sich aber dennoch verliebt, mit der zusammenkommt und erste Male erlebt. Das Ergebnis: Alicia ist schwanger und Sam droht in der gleichen Situation zu landen, wie einst seine erst 32-jährige Mutter. Behutsam schildert der Erfolgsautor die Überforderung und Angst der 16-jährigen Figur mit immer wieder witzigen Passagen, dir nur knapp am Zynismus vorbeischrammen. Kurzerhand muss er sich von der Jugend verabschieden und sich dem Erwachsen-sein stellen, wenngleich er noch nicht dazu bereit ist. Ebenso wenig wie Alicia im Übrigen, für die deren Eltern doch eigentlich andere Pläne hatten …
Aus d. Engl. V. Clara Drechsler und Harald Hellmann.
Kiepenheuer & Witsch 2008.
300 S.
Blake Nelson: Paranoid Park
Der Paranoid Park. Jene illegale Anlage unter der Eastside-Brücke in Portland, wo sich nur jene treffen, die im Skateboarden wirklich gut sind. Oder die, die sich selbst überschätzen. Oder die, die nirgendwo anders hinkönnen. Zu ersten oder zweiten Gruppe scheint der jugendliche Protagonist Alex zu zählen, der hier in nicht näher adressierten Briefen davon erzählt, wie er geglaubt hatte, bereit zu sein, endlich im Paranoid Park zu skaten. Anstelle des Adrenalin-Kicks treffen sie dort auf einen Wachmann. Ein Wachmann, der sie erwischt und brutal auf sie einschlägt. Und dem er sein Skateboard über den Kopf zieht, was zum Fall und Tod führt. Aus seinem jugendlichen Leben herausgerissen, rennt er aus Angst weg, bleibt dabei aber gefangen in seinem Gedankenkarussell, das sich unaufhörlich um die Schuldfrage dreht. Durch die Briefform folgen die Leser*innen konsequent den jugendlichen Figuren, der einerseits die Rolle seiner selbst in der Geschichte in Frage stellt, andererseits aber auch dem nachgeht, wie er wieder in ein normales Leben zurück- und aus der sich selbst auferlegten Einsamkeit herausfinden kann. Ein Buch mit einer radikalen Innenansicht, das in der filmischen Adaption von Gus van Sant genial in Szene gesetzt wird.
Aus d. Amerikan. v. Heike Brandt.
Beltz&Gelberg 2008.
178 S.
Das Skateboard zur Figurenverortung
Jenny Jägerfeld: Best Bro ever
Der Sommer steht vor der Tür und für den Ich-Erzähler Måns bedeutet das, einen Sommer lang im schwedischen Malmö zu verbringen, wo er genau der sein kann, der ist und seine Zeit mit seiner Lieblingsbeschäftigung zu verbringen: Dem Skaten. Im dortigen Skatepark trifft er auf Mikkel, der eine Mutprobe für ihn bereithält. In ihm findet er einen besten Freund und einem sorglosen Sommer steht nichts mehr im Wege. Wäre da nicht die Tatsache, dass Måns einst Michelle war. Was die Leser*innen recht bald erfahren, findet Mikkel nur per Zufall heraus und die Freundschaft droht zu zerbrechen. Jenny Jägerfeld erzählt unaufgeregt von einem Jugendlichen und Transgender: Dabei problematisiert sie nicht nur erfreulich wenig, sondern bezieht unterschiedliche Genderthemen mit ein. Stereotype Farbzuschreibungen und deren Dekonstruktion greift sie dabei ebenso auf wie die Wichtigkeit der Verwendung von Pronomen. Durch den ehrlichen Ton gelingt es die Herausforderungen für Außenstehende rund um Transgender auf den Punkt zu bringen und verdeutlicht das anhand von Måns Eltern: Die Mutter übernimmt dabei den verständnisvollen Part, während der Vater zunächst Schwierigkeiten hat, mit der neuen Situation umzugehen. Bis am Ende aber ein für alle Mal geklärt wird: Måns ist Måns.
Aus d. Schwed. v. Susanne Dahnmann.
Urachhaus 2023.
155 S.
Lara Schützsack: Derselbe Mond
Nach dem Sommer ist alles anders: Magdalenas familiäres Umfeld zerbröckelt durch die Trennung ihrer Eltern, während sich bei ihren Freund*innen alles um das Verliebtsein, coole Klamotten und Sehen und Gesehen werden dreht. Gerade letzteres spielt sich in Magdalenas Freundeskreis im und um den Skatepark ab; was sie zunehmend langweilt, würde sie oder eine*r ihrer Freund*innen doch niemals selbst auf ein Skateboard steigen. Bis die Blaue auftaucht. Ein Mädchen, das sich den Konventionen nicht unterwirft und mit der Magdalena andere Erfahrungen sammeln kann. Denn sie stürzt sich die Halfpipe herunter, gibt nichts auf teure Klamotten oder Schminke und versucht dabei deutlich verunsicherter, als sie nach außen preisgibt, ihren Platz zu finden. Langsam freunden sich die Mädchen an, kehren dem Skatepark den Rücken und finden zwischen den Schultagen ihre eigene Zeit. Ein Text, der sich dem Dazwischen sein in der Pubertät verschrieben hat und dabei Freundschaft, Selbstbestimmtheit, Geheimnistuereien, aber auch Loyalität, Ausgrenzung und Neuanfänge thematisiert und zugleich von einer ganz besonderen Beziehung zwischen den beiden Mädchen erzählt.
Sauerländer 2023.
174 S.
Brenda Heijnis: Skaterherz
Mit einem Skateboard über das Geländer einer Autobahnbrücke zu sliden, kann schlecht ausgehen. Für Boyd sogar tödlich. Und damit wird der Titel des Textes Programm: Das Skaterherz ist nämlich jenes Organ, durch das Boyd das Leben des herzkranken Elias retten kann. Elias erhält ein Spenderherz und damit einen Geisterfreund, der ihm nicht mehr von der Seite weicht. Weichen kann. Denn durch das Herz muss Boyd an jener Stelle bleiben, an der auch Elias verweilt. Selbst wenn das Skaten selbst kaum mehr Bedeutung für den weiteren Text hat, wird doch immer wieder mit dem Sport und die daran gekoppelte Risikofreude Boyds gespielt, wenn im weiteren Verlauf eine etwas sonderbare und zweiperspektivisch erzählte Freundschaftsbeziehung entsteht. Heijnis lässt zwei Welten mit differenten Tonalitäten aufeinanderprallen und zeichnet zwei Jugendliche, die unterschiedlicher nicht sein könnten und sich helfen mit dem Leben anzufangen respektive damit Frieden zu schließen. Fragen nach Schuld, Verlust und der Angst vergessen zu werden, klingen dabei im Hintergrund mit, wenn Boyd am Ende die Erlösung findet, nachdem Elias die letzte Unklarheit für ihn aus der Welt räumt.
Aus d. Niederländ. v. Birgit Erdmann.
mixtvision 2023.
144 S.